Der Huf des Teufels (German Edition)
Frage.«
»Ich bin früher Rodeo geritten. Ich komme klar mit wilden Pferden.«
»Rodeo, im Ernst?«
»Sicher. Simon, das Pferd kann nicht immer nur in der Box stehen. Das ist nicht richtig. Du tust Cleo nichts Gutes damit.«
»Sie läuft doch draußen auf der Weide rum.«
»Aber das Tier braucht Zuwendung. Sara würde sie ihr geben, wenn sie könnte. Dürfte. Lass es mich versuchen. Und im Gegenzug lernt Sara Gitarre. Das ist … wie nennt man das?«
»Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen«, sagte Simon gepresst.
Shelly hielt ihm die Hand hin. Mit einem unzufriedenen Brummen schlug er ein.
Vierter Streich
Aber Moritz aus der Tasche
Zieht die Flintenpulverflasche.
Eins
Am Freitagvormittag ritt Shelly mit Pancake ihr Grundstück ab. Es war Weideland, nicht bewirtschaftet und fast zwei Hektar groß. Die Zäune waren krumm und schief, wenn sie überhaupt noch standen, die Pfähle verwittert und morsch. Wildes Gras und Unkraut wuchs in dicken, unregelmäßigen Büscheln, die noch vom Winter schwer und flach gedrückt am Boden lagen.
Heute Nachmittag würden die Möbel kommen. Bis dahin hatte sie mit dem Gartenbauer zu tun, den sie für elf Uhr bestellt hatte.
Ludger Oppermann betrat den Hof durch das offen stehende Tor und klingelte an der Tür. Nichts. Da das Haus keine Gardinen oder Ähnliches besaß, spähte er durch das Küchenfenster, doch es war niemand zu sehen. Er klingelte ein zweites Mal und wartete eine Minute, bevor er fluchend zum Stall rüberging. Die Tür war verschlossen. Durch die staubigen Fenster konnte man nur eine Baustelle erkennen.
»Hallo?«, rief er und wartete auf eine Antwort. Aber es blieb still. Zwischen Stall und Haus ging ein kleiner matschiger Weg nach hinten auf die Weide zu. Oppermann tänzelte um die Pfützen herum. Er konnte Hufspuren erkennen. Mit zusammengekniffenen Augen blickte er in die Ferne und sah eine Person auf einem Pferd näherkommen. Es war Shelly, die im gestreckten Galopp auf ihn zugeprescht kam. Pferd und Reiter waren so schnell, dass es aussah, als würden sie nur noch eine einzige, gleichmäßig gleitende Bewegung nach vorn ausführen. Shellys Kopf bewegte sich nicht einen Zentimeter noch oben oder unten. Das Paar wurde immer größer und größer. Oppermann konnte die Hufe schlagen hören, und irgendwann spürte er sogar die Erschütterung unter seinen Füßen. Doch das Pferd wurde einfach nicht langsamer. Erschrocken legte er den Rückwärtsgang ein und stolperte ziellos über den Hof. Shelly preschte weiter.
Jetzt ergriff den Mann die nackte Angst. Er dachte, dass er gleich von den Hufen erschlagen würde, und trat die Flucht an. Drehte sich um und sprintete um sein Leben.
Er lief auf sein Auto zu und hörte schon das Schnauben der Nüstern hinter sich. Da stolperte er über eine kleine Wurzel und flog der Länge nach hin. Er landete direkt vor seinem Kühler. Panisch blickte er sich um. Das Pferd schoss auf ihn zu. Er schrie, Shelly riss abrupt die Zügel herum, und das Pferd hielt an. Dreck spritzte auf und bedeckte seine Kleidung, aber nicht sein Gesicht. Oppermann hatte einen Arm zum Schutz hochgerissen.
»Herr Oppermann?«, fragte Shelly außer Atem. »Tut mir leid, ich hab da draußen die Zeit vergessen.«
»Aaaha«, winselte er.
»Hab ich Sie erschreckt?« Sie stieg ab und reichte ihm eine Hand.
»Nein, nein, ich hab bloß was im Auto vergessen und wollte schnell … Scheiße, ja, ich hab die Hosen bis oben hin voll. Ich dachte, Sie würden mich über den Haufen reiten.«
Shelly zog ihn hoch.
»Tut mir schrecklich leid.«
»Reiten können Sie aber, das steht mal fest.« Er putzte sich die Hose sauber.
Shelly musste lachen.
»Oh nein, das ist nicht fair. Jetzt lachen Sie auch noch über mich!«
»Entschuldigung.« Erneut streckte sie die Hand aus. »Hallo, ich bin Shelly Kutscher.«
Er griff zu. »Wie die aus dem Fernsehen, was?«
Shelly nahm ihre Sonnenbrille ab. Oppermanns Augen quollen aus den Höhlen.
»Heilige Maria Muttergottes!«, rief er. »Sie sind die aus dem Fernsehen. Was zum Teufel machen Sie hier?«
»Ich will Pflanzen bestellen.«
»Da leck mich doch einer fett. Wenn ich das meiner Frau erzähle, kriegt die ’nen koronaren Kurzschluss.«
»Könnten Sie etwas leiser sein, Herr Oppermann, damit das nicht gleich jeder mitkriegt?«
»Wer denn, in dieser gottverlassenen Gegend? Scheiße, meine Pumpe geht. Ich brauch erst mal ’ne Zichte.« Er griff in seine Brusttasche und fingerte eine Schachtel Marlboro
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