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Der Hüter des Schwertes

Der Hüter des Schwertes

Titel: Der Hüter des Schwertes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Duncan Lay
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man hatte Rivalen und natürlich reichlich Feinde – aber man hatte keine Freunde.
    Der Barde begann mit einem Gedicht über König Riel, den norstalischen Monarchen, der das Drachenschwert in Empfang genommen hatte. Martil schaffte es gerade noch, nicht vor Verachtung auszuspucken. Als junger Rekrut hatte er davon geträumt, in den Diensten eines angesehenen Königs in dessen Heer für die Sicherheit des Landes zu sorgen. Dann hatte er zum ersten Mal in einer Schlacht gekämpft und einfach nur am Leben bleiben wollen. Und als er Hauptmann wurde und mit dem König im Kriegsrat saß, wurde ihm bewusst, dass Könige ganz normale Menschen waren. Er wurde Zeuge seiner belanglosen Eifersüchteleien, seiner Ängste und der Launen, in denen der Monarch schwelgte. Er roch den stinkenden Atem des Königs, sah seinen blöden Gesichtsausdruck, wenn er zu viel getrunken hatte. Es war schwer, einen König als jemanden zu betrachten, der von Aroaril berührt worden war, wenn dieser König sich nach einem Fressgelage übergab oder brüllend lachte, wenn er von irgendeinem Schleimer zu hören bekam, dass ihm der üble Gestank seiner Fürze nichts ausmache. Nein, er würde in Zukunft um Könige einen großen Bogen machen.
    Martil sah sich um und beschloss, lieber sofort zu gehen, auch wenn Karia vielleicht noch nicht im Bett war. Er sah zu der Sanduhr hinter dem Tresen hinüber, aber der Wirt, der wie gebannt dem Barden lauschte, hatte leider vergessen, sie zu drehen; der Sand ruhte unten in dem Glas – aber wie lange schon, war ungewiss. Vermutlich war schon genug Zeit vergangen, dass Karia inzwischen eingeschlafen war, überlegte Martil.
    Er warf sich den Sack mit Proviant über die Schulter und atmete erst einmal tief durch, als er wieder im Freien stand. Auf dem Weg zum Haus des Priesters sah er einige Dorfbewohner, die noch unterwegs oder draußen beschäftigt waren, doch die meisten befanden sich entweder im Gasthaus oder zu Hause bei ihren Familien, aßen ihr Abendbrot oder spielten mit ihren Kindern. Er wusste, wie es war. Einst hatte auch er so gelebt, bevor der Krieg in sein Land gekommen war. Er brauchte nicht in die Häuser zu schauen, um zu wissen, was die Leute dort taten. Das wollte er auch nicht. Es schmerzte zu sehr, glückliche Familien zu sehen.
    Pater Nott war allein und schenkte sich gerade ein Glas Malzbranntwein ein, als Martil eintrat. Er hatte das eigenartige Gefühl, dass der alte Mann nervös auf seine Rückkehr gewartet hatte.
    »Mein einziges Laster. Manche sagen, es sei der Schlüssel zu meinem langen Leben und meiner Gesundheit«, sagte der Priester zur Begrüßung.
    »Und was sagt Ihr?«
    »Sie sind Dummköpfe. Aroaril hält mich hier, kein Glas voll vergorenem und gebranntem Getreide. Leistest du mir Gesellschaft?«
    »Schläft sie schon?«
    Nott schmunzelte. »Glaubst du, ich säße hier in aller Ruhe, wenn sie das nicht täte? Nach ihrem Bad und zwei Portionen Kirschkuchen ist sie über den Worten, sie sei doch gar nicht müde, eingeschlafen.«
    Martil entspannte sich ein wenig und setzte sich dem alten Priester gegenüber.
    »Dann sehr gern. Das Gemisch aus durchschnittlichem Bier und schlechten Geschichten im Gasthaus hat meinen Magen in Unordnung gebracht«, sagte er.
    »Ah, ja, wir haben heute Nacht einen Barden im Dorf. Und ohne Zweifel hast du zu viel vom Krieg gesehen, als dass du jetzt gerne dumme Märchen darüber hören willst«, sagte Nott, während er ein Glas Malzbrand einschenkte und es Martil reichte.
    Martil beschloss, gleich zur Sache zu kommen.
    »Also, passt Ihr öfter auf kleine Kinder auf?«
    Nott lächelte traurig. »Karia war erst das zweite. Das erste war ihre Mutter.«
    Martil nippte an dem rauchigen Schnaps. »Ihre Mutter?«
    »Ja. Meine Frau war gerade gestorben, und unsere Ehe war nicht mit Kindern gesegnet worden. Ich weiß nicht, warum, aber Aroaril hatte meine Gebete in dieser Sache nicht erhört. Dann wurde ein elternloser Säugling in meine Obhut gegeben. Ich habe es als Teil eines größeren Plans angesehen. Offensichtlich hatte ich selbst keine Kinder gehabt, damit ich mich um dieses kümmern konnte. Es war ein Mädchen, ein schönes Kind und später eine schöne Frau. Zu schön für diese Gegend. Ich hatte mir so viel für sie erhofft.«
    Nott hielt inne, und Martil sah, wie er mit seinen Emotionen kämpfte.
    »Törichter Hochmut. Die respektablen Männer aus dem Umland hielten sich von ihr fern. Alle dachten, sie wäre zu gut, um einfach nur auf den Feldern zu

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