Der Huf des Teufels (German Edition)
fühlte sich wohl in der Gesellschaft von Simon und Sara.
»Darf ich fragen, was jemand wie Sie hier in Fischbach macht? Ich meine, Sie sind doch sicher in Hollywood oder so zu Hause, was tun Sie also hier?«
»Das ist eine gute Frage. Was mache ich eigentlich hier?« Shelly lachte verlegen. »Ich weiß es selbst nicht.«
Sie blickte lange auf ihr Essen. Sara und Simon waren etwas besorgt, sie könnten zu aufdringlich gewesen sein. Simon hätte seine Frage am liebsten wieder zurückgenommen.
»Ich denke, ich brauche eine kleine Auszeit. Wissen Sie, das Filmgeschäft ist hart. Nicht so, wie das Arbeiten in einer Fabrik oder als Bauer, aber mein Arbeitstag ist manchmal siebzehn Stunden lang. Ich sitze ständig im Auto und im Flieger, reise herum, hetze von Termin zu Termin, jeder will mit einem sprechen, und man muss immer guter Laune sein. Immer lächeln. Ein Privatleben hab ich eigentlich nicht mehr. Der einzige Rückzugsort in den USA war für mich die Ranch meines Vaters. Der ist aber vor einem halben Jahr gestorben, und die Paparazzi finden einen auch im verlassenen, staubigen Texas. Ich hab den Hof hier geerbt, und vor ein paar Tagen dachte ich …« Sie zuckte mit den Schultern und sah den beiden in die Augen. »Das ist Jammern auf hohem Niveau, was?«, sagte sie, und Simon und Sara mussten grinsen. »Was ist? Hab ich was Falsches gesagt?«
»Nein, nein, alles richtig. Sara hat vorhin nur denselben Ausdruck benutzt, als wir vom Turnier kamen.«
»Sie sprechen sehr gut Deutsch«, lobte Sara.
»Ja, wie kommt das? Das ist ungewöhnlich«, wollte Simon wissen.
»Nun, wir sind eine deutsche Einwandererfamilie. Mein Urgroßvater stammte aus Fischbach. Er siedelte über und gründete in Texas ein zweites Fischbach.«
»Im Ernst?«, fragte Sara.
»Ja, natürlich wird es bei uns ›Fischbäck‹ ausgesprochen, aber da bin ich groß geworden. Auf einer Ranch. Texas ist voll von Deutschen. Die meisten Texaner haben ihre Wurzeln in Deutschland. Und so bin ich zweisprachig aufgewachsen. Mein Vater hat immer mit mir deutsch geredet und mein Opa auch.« Shelly lächelte bei der Erinnerung daran.
»Und wie lange wollen Sie hierbleiben?«, fragte Sara.
»Sara!«, mahnte Simon.
Verlegen senkte sie den Kopf.
»Nein, nein, ist schon gut. Ich hab, ehrlich gesagt, keine Ahnung. Aber dafür so einige Pläne – oder nennen wir es Vorstellungen. Ich möchte den Hof herrichten, ein paar Pferde halten, vielleicht eine kleine Gitarrenwerkstatt eröffnen …«
»Mit Pferden sind Sie hier in bester Gesellschaft. Und Gitarren können Sie auch bauen?«
»Könnten wir uns vielleicht duzen? Ich weiß, hier in Deutschland ist das nicht üblich, aber immerhin essen wir zusammen zu Abend.«
»Gern, Sie haben vollkommen recht. Ich meine, du hast vollkommen recht. Oh Mann, das klingt so komisch. Immerhin kennen wir Sie nur aus dem Fernsehen, und jetzt sitzen Sie hier, und wir duzen uns …«
»Tust du ja gar nicht.« Sara grinste frech.
»Hi, ich heiße Shelly«, sagte Shelly und reichte Simon die Hand.
»Hallo, ich bin Simon.« Sie schüttelten sich die Hände, und Sara kicherte hinter vorgehaltener Hand.
»Und du?«, fragte Shelly sie plötzlich. Sara setzte sich kerzengerade hin.
»Ich heiße Sara Maria.«
»Ah, ein Doppelname.« Auch sie gaben sich die Hand.
»Ja, aber ich mag’s nicht, wenn man mich so nennt. Sara reicht völlig.«
»Ich heiße Shelly Ellen. Aber Shelly reicht völlig.«
Sara lächelte sie an.
»Sara, Simon, es war sehr nett bei euch, und der Grünkohl und diese besondere Wurst haben großartig geschmeckt. Aber ich glaube, ich kann nicht mehr. Ich muss ins Bett.«
»Haben Sie überhaupt eins?«, fragte Simon.
»Du.«
»He?«
»Du. Hast du überhaupt eins«, sagte Shelly und ergänzte an Sara gerichtet: »Dein Vater ist nicht der Schnellste, oder?«
»Ja, deshalb reite ja auch ich die Turniere.«
»Also, jetzt reicht’s aber!«, rief Simon. »Was ist denn nun, hast du ein Bett oder nicht?«
»Nein, hab ich nicht.«
»Du kriegst eine Luftmatratze von mir«, entschied Sara.
»Und ein paar Decken«, fügte Simon hinzu. Beide liefen los, um das Schlafzeug zu holen. Shelly stand allein im Wohnzimmer und rieb sich die Augen. Sie war hundemüde. Ich werde eine ganze Woche lang nur schlafen, dachte sie. Ihr Blick fiel auf eine Westerngitarre, die im Wohnzimmer auf einem Ständer stand. Sara kam zurück.
»Wem gehört denn die Gitarre?«
»Mir.«
»Eine Yamaha?«
»Stimmt. Du erkennst das
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