Der Hüter des Schwertes
Es war ein Sieg gewesen, aber nicht vergleichbar mit seinem Sieg am Berg Shadar in seiner ersten gewonnenen Schlacht als Hauptmann. Aber aller Anfang war schwer.
»Komm heraus und trockne dich ab, während ich mich bade«, schlug er vor. »Würdest du gern etwas essen?«
Er war ein lustiger Mann, fand sie. Nicht einmal Pater Nott hatte sich so etwas wie Frau Bürste ausgedacht. Sie ließ sich von ihm in zwei große, warme und flauschige Handtücher wickeln und in einen weichen Sessel setzen. Dann aß sie einen Apfel. Das war schön, aber als sie aufgegessen hatte, wurde ihr wieder langweilig. Sie beschloss nachzusehen, was Martil machte.
Martil war gerade in das Wasser eingetaucht, als Karia ins Badezimmer zurückkam.
»Bist du noch nicht fertig? Wann gibt es Abendessen? Meine Haare sind noch nass, und darum tropft mir Wasser auf den Rücken«, plapperte sie in einem fort.
»Gut, geh und warte draußen, ich bin gleich fertig«, schlug er vor. Sie machte keinerlei Anstalten, seiner Bitte Folge zu leisten, also versuchte er sein Glück erneut. »Warum siehst du nicht nach, ob in einer meiner Satteltaschen noch Honigmandeln sind?«
Sie stapfte hinaus, und er griff nach einem Handtuch. Aber alle großen Handtücher hatte Karia; er musste sich mit einem zufriedengeben, das er sich nicht einmal um die Hüfte binden konnte.
»Ich glaube, ich war besser dran, als sie mich noch angeschrien hat«, gestand er seinem Spiegelbild.
Kurz darauf ging Martil, der inzwischen angezogen, aber noch nicht ganz trocken war, mit Karia hinunter in den Speisesaal. Er war riesig und nahm den größten Teil des ersten Stocks ein, und selbst zu dieser frühen Stunde war er schon halb voll. Hungrige Familien und ein paar allein speisende Männer und sogar Frauen saßen an den Tischen und aßen. Sie bestellten Fleischpasteten und Gemüse, und Karia begann wieder, Fragen zu stellen. Dann ließ er noch einen Früchteteller bringen, bei dem er ihr etwas half. Er bemerkte, dass einige der Frauen im Saal sie beide interessiert musterten, besonders eine, die zwei Tische weiter saß. Karia war gewiss mit ein Grund für diese Blicke. Aber gleichzeitig engte sie natürlich seine Bewegungsfreiheit beträchtlich ein. Er konnte sie schließlich nicht einfach allein am Tisch sitzen lassen, um eine Frau anzusprechen. »Jetzt habe ich Langeweile. Was sollen wir machen?«, fragte Karia und störte seinen Gedankenfluss.
Martil war verblüfft. Sie waren in einem Gasthaus. Dort aß man, und anschließend trank man etwas. Und wenn ein Barde kam, um etwas vorzutragen, dann suchte man besser das Weite. Wenn kein Barde kam, dann suchte man entweder Streit oder sprach eine hübsche Frau an, wobei diese Reihenfolge nicht vorgeschrieben war. Das waren die einzigen Dinge, die er je in Gasthäusern getan hatte, soweit er sich erinnerte. Aber ihm war unerfindlich, wie er ein kleines Mädchen an irgendetwas davon beteiligen konnte.
»Willst du oben mit Puppi spielen?«, fragte er.
»Nein. Kannst du mir nicht etwas vorlesen?«
Martil beobachtete die Frau, die zwei Tische weiter saß. Sie hatte langes braunes Haar, braune Augen und trug ein langes grünes Kleid, das sich überall, wo es darauf ankam, eng an den Körper schmiegte, soweit er es beurteilen konnte.
»Meine Bücher würden dir nicht gefallen. Ich habe aber ein Paar Würfel in meinen Satteltaschen – damit könntest du spielen.«
»Zeigst du mir, wie das geht?«
Widerstrebend richtete er seinen Blick wieder auf Karia. »Natürlich«, seufzte er.
Er hatte gehofft, er könne Karia in eins der Betten bringen und zeitig genug wieder unten sein, um sich noch mit der Frau zu unterhalten. Als sie oben waren, kramte er die Knochenwürfel heraus, mit denen er und seine Freunde sich einst in der Kaserne die Zeit vertrieben hatten; damals, als das rallorische Heer noch eine Kaserne besessen hatte. Während der ersten Runden lief alles gut. Dann legte Martil etwas Kupfergeld auf den Tisch, um das sie spielten. Karia war überglücklich, selbst etwas Geld zu besitzen, sie baute kleine Türme daraus, sie rollte es auf dem Tisch hin und her, und sie umarmte es sogar. Die eine Sache, von der Paps immer und unaufhörlich gesprochen hatte, war Geld. Wie gut es war, es zu besitzen. Man konnte allerlei Dinge damit kaufen. Nun besaß sie Geld; sie konnte tun, was immer ihr in den Sinn kam. Sogar verschwinden und zu Pater Nott gehen.
Dann geschah das Unheil. Martil gewann die erste Partie, und sie musste ihm etwas von
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