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Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Titel: Der Hund des Propheten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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mein Job dabei?«, fragt Berndorf.
    »Sie kommen mit uns«, sagt Meunier. »Zürich ist eine nette Stadt, ach was! Man sollte so gescheit sein, sich hier zur Ruhe zu setzen, hat ein berühmter Sachse einmal gesagt…« Er steht auf und zieht sich einen beigen Kamelhaarmantel an. »Wir werden einen wunderbaren Gesprächsstoff haben, das Geld nämlich. Man kann über die hübschen Dinge reden, die man damit kaufen kann, wie heißen die Klunker, die man einer schönen Frau um den Hals hängt? Collier? Wenn denn noch ein hübscher Hals da ist, Berndorf, um den man es hängen kann. Wenn die Frau ihr Décolleté noch zeigen mag.«
     
     
    Vor einem weiß getünchten Haus mit einer Patisserie im Erdgeschoss ist ein Ford geparkt. Der Ford ist so beigebraun, wie Ford das nur an eine Autovermietung verkaufen kann. Radio DRS spielt alte Cajun-Platten. Hinter dem Steuer sitzt Paco und isst ein Schinken-Sandwich, neben ihm liest die Professorin Barbara Stein in der »Neuen Zürcher Zeitung« einen Korrespondenten-Bericht über die Warlords des kongolesischen Bürgerkriegs. Radio DRS will nach Berlin umschalten, wo der deutsche Bundeskanzler soeben eine Mehrheit für seine Vertrauensfrage und die Beteiligung am Afghanistan-Krieg bekommen hat. Barbara drückt auf die Aus-Taste.
    »Moment«, sagt Paco kauend und deutet mit dem Rest seines Schinken-Sandwichs nach vorne. Vor dem Hotel, das gut dreißig Meter unterhalb von ihnen liegt, wartet ein Taxi. Barbara sieht, wie Berndorf und sein Hund aus dem Hotel kommen, und nach ihnen diese Cosima. Aber sie sind nicht allein. Mit einigem Abstand zu Berndorfs Hund geht ein Mann in einem beigen Mantel. Am Taxi gibt es offenbar einen Disput mit dem Fahrer. Schließlich schiebt Berndorf einen Schein vorab durchs Seitenfenster, und alle steigen ein – der Mann mit dem beigen Mantel vorne, Cosima und Berndorf hinten. Auch der Hund darf sich irgendwie hineinquetschen.
    Warum der Mann mit dem Mantel? Ist das Meunier? Also ist der Ausflug nach Zürich nicht lange verborgen geblieben. Nicht vor denen, denkt Barbara, die am wenigsten davon hätten erfahren sollen.
    Das Taxi setzt sich in Bewegung, und auch Paco hat den Ford gestartet und schwenkt aus der Parklücke heraus. Barbara wirft einen Blick in den Spiegel auf der Rückseite ihrer Sonnenblende, hinter ihnen ist ein Motorradfahrer mit einem dieser schwarzen Helme, bei denen man kein Gesicht erkennen kann… Sie sieht wieder dem Taxi nach, dem Paco folgt. Eigentlich müssten die da vorne Tomaten auf den Augen haben, wenn sie nichts merken. Der Ford ist von einer solch beigebraunen Unauffälligkeit, dass jedermann misstrauisch werden muss, dem man damit nachfährt.
    Den Wagen zu wechseln, war Berndorfs Idee gewesen. Bitte Auto ohne Drachen mieten, hatte er gesimst. Im Übereifer hatte sie in einer Autovermietung in Kloten den unscheinbarsten Wagen genommen, der zur Verfügung stand, und den Opel mit dem Feuer speienden Drachen stehen lassen.
    Aber warum tut sie das alles? Entlaufene Stasi-Agenten durch Zürich verfolgen, auf der Jagd nach dem verbunkerten Schatz… Ist sie denn noch bei Trost? Es fehlt noch, dass sie sich eine Sonnenbrille aufsetzt wie Audrey Hepburn als verhuschte Witwe in Paris.
    Es ist Mittagszeit, dichter Verkehr staut sich links und rechts der Limmat, der Motorradfahrer überholt sie und muss an einer Ampel vor ihnen einscheren, was ein breitärschiger Kerl! Kurz schimmert drachengrau der Zürichsee, dann geht die Fahrt einen steilen Hang hoch, Barbara glaubt rechterhand das Zürcher Schauspielhaus zu erkennen. Weiter vorne hält das Taxi. Paco biegt nach rechts ab und hält.
    »Suchen Sie einen Parkplatz irgendwo in der Nähe«, sagt Barbara. Paco nickt. Auf der Konsole liegt griffbereit sein Handy. Sie steigt aus, klappt ihren kleinen grauen Taschenschirm auf und geht durch den Nieselregen vor bis zum Schauspielhaus. Vor einem Café auf der anderen Seite des Platzes sieht sie die Gruppe neben dem Taxi stehen, der Hund etwas abseits, mit hängendem Kopf, als sei er ziemlich angeödet. Barbara wendet sich ab und geht in das Foyer des Schauspielhauses. Eine Vorverkaufskasse ist besetzt, an den Wänden sind Spielpläne, Szenenfotos und Kritiken ausgehängt. Sie betrachtet die Aushänge, ohne richtig zu lesen, dann geht sie wieder zur Tür und sieht gerade noch, wie die Gruppe mit Berndorf und Felix in einer Seitenstraße verschwindet. Sie wartet eine halbe Minute oder ein paar Augenblicke länger, bevor sie das Foyer

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