Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand
sicher nie wieder gegen himmlisches Gesetz!«
»Hat Bolzen deswegen einen Wartesaal zerlegt, einen Schalterbeamten misshandelt und anschließend einen Bus samt Chauffeur entführt?«, erkundigte sich Staatsanwalt Ranelid.
»Oh, jetzt glaube ich fast einen gewissen Sarkasmus herauszuhören«, sagte Per-Gunnar Gerdin. »Aber nur, weil ich das Licht gesehen habe, bedeutet das ja noch lange nicht, dass es meinen Mitarbeitern ebenso erging. Einer von ihnen hat sich zwar zur Missionsarbeit nach Südamerika begeben, aber mit den beiden anderen ist es übel ausgegangen. Bolzen hatte ich beauftragt, diesen Koffer mit den zweihundert Bibeln auf Bosses Weg von Uppsala zurück nach Falköping abzuholen. Mit diesen Bibeln wollte ich Freude verbreiten unter den schlimmsten Schurken des Landes, wenn Sie meine Ausdrucksweise verzeihen wollen.«
Bis jetzt hatte der Eigentümer von Klockaregård, Bosse, schweigend danebengesessen. Doch jetzt wuchtete er einen schweren grauen Koffer auf den Tisch und zog den Reißverschluss auf. Darin lagen stapelweise Slimline-Bibeln mit schwarzem Echtledereinband, Goldschnitt, Querverweisen, drei Lesebändchen, Personenregister, Empfehlungen zur Bibellektüre, farbigem Kartenmaterial und vielem mehr.
»Eine eindrucksvollere Bibellektüre als diese können Sie gar nicht haben«, sagte Bosse Ljungberg im Brustton der Überzeugung. »Gestatten Sie, dass ich Ihnen eine davon schenke? Auch Staatsanwälte tun gut daran, das Licht zu suchen, müssen Sie wissen!«
Bosse war der Erste in der Gruppe, der dem Staatsanwalt keinen reinen Unfug auftischte, sondern tatsächlich meinte, was er sagte. Und das musste Ranelid auch gespürt haben, denn plötzlich begann er zu bezweifeln, dass dieses ganze Bibelgerede nur Tarnung war. Er ergriff die Bibel, die Bosse ihm hinhielt, und dachte, dass ihn jetzt vielleicht sowieso nur noch eine spontane Bekehrung aus seiner Zwangslage retten konnte. Doch das sagte er nicht. Stattdessen fragte er:
»Können wir bitte zur Schilderung der Vorfälle zurückkommen? Was ist denn nun mit diesem verdammten Koffer in Malmköping passiert?«
»Nicht fluchen!«, ermahnte ihn die Schöne Frau.
»Soll ich jetzt vielleicht wieder weitererzählen?«, schlug Allan vor. »Also, ich musste etwas früher zum Reisezentrum als gedacht, da Julius mich in Per-Gunnars Auftrag darum gebeten hatte. Es hieß, Bolzen Bylund habe gerade Per-Gunnar in Stockholm angerufen und sei ein bisschen angeschickert gewesen – wenn Sie meine Ausdrucksweise nochmals entschuldigen wollen! Aber das weiß der Herr Staatsanwalt ja schon, oder vielleicht auch nicht, denn ich kenne Ihre Trinkgewohnheiten ja nicht und möchte Ihnen nichts unterstellen, aber auf jeden Fall … Wo war ich noch mal stehen geblieben? Ach ja, ich wollte sagen, Sie wissen ja, wo der Schnaps hineingeht, da geht der Verstand heraus, oder wie das heißt. Übrigens saß ich selbst schon mal in berauschtem Zustand in einem U-Boot in zweihundert Meter Tiefe mitten in der Ost…«
»In Gottes Namen, jetzt kommen Sie doch endlich zur Sache«, bat Staatsanwalt Ranelid.
»Nicht den Namen des Herrn missbrauchen!«, ermahnte ihn die Schöne Frau.
Staatsanwalt Ranelid stützte die Stirn in eine Hand, während er ein paarmal tief durchatmete. Unterdessen fuhr Allan Karlsson fort:
»Ja, also Bolzen Bylund hatte Per-Gunnar in Stockholm angerufen und ihm lallend mitgeteilt, dass er seine Mitgliedschaft im Bibelclub kündigen und lieber Fremdenlegionär werden wollte. Aber vorher – nur gut, dass Sie schon sitzen, Herr Staatsanwalt, denn jetzt muss ich etwas ganz Schreckliches erzählen – vorher wollte er auf dem Marktplatz in Malmköping noch die ganzen Bibeln verbrennen !«
»Wortwörtlich soll er gesagt haben: ›diese ganzen verfluchten Scheißbibeln‹«, erläuterte die Schöne Frau.
»Natürlich wurde ich sofort losgeschickt, um Herrn Bolzen zu suchen und ihm den Koffer abzunehmen, bevor es zu spät war. Die Zeit ist ja oft knapp, manchmal knapper, als man ahnt. Wie zum Beispiel damals, als General Franco in Spanien um ein Haar vor meinen Augen in die Luft gesprengt worden wäre. Aber seine Mitarbeiter waren unglaublich geistesgegenwärtig, packten ihren General und trugen ihn in Sicherheit. Die dachten nicht lange nach, die handelten einfach.«
»Was hat General Franco denn mit dieser Geschichte zu tun?«, wollte Staatsanwalt Ranelid wissen.
Ȇberhaupt gar nichts, Herr Staatsanwalt, ich wollte ihn nur als erhellendes Beispiel
Weitere Kostenlose Bücher