Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)
noch!«
Berndorf hält inne.
»Was ist mit den Steinen?«
Berndorf holt seine Brieftasche aus der Jacke und sucht eine Visitenkarte heraus. »Ich meine, dass wir dort suchen müssen, wo die Steine sind …« Er hält ihr die Visitenkarte hin, zögernd nimmt sie sie. »Übrigens ist unser Gespräch dumm gelaufen, und das ist wohl meine Schuld. Falls Sie doch noch einen Versuch machen wollen – Sie sollten mich in den nächsten Tagen in Ulm erreichen können.«
Der Regen hat aufgehört. Berndorf geht auf den Kottenforst zu, dessen Wipfel sich als dunkle Linie vor ihm abzeichnen. Am Waldrand ist ein Wanderparkplatz angelegt, der Kombi mit dem Ulmer Kennzeichen steht allein. Im Gehen kramt er die Fahrzeugschlüssel aus seinem Mantel, als er aufschließen will, sieht er, dass Felix auf dem Rücksitz steht, die Schnauze am Fenster.
Berndorf verharrt. Aus dem Wagen hört er ein scharrendes Geräusch. Er braucht einen Augenblick, bis er begreift, dass das Geräusch von Felix kommt, der mit der Pfote an Wagenfenster und Holm kratzt.
Was tust du da? Wir hatten doch einen langen Weg…
Ohne nachzudenken schließt er die Tür zum Fond auf und öffnet sie, noch im Öffnen will er innehalten, weil ihm durch den Kopf schießt, was jetzt möglicherweise durchaus auch geschehen könnte und was er nicht bedacht hat und was zu bedenken es womöglich gleich zu spät sein wird, für ein paar Ewigkeiten zu spät, aber da drängt sich schon Felix aus dem Wagen und springt an ihm vorbei auf den gekiesten Boden und begrüßt ihn nicht, sondern läuft mit gesträubtem Fell um den Wagen herum, an der Motorhaube schnüffelnd.
Berndorf schaltet die kleine Taschenleuchte ein. An der Fahrertür findet er nichts, auch nichts am Holm. Felix steht vor der Kühlerhaube. Selbst in der Dunkelheit ist der Streifen Fell zu sehen, der sich auf seinem Rücken aufgerichtet hat.
Berndorf folgt seinem Blick. Der Lichtfleck der Lampe wandert über Blech, tastet die Fuge ab, entlang der die Motorhaube in die Karosserie eingefügt ist. Und verharrt.
Der Wagen war am Freitag durch die Waschanlage gefahren worden. Seither hat er einige hundert Kilometer zurückgelegt. Man kann es sehen. Auf altem, stumpf gewordenem Lack haftet Schmutz besonders schnell.
Seither hat er nur aufgetankt. Er hat weder den Ölstand nachsehen noch das Wasser für die Scheibenwaschanlage auffüllen lassen.
Woher also kommen die Abdrücke am Rand der Motorhaube? Sie sind verschmiert, als hätte jemand mit einem Lappen darübergewischt.
Berndorf fährt sich über die Stirn. Wieso ist sie nass? Der Regen hat aufgehört. Wann? Während er im Puppenheim war. Aber davor hat es geregnet. Stundenlang.
Regen allein spült den Dreck nicht weg. Aber er verwischt Spuren. Er verwässert sie. Er überschwemmt sie mit dem anderen Schmutz.
Trotzdem sind die Abdrücke und Schmierspuren deutlich zu sehen.
Er geht ein paar Schritte zurück, und dann noch ein paar. »Felix, Fuß.« Er lässt die Tür zum Rücksitz offen. Er holt auch nicht die Leine aus dem Wagen. Er schaltet das Mobiltelefon ein, aber er hört nur ein ärgerliches Schnarren.
»Akku leer Bitte aufladen« liest er auf dem Display.
Berndorf blickt sich um und sieht im nächstgelegenen Haus Licht. Er geht darauf zu, Felix trottet neben ihm her.
Das Haus ist ein heller Klinkerbau. Berndorf klingelt, nach einer Weile meldet sich eine Frauenstimme …
»Entschuldigen Sie bitte die Störung«, sagt Berndorf, »aber könnte ich Ihr Telefon benutzen, um die Polizei anzurufen – oder könnten Sie das für mich tun?«
»Forstenrieder Park 57«, notiert Kuttler, den Telefonhörer am Ohr, »Konsulent, was soll auch das sein? In Ulm gibt es solche Berufe nicht, da sieht man es wieder, was wir für eine Kleinstadt sind … Also, Sie wissen es auch nicht, Kollegin, trotzdem besten Dank.«
Er legt auf und wendet sich Tamar zu. »Mich hat vorhin mein IM Krampfader angerufen, in Lauternbürg wacht jetzt der Nachbar, aber hallo! Also dein Geländewagen ist gesehen worden, und wenn die Nummer stimmt, ist er auf einen Gustav Meunier zugelassen, Beruf Konsulent, das macht doch mehr her, als wenn einer als Kuttler durch die Welt laufen muss.«
»Ruf halt im Polizeipräsidium München an, dass die jemanden vorbeischicken«, antwortet Tamar. Noch immer ist sie auf eine ihr selbst nicht recht erklärbare Weise missgestimmt. Die Fahrt zu der Jagdhütte hat ihr nicht gut getan. Der Anblick der Hütte mit den zerschossenen Scheiben
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