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Der Hund des Todes

Der Hund des Todes

Titel: Der Hund des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sagte ich.
    Ich gestehe, dass der Fall mich irritierte. Er besaß einige ungewöhnliche Züge. Obgleich ich den jungen Carmichael bisher noch nie gesehen hatte, erinnerten mich seine merkwürdige Art des Gehens und die Art, wie er blinzelte, an irgendetwas, das ich nirgends richtig einordnen konnte.
    Das Abendessen an jenem Abend war eine schweigsame Angelegenheit, und die Hauptlast der Unterhaltung lag auf Lady Carmichael und mir. Als die Damen sich zurückzogen, fragte mich Settle, was für einen Eindruck unsere Gastgeberin auf mich mache.
    »Ich muss gestehen«, sagte ich, »dass ich ohne Grund und Veranlassung eine starke Abneigung gegen sie empfinde. Du hattest völlig Recht damit, dass sie östliches Blut hat, und ich möchte fast sagen, dass sie deutliche okkulte Kräfte besitzt. Sie ist eine Frau von fast magnetischer Anziehungskraft.«
    Settle schien etwas sagen zu wollen, beherrschte sich dann jedoch und bemerkte lediglich nach kurzer Pause: »Ihrem kleinen Sohn ist sie restlos ergeben.«
    Nach dem Abendessen saßen wir wieder im grünen Wohnzimmer. Wir hatten gerade den Kaffee getrunken und unterhielten uns ziemlich förmlich über die Themen des Tages, als die Katze anfing, vor der Tür jämmerlich zu miauen. Niemand nahm davon Notiz, und da ich Tiere sehr gern habe, erhob ich mich kurz darauf.
    »Darf ich das arme Tier hereinlassen?«, fragte ich Lady Carmichael.
    Ihr Gesicht wirkte sehr blass, wie mir schien, aber mit dem Kopf machte sie eine leichte Bewegung, die ich als Zustimmung deutete, sodass ich zur Tür ging und öffnete. Draußen im Korridor war jedoch nichts zu sehen.
    »Seltsam«, sagte ich. »Ich hätte schwören können, eine Katze gehört zu haben.«
    Als ich zu meinem Sessel zurückging, fiel mir auf, dass alle mich gespannt beobachteten. Irgendwie fühlte ich mich dadurch etwas unbehaglich.
    Wir gingen zeitig zu Bett. Settle begleitete mich in mein Zimmer. »Hast du alles, was du brauchst?«, fragte er und sah sich um.
    »Ja – danke.«
    Immer noch stand er missmutig in meinem Zimmer herum, als wollte er etwas sagen, könnte sich jedoch nicht dazu entschließen.
    »Übrigens«, bemerkte ich, »hast du gesagt, dass an diesem Haus etwas Unheimliches wäre. Bis jetzt macht es jedoch einen äußerst normalen Eindruck.«
    »Bezeichnest du es etwa als ein fröhliches Haus?«
    »Unter den gegebenen Umständen wohl kaum. Offensichtlich ist es von einem großen Kummer überschattet. Aber hinsichtlich irgendwelcher anomalen Einflüsse würde ich ihm jederzeit ein Unbedenklichkeitsattest ausstellen.«
    »Gute Nacht«, sagte Settle unvermittelt. »Und angenehme Träume.«
    Träumen tat ich allerdings. Miss Pattersons graue Katze schien selbst auf meine Seele einen tiefen Eindruck gemacht zu haben. Zumindest hatte ich das Gefühl, die ganze Nacht nur von diesem elenden Tier geträumt zu haben.
    Mit einem Ruck aus dem Schlaf hochfahrend, wurde mir plötzlich klar, was diese Katze zwangsweise in meine Gedanken einschaltete: Das Geschöpf saß vor meiner Tür und miaute beharrlich. Unmöglich zu schlafen, solange dieser Lärm andauerte. Ich zündete also meine Kerze an und ging zur Tür. Aber im Korridor vor meinem Zimmer war niemand, obgleich das Miauen weiterging. Ein neuer Gedanke kam mir. Das unglückliche Tier war vielleicht irgendwo eingeschlossen und konnte nicht wieder heraus. Links von meiner Tür war der Korridor zu Ende, und dort lag Lady Carmichaels Zimmer. Ich wandte mich daher nach rechts und hatte gerade erst ein paar Schritte gemacht, als der Lärm plötzlich hinter mir losging. Ich fuhr herum, und dann hörte ich es wieder – diesmal ganz deutlich rechts von mir.
    Irgendetwas – wahrscheinlich die kalte Zugluft auf dem Korridor – ließ mich erschauern, und ich kehrte direkt in mein Zimmer zurück. Alles war jetzt still, und bald darauf war ich wieder eingeschlafen – um am Morgen eines strahlenden Sommertages aufzuwachen.
    Während ich mich ankleidete, sah ich von meinem Fenster aus den Störenfried meiner Nachtruhe. Die graue Katze schlich langsam und heimlich über den Rasen. Ihr Angriffsziel war meiner Ansicht nach ein kleiner Vogelschwarm, der ganz in der Nähe damit beschäftigt war, laut zu schilpen und sich zu putzen.
    Und dann passierte etwas sehr Merkwürdiges. Die Katze kam heran und ging mitten zwischen den Vögeln hindurch, wobei ihr Fell die Vögel beinahe berührte – und sie flogen nicht auf. Ich konnte es nicht begreifen; die Geschichte schien mir unfasslich.
    Sie

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