Der Hüter des Schwertes
stand vor, und seine Nase war ein bisschen zu groß. Er schien nicht besonders glücklich zu sein, lächelte nicht und sprach auch mit niemandem. Aber trotz seines schlanken Wuchses verzehrte er eine gewaltige Menge Eintopf und drei Portionen von dem Kuchen.
»Wer ist das?«, fragte Martil Darry, als der Gastwirt ihre Teller abräumte.
Hemd und Hose des Mannes waren gewiss nicht billig gewesen, und ihr dunkles Purpur war ungewöhnlich genug, um überall aufzufallen. Martil hatte zuerst den Eindruck, der Mann könne ein unbedeutender Adliger sein – so wirkte er zumindest. Aber er reiste ohne Begleiter oder Garde, und das war nach Martils Erfahrung für Leute dieses Standes ungewöhnlich.
»Ein Zauberer«, flüsterte Darry. »Seit heute früh geht er hier ein und aus.«
Martil blickte sich um und sah tatsächlich einen langen Zauberstab, der am Tisch lehnte.
Neugierig geworden sah Martil sich den Mann an. Seine Hände waren zart, die Finger lang, aber trotz seines vergleichsweise jungen Alters war sein Gesicht von Sorge und Erschöpfung gezeichnet. Und es war ziemlich blass, als hätte er den Großteil seines Lebens innerhalb geschlossener Räume verbracht.
»Ein Zauberer!«, rief Karia. »Können wir ihn ansprechen und mit ihm über Magie reden? Du hast gesagt, wenn wir einen Zauberer sehen, fragen wir ihn.«
Martil überlegte, aber an Karias Gedächtnis war in der Tat nichts auszusetzen. Schließlich war eine Menge geschehen, seit sie das Mittagessen mit Berne gehabt hatten.
»Er hat noch nicht aufgegessen«, sagte er geduldig. Aber er wusste, dass er sie nicht würde aufhalten können. Der Zauberer würde einem Gespräch vielleicht zustimmen, wenn Martil anbot, ihm etwas zu trinken zu spendieren.
»Warum hat er so viel gegessen?«, fragte Karia.
»Wahrscheinlich, weil er vor Kurzem Magie benutzt hat – das kostet sehr viel Kraft«, vermutete Martil.
Sie nickte und hüpfte beinahe auf ihrem Stuhl auf und ab. »Er hat aufgegessen!«
Sie ergriff Martils Hand und zog ihn zum Tisch des Zauberers. Dort gewann ihre schüchterne Seite die Oberhand, und sie versteckte sich hinter Martils Bein.
»Verzeihung. Ich bin Martil, und das ist Karia. Sie würde liebend gern etwas mehr über Magie erfahren und hat, sobald sie sich nicht mehr hinter mir versteckt, bestimmt eine Menge Fragen an dich. Darf ich dir ein Bier spendieren und mich setzen?«
Der Zauberer blickte auf, und Martil behielt einen warmen, freundlichen Gesichtsausdruck bei. Der Zauberer sah sie flüchtig an.
»Nein. Geht weg«, sagte er kühl.
Martils Lächeln verschwand sofort, und er hatte große Mühe, nicht die Beherrschung zu verlieren.
»Ich habe dich höflich gefragt. Und ich dachte, als Zauberer hätte man die Pflicht, das Wissen über Magie zu verbreiten«, sagte er etwas lauter.
Der Zauberer wurde sichtlich zornig; seine Gesichtszüge verhärteten sich.
»Erzähl mir nichts von meiner Pflicht! Ich bin auf einer Mission oberster Wichtigkeit! Jetzt lass mich in Ruhe, du Bauer, oder ich verschaffe dir vielleicht eine zweite Nase – genau über deinem Hintern!«
Martil widerstand dem Drang, den Zauberer zu schlagen und ihm den Zauberstab dorthin zu stecken, wo, wie die Rallorer sagten, die Sonne nie scheint. Er hörte, wie die Vordertür des Gasthauses aufging und mehrere Gäste hereinkamen, aber er stand mit dem Rücken zur Tür, da seine Aufmerksamkeit dem Zauberer galt.
»Bevor du deinen Zauberstab zu fassen bekommst, hast du schon keine Hände mehr. Wie würdest du dann noch Magie wirken können, hm?«, knurrte Martil. Er merkte jedoch, dass seine Drohung nicht so ankam, wie er es wollte, denn der Zauberer sah ihn gar nicht an, sondern blickte zur Tür.
Er wollte sich umdrehen, wusste jedoch, dass dieser alte Trick schon vielen Männern zum Verhängnis geworden war.
»Aus dem Weg, Bauer! Wir werden uns für dich um diesen streunenden Zauberer kümmern! Mach den Soldaten von Norstalos Platz«, erklang hinter ihm eine seltsam vertraute Stimme.
»Was geht euch der Magier der Königin an?«, fragte der Zauberer und blickte immer noch an Martil vorbei.
»Es liegt ein Haftbefehl gegen dich vor, ausgestellt von Herzog Gello persönlich, dem neuen Herrscher des Landes«, verkündete die Stimme stolz.
»Ich erkenne die Autorität von Gello nicht an. Und woher willst du wissen, dass es ein Haftbefehl ist? Gellos Hunde können für gewöhnlich weder lesen noch schreiben«, schnaubte der Zauberer voller Verachtung.
»Du kommst wie ein
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