Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand
war ja auch nicht gerade beruhigend!«
Der Staatsanwalt nickte und machte sich weitere Notizen. Vielleicht kam langsam ja doch so etwas wie Logik in die Geschichte. Er wandte sich an Benny:
»Aber als Sie von einem vermutlich gekidnappten Hundertjährigen lasen, von Never Again und dem ›Meisterdieb‹ Julius Jonsson – warum haben Sie da denn nicht Kontakt mit der Polizei aufgenommen?«
»Ich muss sagen, ich hab tatsächlich kurz dran gedacht. Aber als ich die Sache mit Allan und Julius besprach, entschieden wir uns klipp und klar dagegen. Julius erklärte, dass er aus Prinzip nicht mit der Polizei sprach, und Allan wies darauf hin, dass er aus dem Heim ausgerissen war und ganz bestimmt nicht zu Schwester Alice zurückwollte, nur weil die Zeitungen und das Fernsehen da was in den falschen Hals gekriegt hatten.«
»Sie sprechen aus Prinzip nicht mit der Polizei?«, wandte sich Ranelid an Julius Jonsson.
»Nee, das tu ich nicht. Ich hatte über Jahre immer wieder Pech in meinem Verhältnis zum Polizeilichen. Obwohl ich solche netten Begegnungen – wie gestern mit Kommissar Aronsson oder auch heute mit dem Herrn Staatsanwalt – natürlich davon ausnehme. Noch ein Schlückchen Kaffee gefällig, Herr Staatsanwalt?«
Ja, das war dem Herrn Staatsanwalt gefällig. Er brauchte seine ganze Kraft, um Ordnung in diese Unterredung zu bringen und um drei Uhr den Medien irgendetwas präsentieren zu können – etwas, was entweder der Wahrheit entsprach oder zumindest einigermaßen glaubwürdig war.
Doch der Staatsanwalt wollte noch nicht wieder von Benny Ljungberg ablassen.
»Und warum haben Sie Ihren Freund Per-Gunnar Gerdin nicht angerufen? Ihnen musste doch klar sein, dass er von Ihnen in der Zeitung lesen würde?«
»Ich dachte mir, die Polizei und der Staatsanwalt haben bestimmt noch nicht mitgekriegt, dass Jesus in Per-Gunnars Leben getreten ist, und deswegen hören sie sicher immer noch sein Telefon ab. Was das betrifft, muss mir der Herr Staatsanwalt doch sicher recht geben, oder?«
Der Staatsanwalt brummte etwas Unverständliches, machte sich eine Notiz und bereute, dass er den Journalisten auch dieses Detail verraten hatte, doch nun war es eben geschehen. Also machte er weiter. Diesmal wandte er sich an Per-Gunnar Gerdin.
»Aber Herr Gerdin scheint ja einen Tipp bekommen zu haben, wo sich Allan Karlsson und seine Freunde befanden. Woher kam dieser Tipp?«
»Leider werden wir das nie erfahren. Diese Information hat Kollege Humpen Hultén mit sich ins Grab genommen. Beziehungsweise in die Schrottpresse.«
»Und was war das für ein Tipp?«
»Dass Allan, Benny und seine Freundin in Rottne in Småland gesehen worden sind. Ich glaube, ein Bekannter von Humpen hat angerufen. Mich interessierte am meisten die Information an sich. Ich wusste ja, dass Bennys Freundin in Småland lebt und rote Haare hat. Also gab ich Humpen den Auftrag, sofort zu dieser Ortschaft zu fahren und sich vor dem ICA auf die Lauer zu legen. Essen muss ja schließlich jeder …«
»Und das machte der Humpen gern für Sie – im Namen Jesu?«
»Na ja, da treffen Sie jetzt den Nagel auf den Kopf, Herr Staatsanwalt. Man kann ja allerhand von Humpen behaupten, aber religiös war er nie. Er war fast genauso sauer über die neue Ausrichtung des Clubs wie Bolzen. Er redete immer davon, nach Russland oder ins Baltikum zu gehen und dort mit Drogen zu handeln. Haben Sie schon mal so was Schreckliches gehört, Herr Staatsanwalt? Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass er tatsächlich damit angefangen hat, aber da müssen Sie ihn selbst fragen … Ach nein, geht ja gar nicht mehr …«
Der Staatsanwalt musterte Per-Gunnar Gerdin misstrauisch.
»Wie Benny Ljungberg schon angedeutet hat, haben wir eine Aufzeichnung, in der Sie Gunilla Björklund als ›die Alte‹ bezeichnen, und später schieben Sie auch noch den einen oder anderen Fluch nach. Was sagt der Herr denn dazu?«
»Ach, der Herr verzeiht schnell, das wird auch der Herr Staatsanwalt merken, wenn er einmal das Buch aufschlägt, das er gerade bekommen hat.«
»Jesus spricht: ›Welchen ihr die Sünden erlasset, denen sind sie erlassen‹ «, warf Bosse ein.
»Johannesevangelium?«, erkundigte sich Kommissar Aronsson, der das Zitat von seiner stundenlangen Bibellektüre in der Hotelbar wiederzuerkennen glaubte.
» Sie lesen die Bibel?«, fragte Staatsanwalt Ranelid verdattert.
Statt zu antworten, schenkte ihm Kommissar Aronsson nur ein frommes Lächeln. Per-Gunnar Gerdin fuhr
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