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Der Hund des Todes

Der Hund des Todes

Titel: Der Hund des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Heide hat etwas, das mir das Gefühl gibt, als kehrte ich langsam zurück… Dass ich diese Gabe besitze, ist nur natürlich. Schließlich bin ich eine Ferguesson. Das zweite Gesicht liegt in der Familie. Und bevor mein Vater sie heiratete, war meine Mutter ein Medium. Christine hieß sie. Sie war sehr berühmt.«
    »Meinen Sie mit ›Gabe‹ die Fähigkeit, Dinge zu sehen, bevor sie geschehen?«
    »Ja – vorher und hinterher, das ist dasselbe. Zum Beispiel sah ich, wie Sie überlegten, warum ich Maurice geheiratet hätte – o ja, das haben Sie! Die Erklärung ist ganz einfach: Ich habe immer gewusst, dass irgendetwas Entsetzliches drohend über ihm hängt… Davor möchte ich ihn bewahren… Frauen sind nun einmal so. Mit meiner Gabe sollte ich eigentlich in der Lage sein, es zu verhindern – wenn es überhaupt zu verhindern ist. Dickie konnte ich nicht helfen. Und Dickie wollte es auch nicht begreifen… Er hatte Angst. Er war noch sehr jung.«
    »Zweiundzwanzig.«
    »Und ich bin dreißig. Aber das meinte ich nicht. Es gibt so viele Arten, voneinander getrennt zu werden: Durch Länge und Höhe und Breite… aber durch die Zeit getrennt zu sein, ist das Schlimmste…« Sie versank in ein langes grübelndes Schweigen.
    Der gedämpfte Klang eines Gongs, der vom Haus herauf drang, störte sie auf.
    Beim Mittagessen beobachtete Macfarlane ihren Mann, Maurice Haworth. Zweifellos war Mr Haworth in seine Frau sehr verliebt. In seinen Augen lag die fraglose, glückliche Zuneigung eines Hundes. Macfarlane bemerkte auch die Zärtlichkeit, mit der sie darauf reagierte und die einen Anflug von Mütterlichkeit hatte. Nach dem Essen verabschiedete er sich.
    »Ich bleibe für einen Tag – oder auch zwei – unten im Gasthaus. Darf ich noch einmal heraufkommen und Sie Wiedersehen? Morgen vielleicht?«
    »Selbstverständlich. Aber…«
    »Ja?«
    Sie fuhr mit der Hand über die Augen. »Ich weiß nicht. Ich – ich glaube fast, wir sollten uns nicht noch einmal sehen. Das ist alles. Auf Wiedersehen.«
    Langsam ging Macfarlane die Straße hinunter. Gegen seinen Willen schien eine eisige Hand sein Herz umklammert zu haben. Nicht wegen ihrer Worte, natürlich, sondern…
    Ein Wagen fegte durch die Kurve. Er presste sich an die Hecke – gerade noch rechtzeitig. Eine merkwürdige graue Blässe überzog sein Gesicht…
     
    »Um Himmels willen – meine Nerven sind zum Teufel«, knurrte Macfarlane, als er am folgenden Morgen aufwachte. Nüchtern rief er sich die Ereignisse des vergangenen Nachmittags ins Gedächtnis. Der Wagen, der Abkürzungsweg zum Gasthaus und der plötzliche Nebel, der ihn vom Weg abgebracht hatte, und dazu das Bewusstsein, dass ganz in der Nähe gefährliches Sumpfgebiet lag; dann die Schornsteinhaube, die vom Gasthof heruntergefallen war, und der Brandgeruch nachts, der von einem glimmenden Holzstück stammte, das auf dem Vorleger seines Kamins gelegen hatte. Es hatte nichts zu bedeuten! Gar nichts hatte es zu bedeuten – aber dazu ihre Worte und die tiefe, von ihm gar nicht bemerkte Gewissheit in seinem Herzen, dass sie Bescheid wusste…
    In einem plötzlichen Anfall schleuderte er die Bettdecke weg. Er musste aufstehen, und als Erstes musste er sie sprechen. Das würde den Bann brechen. Vorausgesetzt allerdings, er würde heil hinkommen… Himmel, was war er doch für ein Idiot!
    Zum Frühstück konnte er kaum etwas essen. Als es zehn Uhr schlug, befand er sich bereits auf dem Weg. Um zehn Uhr dreißig drückte seine Hand auf die Klingel. Erst dann, nicht einen Augenblick früher, erlaubte er sich einen tiefen Atemzug der Erleichterung. »Ist Mrs Haworth da?«
    Es war dieselbe ältere Frau, die ihm gestern aufgemacht hatte. Ihr Gesicht war jedoch völlig verändert – von Gram zerfurcht.
    »O Sir! O Sir – haben Sie es denn noch nicht gehört?«
    »Was gehört?«
    »Miss Alistair, das arme Schäfchen! Ihre Tropfen! Jeden Abend nahm sie sie. Der arme Captain ist außer sich – fast wahnsinnig ist er. In der Dunkelheit hat er die falsche Flasche vom Bord genommen… Der Doktor wurde zwar gleich geholt, aber es war zu spät…«
    Und dann fielen Macfarlane plötzlich wieder ihre Worte ein: »Ich habe immer gewusst, dass irgendetwas Entsetzliches dr o hend über ihm hängt… Davor möchte ich ihn bewahren – wenn es überhaupt zu verhindern ist…« Aber das Schicksal lässt sich nicht betrügen… seltsames Verhängnis der Vision, das zerstört hatte, wo es zu retten versuchte…
    Die alte Frau fuhr fort:

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