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Der Hund im Kuehlschrank

Der Hund im Kuehlschrank

Titel: Der Hund im Kuehlschrank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordula Carla Gerndt
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trinken. Nun kleidet der Erzähler seine Erinnerung in Worte. Er beschreibt die Elefanten, die als Erste das Wasserloch aufsuchen, die Zebras und Giraffen, die Büffel und Wildkatzen. Und schließlich den kleinen Buschhasen, der ganz allein als Allerkleinster und als Allerletzter aus der Quelle trinken darf, wenn die Großen den Platz geräumt haben. Durch die anschauliche Beschreibung werden die Erinnerungen transportfähig und können hinüberwandern zu einem Zuhörer. Vom Zuhörer werden die Worte dann wieder in innere Bilder und Gefühle zurückübersetzt. Er fühlt sich beim Hören der Geschichte vielleicht an eine eigene Safari erinnert, oder es wird die Sehnsucht in ihm geweckt, selbst einmal wilde Tiere in freier Natur zu beobachten. Oder vor seinem inneren Auge taucht ein Erlebnis im Zoo auf, den er vor Kurzem mit seinen Kindern besucht hat. Oder er muss über den kleinen Hasen lachen, der ihn an das Kaninchen seiner besten Freundin erinnert. Oder, oder, oder . . .
     
    Wort und Bild repräsentieren zwei Pole unseres Lebens. Unser Bild-Erleben spielt sich auf ganz andere Weise ab als unsere Reaktion auf Worte und Begriffe. Bilder sprechen sehr viel direkter
unsere Intuition und unser Gefühl an und umgehen mit dieser Wirkungsweise oft das rationale Verstehen, den intellektuellen Filter. Ein großer Teil unserer Erinnerungen wird in Form von Bildern gespeichert, vor allem solchen, die mit starken Gefühlen verbunden sind. Bilder können in uns Reaktionen auslösen, die sich nicht so leicht in Worte fassen lassen. Wie Kunstwerke, die ein Besucher in einer Ausstellung auf sich wirken lässt, oder auch wie Traumbilder, an die man sich am Morgen erinnert, die man aber nur schwer in Worten ausdrücken kann, sprechen sie zu uns auf einer unbewussten, emotionalen Ebene. Unsere Assoziationen zu bestimmten Bildern haben deshalb meist etwas mit unseren Gefühlen zu tun. Ehe wir über Worte verfügen, verfügen wir über Bilder. Ein fünfjähriger Junge sagte einmal: »Ja, ich weiß, was ›Geografie‹ ist. Die Eisbären oben und die Pinguine unten.«

    Ohne Worte wäre der Austausch über innere Bilder nicht möglich. Für eine lebendige Alltagskommunikation bedeutet das: Es ist entscheidend, dass allem Wesentlichen, worüber man spricht, ein inneres Bild bzw. ein Gefühl zugeordnet ist. Denn wenn eine
Geschichte nicht mit innerem Erleben gefüllt ist, kann beim Zuhörer auch nichts rückübersetzt werden. Dann bleibt das Gesagte leer, und es ist kein Verbindungsfaden zwischen Erzähler und Geschichte spürbar.
     
    Achten Sie einmal gezielt darauf, wenn Ihnen jemand im Alltag etwas erzählt: Entsteht in Ihrem Kopf ein sinnlich-fühlbares Bild dessen, was Sie da hören? Sehen Sie den Berggipfel, der bestiegen worden ist? Hören Sie das Meer mit den Schaumkronen, das wild an die Felsen schlägt, oder die jähzornige Chefin, die mit der Faust auf ihren Schreibtisch schlägt? Können Sie sich vorstellen, wie die Fahrt Ihrer Nachbarn mit der transsibirischen Eisenbahn verlaufen ist? Und riechen Sie die rosa Heckenrosen, die an der Gartenmauer Ihrer Kollegin blühen? Oder bleibt das Gehörte sachlich, farblos und ohne spürbare innere Resonanz? Nur wenn ein Sprecher sein Gegenüber zu begeistern weiß und es mitnimmt in seinen Bilder- und Gefühlsfilm, gelingt der lebendige Brückenbau aus Worten.
    Die Stiefel des Katers
    »Wie viele Geschichten haben Sie eigentlich in Ihrem Repertoire? Wie können Sie sich nur all das merken?«, fragen mich die Leute oft nach einem Erzählabend. Die Antwort darauf ist einfach: Ich kenne recht viele Geschichten, aber um sie mir zu merken, muss ich mir jede einzelne Schritt für Schritt »einverleiben«. Dazu male ich mir ein inneres – und zur Unterstützung oft auch ein äußeres – Storyboard und bringe eine Geschichte damit in eine bildhafte Ordnung. Diese Bilderfolge der wesentlichen Abläufe des Geschehens strukturiert meinen Text bzw. die Handlung, die ich erzählen will. Ich merke mir so gut wie keine Worte, ich merke mir Bilder. Diese betrachte ich dann in Ruhe, während ich erzähle.
     
    Ich will es lhnen am Beispiel des Märchens vom Gestiefelten Kater aus der Sammlung der Brüder Grimm verdeutlichen. Zu Beginn der Geschichte wird ein alter Müller krank und spürt, dass sein Ende naht. Vor seinem Tod möchte er das Erbe an seine drei Söhne verteilen. Als Hörer oder Leser der Geschichte möchte man natürlich wissen, was die drei Söhne von ihrem Vater bekommen. Wenn nun der

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