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Der Hundeknochen

Der Hundeknochen

Titel: Der Hundeknochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklaus Schmid
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war klapperdürr, mit farblosen Augen, grauweißen Haaren und einer Haut wie Haferschleim. Auch seine Wimpern waren grauweiß wie die eines gepuderten Weißclowns. Die Pistole in seiner Hand dagegen war mattschwarz und zielte genau auf meinen Magen. Für seine Erfahrung sprach, daß er mit der Waffe auf Distanz blieb, während mich Prats flinker abtastete als ein Sicherheitsbeamter im Flughafen.
    Mein Messer entlockte ihm einen anerkennenden Pfiff. »Vortreffliches Werkzeug, wenn einer damit umzugehen weiß. Setzen Sie sich doch!« Er wies auf den Besuchersessel.
    Die Polster waren aufgeschlitzt, wie auch die übrige Wohnung gründlich durchsucht worden war.
    Seine Knopfaugen drückten Bedauern aus. »Die Leute verstecken Dinge, die sie für wertvoll halten, und was passiert? Sie fügen sich durch diese Vorsicht nur noch mehr Schaden zu, leider, leider.«
    »Worum geht es denn?« erkundigte ich mich.
    »Lieben Sie Hunde?« fragte der Dicke im Plauderton. »Das ist schön.« Er schien die Angewohnheit zu haben, sich selbst die Antworten zu geben. »Dann werden Sie für unser Anliegen Verständnis haben. Es gibt da einen Hundehalter, dem ist das Halsband seines vierbeinigen Freundes abhanden gekommen.«
    »Tragisch.«
    »Ja, zumal der Hund tot ist. Wir haben dem Hundefreund versprochen, daß er dieses Halsband, das für ihn ein wertvolles Andenken ist, wiedererhält. Sie sehen den Kernpunkt, ja?«
    »Versprechen soll man halten«, pflichtete ich ihm bei.
    Er hob seine fleischige Hand und machte eine übertriebene Geste der Erleichterung. »Ich wußte, daß Sie zur Zusammenarbeit bereit sein würden.«
    Ich stand auf, machte zwei Schritte auf mein Schlafzimmer zu. Das jedoch gefiel dem Dicken nicht. »Es genügt, wenn Sie uns sagen, wo es ist.«
    Als ich noch einen Schritt machte, klang seine Stimme kein bißchen verbindlich mehr. »Setzen!« befahl er.
    »Soll ich ihn kitschen?« greinte es hinter mir. Es war das erste Mal, daß sich der Bleiche zu Wort meldete. Ich war mir noch nicht im klaren darüber, wer von den beiden der gefährlichere war. Aber fest stand, daß ich es mit einem gut eingespielten Duo zu tun hatte.
    Ich schaute gelangweilt zur Zimmerdecke, dann zum Fußboden, sagte: »Mal sehen, ob es hier ist«, und hob eine Ecke des abgetretenen Teppichs an. Aus dieser Perspektive schielte ich unter die Schreibtischplatte, wo ich zwei Jonglierkeulen befestigt hatte, die Griffe zweckmäßig in Reichweite zum Stuhl, auf dem aber nun leider der Dicke saß.
    »Sieh an, er will uns necken!« höhnte er. »Unser Freund weiß nicht, daß wir lieber unsere eigenen Witze machen. Na gut.«
    Mit beschwingten Schritten, als sei er drauf und dran, die Dame seines Herzens zum Tanz zu bitten, bewegte er sich zu meinem Kassettengerät. »Einen besonderen Wunsch?« fragte er über die Schulter. »Rolling Stones? Scorpions? The Doors?«
    »Hauptsache leise, der Nachbar unter mir ist empfindlich.«
    »Deswegen, deswegen ja«, sülzte er. »Es muß ja nicht jeder mitkriegen, was gleich hier abläuft.«
    Aus den Lautsprecherboxen tönte Mark Knopflers angerauhte Stimme, begleitet vom Wimmern seiner Gitarre. Es war eine alte Aufnahme der Dire Straits, ein starkes, kompromißloses Stück Rock ‘n’ Roll. Die Ganoven heutzutage zeigten Stil. Das letzte Mal hatte man mich zusammengeschlagen, als im Fernsehen ein Operntenor Beatles-Songs vernudelte.
    Der Dicke drehte die Lautstärke auf. »Bring ihn zum Lachen!« sagte er an mir vorbei zu dem Mann im Hintergrund und zauberte mit dem Geschick eines Taschenspielers, der Papierrosen aus der bloßen Luft greift, einen stumpfnasigen Revolver in seine Patschhand.
    Es wurde ernst.
    Ich versuchte hochzukommen. Doch der Bleiche war schneller. Er stieß sich von der Wand ab, und ehe ich mich über seine Behendigkeit wundern konnte, hatte er mir den Pistolenlauf unterhalb des linken Schulterblatts in die Rippen gehauen. Mir blieb die Luft weg. Meine Beine rutschten nach vorn, so daß ich mit durchgedrücktem Kreuz wie ein Brett im Sessel lag.
    »Na, wie war der? Kannten Sie den schon?« fragte der Dicke vergnügt. Seine Augen verschwanden in den Speckwülsten. »Passen Sie auf, großer Meister! Es ist doch so: Wir alle wollen ein bißchen Spaß haben bei der Arbeit, oder? Ich zum Beispiel höre mich gern reden, dafür hat mein schweigsamer Partner ganz andere Vorlieben. Er wird nämlich gern ruppig, und ich schätze, bei der nächsten faulen Antwort haut er Ihnen die Schneidezähne raus, nur so

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