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Der Hund des Todes

Der Hund des Todes

Titel: Der Hund des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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bestimmt?«
    »Aber ja. Verstehst du denn nicht – sie ist sehr schön…«
    Er schwieg einen Augenblick und fügte dann hinzu: »Natürlich lasse ich mich operieren – klar… Aber – falls ich tatsächlich an der Reihe sein sollte…«
    »Unsinn!«
    »Natürlich ist es Unsinn! Und trotzdem bin ich froh, dass ich dir die Geschichte mit der Zigeunerin erzählt habe… Weißt du, an sich wollte ich dir noch etwas erzählen, aber im Moment fällt es mir einfach nicht ein…«
     
    Macfarlane wanderte die ansteigende Heidestraße entlang. Am Gartentor des Hauses, das fast auf der Kuppe des Hügels lag, bog er ab. Mit entschlossen zusammengebissenen Zähnen klingelte er.
    »Ist Mrs Haworth zu sprechen?«
    »Ja, Sir. Ich sage sofort Bescheid.« Das Dienstmädchen ließ ihn in einem niedrigen langen Raum allein, dessen Fenster auf die Wildnis der Heidelandschaft hinausgingen. Nachdenklich zog er die Stirn kraus. Würde er sich jetzt vielleicht maßlos lächerlich machen?
    Dann fuhr er zusammen. Über ihm sang eine leise Stimme:
     
    Die Zigeunerin
    wohnt auf der Heide…
     
    Die Stimme brach ab. Macfarlanes Herz schlug eine Spur schneller. Die Tür ging auf.
    Ihre verwirrende, beinahe skandinavische Blondheit wirkte auf ihn wie ein Schock. Trotz Dickies Schilderung hatte er sich vorgestellt, sie wäre schwarz wie eine Zigeunerin… Und plötzlich fielen ihm Dickies Worte und ihr merkwürdiger Klang wieder ein: »Verstehst du denn nicht – sie ist sehr schön…« Vollkommene, unantastbare Schönheit ist selten, und vollkommene, unantastbare Schönheit war genau das, was Mrs Haworth besaß.
    Er riss sich zusammen und ging ihr entgegen. »Ich fürchte, Sie werden nicht einmal meinen Namen kennen; Ihre Adresse bekam ich von den Lawes. Aber – ich bin ein Freund von Dickie Carpenter.«
    Prüfend sah sie ihn eine Weile an. Dann sagte sie: »Ich wollte spazieren gehen. Auf der Heide. Kommen Sie mit?«
    Sie stieß die Terrassentür auf und trat auf den Hang hinaus. Er folgte ihr. Ein schwerer, fast einfältig aussehender Mann saß rauchend in einem Korbsessel.
    »Mein Mann! Wir gehen ein bisschen spazieren, Maurice. Und anschließend isst Mr Macfarlane mit uns zu Mittag. Das tun Sie doch, nicht wahr?«
    »Vielen Dank.« Er folgte ihrem leichten Schritt den Hügel hinauf und überlegte dabei: Warum? Warum, um Himmels willen, hat sie solch einen Mann geheiratet?
    Alistair bahnte sich einen Weg zu einigen Felsen. »Hier setzen wir uns hin. Und Sie erzählen – wozu Sie hierher gekommen sind.«
    »Sie wissen es also schon?«
    »Ich weiß immer, wann schlimme Dinge bevorstehen. Es ist schrecklich, nicht wahr? Das mit Dickie?«
    »Er unterzog sich einer leichten Operation – die erfolgreich verlief. Sein Herz muss jedoch schwach gewesen sein. Er starb während der Narkose.«
    Was er auf ihrem Gesicht zu entdecken gehofft hatte, wusste er nicht genau – kaum jedoch jenen Ausdruck tiefster Erschöpfung… Er hörte, wie sie murmelte: »Wieder – so lange – so lange – warten…« Dann blickte sie auf. »Was wollten Sie sagen?«
    »Nur das eine: Irgendjemand warnte ihn vor der Operation. Eine Schwester. Er glaubte, Sie wären es gewesen. Stimmt das?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein – ich bin es nicht gewesen. Aber ich habe eine Kusine, die Krankenschwester ist. Im Zwielicht sieht sie mir ziemlich ähnlich. So wird es wahrscheinlich gewesen sein.« Sie schaute zu ihm hoch. »Aber das ist doch nicht so wichtig, nicht wahr?« Und dann wurden ihre Augen plötzlich ganz groß. Sie hielt den Atem an. »Oh!«, sagte sie. »Oh! Wie merkwürdig! Sie begreifen nicht…«
    Macfarlane war verblüfft. Immer noch starrte sie ihn an.
    »Ich dachte, Sie müssten… Sie sollten es eigentlich. Sie sehen aus, als könnten Sie es auch…« Alistair verstummte.
    »Was denn?«
    »Als hätten Sie die Gabe – oder den Fluch; nennen Sie es, wie Sie wollen. Ich glaube, Sie haben es auch. Schauen Sie ganz genau auf diese Vertiefung im Gestein. Denken Sie gar nichts; sehen Sie bloß hin… Ah!«, sagte sie plötzlich und erschauerte. »Und – haben Sie etwas gesehen?«
    »Es muss Einbildung gewesen sein. Für einen kurzen Augenblick sah es so aus, als wäre sie voll mit – Blut!«
    Sie nickte. »Ich wusste, dass Sie es können. Das hier ist die Stelle, an der die Sonnenanbeter ihr Opfer darbrachten. Ich wusste es, bevor man es mir erzählte. Und manchmal weiß ich sogar, was sie dabei empfanden – als wäre ich selbst dabei gewesen… Und die

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