Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)
betrachtet sie aus großen Augen. »Natürlich ist das auch ein Krieg ums Öl«, sagte er dann. »Ein Krieg um Ressourcen. Um die Pipeline zum kaspischen Öl. Niemand bestreitet das. Auch die Gutmenschen fahren nicht mit Kettcars am Reichstag vor.«
Tamar gibt den Blick zurück. »Ich weiß nur, dass ich noch immer nicht weiß, was dieser Meunier im Lautertal zu suchen gehabt hat. Und mir ist auch nicht klar, was diese Waffenlieferung nach Rotterdam mit Afghanistan zu tun haben soll.« »Jetzt geht das von vorne los.« Steinbronner senkt den Kopf und stützt ihn in beide Hände. »Sie haben ein Handy?«, fragt er schließlich. »Benutzen es häufig?«
»Ja, sicher doch…«
»Ihr Kommunikationsverhalten ist anders geworden, seit es diese Geräte gibt?«
»Das weiß ich nicht. Vielleicht.«
»Wissen Sie, wie diese Geräte gebaut werden? Was man dazu braucht?«
»Chips wird man dazu brauchen«, antwortet Tamar, »elektronische Bauteile eben…
»Elektronische Bauteile!« Steinbronner lacht kurz. »Ist nie falsch. Aber dafür brauchen Sie bestimmte Grundstoffe mit besonderen Eigenschaften. Mineralien. Erze. Was weiß ich. Eines davon ist Coltan. Das waschen Sie nicht so auf die Schnelle aus dem Donausand heraus … Können Sie mir folgen?«
»Ich denke doch«, antwortet Tamar behutsam.
»Sie haben von diesem Bürgerkrieg im Kongo gelesen?«, fährt Steinbronner fort. »Natürlich haben Sie das, Sie sind ja ganz scharf hinter dieser angeblichen Waffenlieferung her. Angeblich ist sie für den Kongo bestimmt, und wenn das so ist, wird sie nicht die einzige sein. Angeblich sind ja sogar Panzer aus der Bundesrepublik dorthin geliefert worden. Von mir aus. Aber dieser Bürgerkrieg – das ist keiner. Das ist ein Krieg ums Coltan, und in den lassen sich die Amerikaner so wenig hineinreden wie in den gegen die Taliban. Sie werden die Amerikaner nicht befragen. Punkt.«
Unvermittelt bricht er ab. Das gibt alles keinen Sinn, denkt Tamar. »Ich hatte Sie gestern so verstanden«, sagt sie vorsichtig, »dass der Herr Meunier im Auftrag der NSA wegen illegaler Waffengeschäfte recherchiert… Wenn er das tut, ist er doch auf eine Zusammenarbeit mit uns angewiesen.«
»Es ist der erste Grundsatz unserer Kollegen bei der NSA«, antwortet Steinbronner mit unbewegtem Gesicht, »auf eine Zusammenarbeit mit uns nicht angewiesen zu sein.«
»Aber die müssen doch wissen…«, setzt Tamar an und bricht ab. Dann dämmert es ihr. Natürlich muss sie den Amerikanern nicht mitteilen, was diese längst am besten wissen.
Steinbronner beobachtet sie. »Haben Sie’s jetzt verstanden?« »Ja doch«, antwortet sie. »Es ist die NSA, die diese Gewehre in den Kongo liefert. Die NSA, oder Strohleute von ihr.«
Steinbronner schüttelt den Kopf. »Das habe ich nicht gesagt. Mit keinem Wort. Und selbst wenn es so wäre, würden wir von den Amerikanern auf dem Dienstweg keine Auskunft bekommen. No comment. Sie laufen bei denen nicht gegen eine Gummiwand. Sie laufen gegen eine Wand aus glattem, poliertem, hoch subventioniertem US-Stahl.«
»Trotzdem können wir nicht so tun, als gäbe es diese Gewehre nicht.«
»Tun wir das?«, fragt Steinbronner zurück. »Wir haben diesen Landmaschinenhandel auf den Kopf gestellt. Jeden rostigen und ölfleckigen Winkel durchsucht. Und nichts gefunden. Die Kollegen vom Dezernat Wirtschaftsstraftaten haben die Konten des Herrn Neuböckh auseinandergenommen, bis auf den letzten Pfennigposten. Das Ergebnis ist negativ. Alles ist belegt. Alles schwäbisch bescheiden…«
In Tamars Blick ist etwas, das Steinbronner innehalten läßt. »Was schauen Sie so? Die Unschuldsvermutung gilt auch für karitative Einrichtungen. Jedenfalls haben wir im Augenblick keinerlei Handhabe. Gegen niemand.«
Stolzes Ergebnis, denkt Tamar. Dazu hätte Stuttgart dich nun wirklich nicht einfliegen müssen. »Und wie soll das jetzt weitergehen?«
»Wir machen unsere Hausaufgaben, Kollegin. Ihr Freund Adler wird uns weiterhelfen. Die Kollegen in Plauen wollen ihn heute überstellen, und wenn wir ihn in die Mangel nehmen, werden wir sehr bald Bescheid wissen. Denn für Adler geht es nur noch um den Mord an Hollerbach. Alles andere sind Peanuts für ihn, und falls er das nicht weiß, werden wir ihm das klarmachen. Dieser Vogel wird in jeder Tonleiter singen, die wir ihm vorgeben.«
»Einen Augenblick«, sagt Tamar. »Adler war nicht für den Lastzug nach Rotterdam eingeteilt. Der sollte einen Transport in den Kosovo
Weitere Kostenlose Bücher