Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)
aber bevor er etwas findet, was die vorrückende Infanterie darstellen könnte, öffnet sich die Tür.
»Jessas! Der schon wieder«, entfährt es dem Schnäutz, und er bückt sich nach seinem Hund.
»Lassen Sie ihn«, sagt Berndorf, »ich habe meinen nicht dabei. Außerdem hatte er schon sein Frühstück.« Misstrauisch nimmt Schnäutz trotzdem seinen Dackel wieder auf den Arm.
Berndorf bestellt bei Maria einen großen Milchkaffee und ein Salami-Sandwich.
»Ich wollte die Herren nicht gestört haben«, fährt er dann fort. »Größere strategische Operationen wie? Gewinnen wir gerade den Krieg in Afghanistan?«
»Und den im Kongo dazu«, sagt Frentzel. »Der Herr Kuhberg-Rommel erklären uns gerade, warum es eher keinen Sinn macht, den Herren Eingeborenen Panzer zu schicken, ob das jetzt die Italiener getan haben oder wir.«
Berndorf nickt. Das »Tagblatt« hatte über ein Dementi der Bundesregierung berichtet, wonach die im Kongo erbeuteten Panzer nicht aus NVA-Beständen stammten, sondern aus einer Tranche, die noch nach der Wende geliefert und dann an Italien verkauft worden sei.
»Ich weiß ja wirklich nicht«, sagt der Schnäutz, »warum sich die Leute so aufregen. Da muss man doch froh sein, wenn jemand den Russenkrempel abnimmt, einen Orden müsst’s dafür geben, und nicht so ein Geschreibsel…« Verächtlich deutet er auf das »Tagblatt«.
»Also rein mentalitätsmäßig…«, sagt der Kuhberg-Rommel. »Kusch!«, sagt Frentzel. »Suchen Sie sich einen anderen Sandkasten …« Er wendet sich an Berndorf. »Man munkelt, Sie seien aushäusig gewesen, in fremden Revieren unterwegs. Im Neuen Bau schätzt man das gar nicht.«
»Sie wissen, dass mir das inzwischen ziemlich gleichgültig sein darf.«
Marie bringt die Schale mit dem Milchkaffee und das Sandwich. Berndorf trinkt einen Schluck. »Wie gut sind Sie eigentlich noch unterrichtet?«, fragt er dann.
»Nun ja«, antwortet Frentzel. »Wer die Seite ›Christ und Hund‹ betreuen muss, hat nicht so ganz den direkten Zugang zum Pulsschlag des Weltgeschehens.«
»Ich frage«, sagt Berndorf, »weil ich heute Morgen in Ihrem Blatt etwas gesucht und nicht gefunden habe.«
»Es werden keine Stilblüten sein, die Sie nicht gefunden haben«, antwortet Frentzel. »Und wenn ich Sie so ansehe – also dann glaube ich fast, das, wonach Sie gesucht haben, wird erst in einer guten dreiviertel Stunde mitgeteilt, um 11 Uhr. Dann soll nämlich im Neuen Bau eine Pressekonferenz stattfinden, im Schulungssaal, eingeladen haben die Herren Englin und Steinbronner, also hochkarätig besetzt.«
Ja so, denkt Berndorf und betrachtet sein Sandwich. Entschlossen beißt er ein großes Stück ab. Wieder öffnet sich die Tür, herein wuselt, eine mächtige Aktentasche schleppend, der Rechtsanwalt Kugler, in seinem Gefolge ein schwarzhaariger junger Kerl mit einer Narbe an der Stirn.
Der Schwarzhaarige blickt sich misstrauisch um, dann sieht er Berndorf und hebt kurz die Hand.
Berndorf nickt zurück.
»Außerdem«, sagt der Kuhberg-Rommel in die Stille, »sind die russischen Panzer gut für den Winter und die Taiga, aber nicht für den Wüstenkrieg ausgelegt, die Luftfilter sind nämlich im Handumdrehen vom Sand verstopft.«
»Ist das da unten im Kongo überhaupt Wüste?«, fragt Schnäutz in die Runde.
»Für ihn ein richtiges Frühstück mit einem richtigen Kaffee«, bestellt Kugler, »und mir einen Espresso …«
»Ja«, sagt Steinbronner und reckt sein Kinn ins Licht der Scheinwerfer, »Sie haben hier in Ulm ja eine sehr stattliche Medienlandschaft, die braucht sich hinter der unserer Landeshauptstadt nicht zu verstecken…« Er blickt sich um, zwinkert der Reporterin der »Landesschau« zu, einer Blondine in knapp sitzenden schwarzen Lederhosen, tauscht einen respektvollen Blick mit der Dame von der »Stuttgarter Zeitung« und nickt aufmunternd Englin und Tamar zu, die links und rechts von ihm sitzen.
Was tu ich hier?, fragt sich Tamar und gibt sich auch gleich die Antwort, du bist die Quotenfrau, warum sonst haben sie dich hier heraufgebeten…
»Jedenfalls danke ich Ihnen sehr für Ihr Interesse«, fährt Steinbronner fort, »dies auch deshalb, weil wir Sie über ein sehr schwerwiegendes Verbrechen in Kenntnis setzen wollen, bei dessen Aufklärung wir in besonderem Maße auf die Mitwirkung der Öffentlichkeit angewiesen sind…«
Schräg vor sich, neben dem hohlwangigen Menschen von »dpa«, sieht Tamar den gewesenen Gerichtsreporter Frentzel sitzen,
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