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Der Hund des Todes

Der Hund des Todes

Titel: Der Hund des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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»Mein armes Lämmchen! So süß und so freundlich war sie immer, und so leid tat es ihr, wenn irgendwo Kummer herrschte. Sie konnte es nicht ertragen, dass jemand verletzt wurde.« Sie zögerte, fügte dann jedoch hinzu: »Möchten Sie nach oben gehen und sie noch einmal sehen, Sir? Nach allem, was sie sagte, nehme ich an, dass Sie sie schon seit Langem kennen. Seit sehr langer Zeit, sagte sie…«
    Macfarlane folgte der alten Frau die Treppe hinauf in das Zimmer, das über dem Wohnraum lag, wo er tags zuvor ihre singende Stimme gehört hatte. Im oberen Teil der Fenster war buntes Glas eingelassen. Es warf rotes Licht auf das Kopfende des Bettes… Eine Zigeunerin mit einem roten Tuch um den Kopf… Unsinn! Seine Nerven spielten ihm schon wieder einen Streich. Lange schaute er Alistair Haworth zum letzten Mal an.
     
    »Eine Dame möchte Sie sprechen, Sir.«
    »Was ist?« Geistesabwesend sah Macfarlane seine Wirtin an. »Oh, Verzeihung, Mrs Rowse, ich fange schon an, Gespenster zu sehen.«
    »Wirklich, Sir? Nach Einbruch der Dunkelheit kann man auf der Heide manchmal schon merkwürdige Dinge sehen; das weiß ich. Einmal ist es die Weiße Dame, dann wieder der Teufelsschmied, oder auch der Seemann und die Zigeunerin…«
    »Was sagten Sie eben? Der Seemann und die Zigeunerin?«
    »Das behaupten die Leute wenigstens, Sir. Als ich noch jung war, erzählten die Leute eine Geschichte darüber. Vor einer ganzen Weile hätten die beiden sich geliebt und zerstritten… Aber jetzt sind sie schon lange Zeit nicht mehr gesehen worden.«
    »Wirklich? Vielleicht, dass sie – möglicherweise – jetzt wieder…«
    »Um Gottes willen, Sir! Sagen Sie so etwas nicht! Und die junge Dame…«
    »Welche junge Dame?«
    »Die Sie sprechen möchte. Sie ist im Gastzimmer. Eine Miss Lawes – so hat sie gesagt.«
    »Oh!«
    Rachel! Er verspürte ein seltsames Gefühl des Zusammenziehens, ein Verschieben der Perspektiven. Heimlich hatte er in eine andere Welt hineingeschaut. Rachel hatte er darüber vergessen, denn Rachel gehörte allein zu diesem Leben… Wieder dieses merkwürdige Verschieben der Perspektiven, dieses Zurückgleiten in eine Welt mit nur drei Dimensionen.
    Er öffnete die Tür zum Gastzimmer. Rachel – mit ihren ehrlichen braunen Augen. Und plötzlich, als erwache er aus einem Traum, überwältigte ihn eine warme Welle freudiger Wirklichkeit. Er lebte – lebte! Und er überlegte: Es gibt immer nur ein einziges Leben, dessen man ganz sicher sein kann! Das ist dieses Leben!
    »Rachel!«, sagte er, legte seine Fingerspitzen unter ihr Kinn und küsste ihre Lippen.

Die Lampe
     
    E s war unzweifelhaft ein altes Haus. Der ganze Ort war alt, von jenem abweisenden, ehrwürdigen Alter, das man so oft in Städten mit Kathedralen trifft. Das Haus Nummer 19 machte den Eindruck, als sei es das älteste von allen. Es stand da in wahrhaft patriarchalischer Strenge – seine Türmchen waren vom grauesten Grau, von der hochmütigsten Hochmütigkeit, vom frostigsten Frost. Streng, achtunggebietend und von der besonderen Einsamkeit geprägt, die allen Häusern eigen ist, die lange Zeit unbewohnt sind, dominierte es über die anderen Wohnhäuser.
    In jeder anderen Stadt hätte man es als Spukhaus bezeichnet, aber Weyminster hegte tiefen Widerwillen gegen Geister und betrachtete sie nicht als verehrungswürdig, außer wenn es sich um frühere Angehörige der Grafschaftsfamilie handelte. So wurde dem Haus das Gerücht des Spuks verwehrt; nichtsdestoweniger stand es Jahr für Jahr »zu vermieten« und »zu verkaufen«.
     
    Mrs Lancaster betrachtete das Haus wohlwollend, als es ihr der geschwätzige Immobilienmakler zeigte. Er war ungewöhnlich heiterer Stimmung bei dem Gedanken, die Nummer 19 bald aus seinen Büchern streichen zu können. Als er den Schlüssel ins Haustürschloss steckte, redete er ununterbrochen auf sie ein und sparte weder mit lobenden Kommentaren noch mit Komplimenten.
    »Wie lange steht das Haus leer?« erkundigte sich Mrs Lancaster, indem sie seinen Wortschwall brüsk unterbrach.
    Mr Raddish von der Firma Raddish & Foplow wand sich verlegen.
    »Äh… äh… einige Zeit«, bemerkte er sanft.
    »Das habe ich mir gedacht«, sagte Mrs Lancaster trocken. Die spärlich beleuchtete Vorhalle war eiskalt, feucht und düster. Eine fantasievollere Frau hätte einen unheimlichen Schauer verspürt, aber diese Frau war ausschließlich praktisch veranlagt. Sie war hochgewachsen, ihr Haar war dunkelbraun und voll, mit einem leichten

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