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Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Titel: Der Hund des Propheten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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übrigens ganz gut durch den Winter gekommen.«
    Ringspiel antwortet nicht.
     
     
    Noch ist es nicht spät am Nachmittag, doch die Lampe auf dem Schreibtisch des Ersten Staatsanwalts Eduard Desarts ist bereits eingeschaltet. Scheinbar aufmerksam hat Desarts zugehört, was Tamar vorzutragen hatte. Doch statt selbst etwas zu sagen, weist er nun schon zum zweiten Mal auf die Bonbonniere, die am Rand des Schreibtischs steht, direkt in Griffweite der Besucherin und etwas außerhalb seiner eigenen.
    »Aber nehmen Sie doch«, sagt er, »so wie Sie aussehen, müssen Sie nun wirklich nicht auf Ihre Taille achten…«
    »Es ist nicht die Taille«, antwortet Tamar abwehrend, »es sind die Plomben. Ich hasse meinen Zahnarzt.«
    Desarts erklärt, dass seine Karamellbonbons ganz zu Unrecht im Ruf stünden, Plombenheber zu sein, man müsse sie nur ganz langsam im Mund zergehen lassen. »Es ist immer die Ungeduld, die Probleme schafft…«
    Wie lange soll ich diesen Schwätzer noch ertragen, denkt Tamar. Aber es hat gar keinen Sinn, Desarts drängen zu wollen. »… das scheint auch in Ihrem Fall so«, fährt Desarts fort. »Was Sie mir da an Hinweisen für eine Täterschaft dieses Herrn Adler genannt haben, liebe Frau Wegenast …, also Sie sind doch auch schon keine heurige Häsin mehr, wenn ich das so sagen darf, aber für einen internationalen Haftbefehl reicht das alles nicht aus, so sehr ich die Verbitterung im Neuen Bau über die bedauerlichen Unannehmlichkeiten verstehe, denen die Kollegen Krauss und Krauser ausgesetzt gewesen sind.«
    Der will einfach nicht, denkt Tamar. »Ich bitte Sie!«, sagt sie. »Ich bin doch nicht wegen dieser Geschichte bei Ihnen. Ich bin bei Ihnen, weil Paco Adler aggressiv und gewalttätig ist und weil er an jenem Abend, als Hollerbach getötet wurde, in Lauternbürg gewesen ist und ihn gesucht hat. Und zwar nicht, um Freundlichkeiten mit ihm auszutauschen, sondern um ihn zur Rede zu stellen.« Sie fasst Desarts entschlossen ins Auge. »Um ihn wegen eines Aktfotos seiner Freundin zur Rede zu stellen, eines Aktfotos, das Hollerbach aufgenommen hat und mit dem Adler bewusst provoziert worden ist.«
    Desarts hat zugehört, still lächelnd, den Blick gesenkt. Jetzt hebt er ihn wieder. »Und warum einen Internationalen Haftbefehl? Glauben Sie wirklich, das Schengen-Abkommen sei dazu da, die Strafverfolgung von Waschküchen-Pornographie zu gewährleisten?«
    »Wie uns die Kollegen vom Wirtschaftskontrolldienst gesagt haben, hat dieser Herr Neuböckh mindestens drei weitere Lastzüge laufen, die alle von Subunternehmern gefahren werden«, antwortet Tamar. »Das sind Leute, die Adler gut kennen. Es spricht einiges dafür, dass er versuchen wird, mit einem von ihnen ins Ausland zu entkommen.«
    »Klingen da Vorurteile durch?«, fragt Desarts. »Der Schritt in die berufliche Selbstständigkeit ist gesellschaftspolitisch nur zu begrüßen, und keinesfalls haben wir daran ein Misstrauen zu knüpfen, das im Übrigen weit entfernt wäre von allem Anfangsverdacht, weit entfernt!« Er lacht leise. Das Lachen bricht ab. »Warum haben Sie kein Vertrauen zu mir?«
    Überrascht blickt Tamar hoch.
    »Ich glaube, dass Sie in Wahrheit gar nicht diesen Paco Adler suchen«, fährt Desarts fort. Nun ist er es, der Tamars Blick festhält. »Sie wollen, dass die Lastwagen gefilzt werden, die für dieses Hilfswerk unterwegs sind, und das wollen Sie nicht deshalb, weil sich der Herr Adler darin versteckt haben könnte, sondern weil Sie wissen wollen, was diese Lastwagen wirklich geladen haben. Darf ich Ihnen nicht doch …?«
    Zum dritten Mal deutet die Hand auf die Bonbonniere.
    Matt schüttelt Tamar den Kopf.
    »Es ist nämlich so«, fährt Desarts fort, »dass Sie nicht an dieses Waschküchenmotiv glauben. Sie glauben, dass dieser Hollerbach umgebracht wurde, weil er etwas über diese Hilfsorganisation herausgebracht hat. Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass ›Pflugscharen‹ eine sehr zurückhaltend operierende, aber durchaus respektierte Hilfsorganisation ist, die Mitgliedsliste des Verwaltungsrates ist sozusagen ein Who’s who herausragender Persönlichkeiten. Aber da Sie ja lange genug mit Herrn Berndorf zusammengearbeitet haben, wird Ihnen das erst recht verdächtig sein. Stimmt es übrigens, dass er sich in Lauternbürg herumtreibt? In seinem Alter …« Er schüttelt den Kopf.
    Tamar holt Atem. »Es verhält sich gerade anders«, sagt sie dann. »Wenn wir im Mordfall Hollerbach nicht an eine

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