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Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Titel: Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
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Abend, um uns auszudenken, was wir sagen wollen«, meinte Allan.
    Diese letzte Bemerkung hatte Kommissar Aronsson nicht hören wollen. Er stand auf, um den anderen seine Anwesenheit in Erinnerung zu rufen und sie davon abzuhalten, noch mehr zu sagen, was nicht für seine Ohren bestimmt war. Dann meinte er, dass er jetzt aufbrechen wolle, wenn die Gruppe einverstanden sei. Wenn Benny so freundlich sein wolle, ihn zum Hotel in Falköping zu fahren, wäre ihm Aronsson sehr dankbar. Ansonsten beabsichtige er, unterwegs Staatsanwalt Ranelid anzurufen und ihm auszurichten, dass er morgen um zehn Uhr willkommen war, wenn das die Entscheidung der Gruppe sei. Er selbst habe vor, morgen Vormittag im Taxi vorbeizukommen, und sei es nur, um sein Auto zu holen. Ach, und ob es wohl möglich sei, noch ein Glas von diesem auserlesenen bulgarischen Champagner zu bekommen, bevor man aufbrach? Ach, ein ungarischer sei das? Na, das kam ja fast aufs Gleiche heraus.
    Kommissar Aronsson bekam noch ein randvolles Glas, das er hastig herunterkippte, bevor er sich die Nase kratzte und sich auf den Beifahrersitz seines Autos setzte, das Benny schon vorgefahren hatte. Dann deklamierte er durch das heruntergelassene Fenster:
    Ach, wenn wir hätten, o Freunde, ein Schaff
ungarisch Wein, uns zu laben …
    »Carl Michael Bellman«, nickte Beinahe-Literaturwissenschaftler Benny.
    »Johannesevangelium, Kapitel 8, Vers 7, Kommissar. Vergessen Sie das morgen nicht«, rief Bosse ihm in einer plötzlichen Eingebung hinterher. » Johannesevangelium, Kapitel 8, Vers 7! «

25. KAPITEL
Freitag, 27. Mai 2005
    Eskilstuna–Falköping gehört nicht zu den Strecken, die man in einer Viertelstunde zurücklegt. Staatsanwalt Conny Ranelid hatte im Morgengrauen aufstehen müssen (nachdem er obendrein äußerst schlecht geschlafen hatte), um um zehn Uhr auf Klockaregård zu sein. Das Treffen selbst durfte dann auch nicht länger als eine Stunde dauern, weil die Pressekonferenz ja schon wieder um drei Uhr beginnen sollte.
    Als Ranelid auf der E20 bei Örebro hinter dem Steuer saß, war er den Tränen nahe. Der große Sieg der Gerechtigkeit , so hätte sein Buch heißen sollen. Pah! Wenn es auch nur einen Hauch von Gerechtigkeit gäbe, müsste sofort der Blitz in dieses verdammte Anwesen einschlagen und alle, die sich dort aufhielten, verbrennen. Dann könnte sich der Staatsanwalt für die Journalisten auch ausdenken, was er wollte.
    In seinem Hotel in Falköping hatte sich Kommissar Aronsson gründlich ausgeschlafen – das war schon lange mal wieder fällig gewesen. Gegen neun Uhr wachte er auf und spürte einen Stich von Reue, als er daran dachte, wie er mit den potenziellen Verbrechern mit Champagner angestoßen hatte. Außerdem hatte er klar und deutlich gehört, wie Allan sagte, dass sie sich eine Geschichte für Staatsanwalt Ranelid ausdenken sollten. Machte Aronsson sich am Ende gerade mitschuldig? Und wenn ja, woran?
    Als er am Abend zuvor ins Hotel gekommen war, hatte er – auf Bosse Ljungbergs Empfehlung hin – die Bibel herausgesucht, die der Gideonbund verdienstvollerweise in eine der Schreibtischschubladen gelegt hatte, und das Johannesevangelium, Kapitel 8, Vers 7 aufgeschlagen. Dann saß er mehrere Stunden in der Hotelbar und las in der Bibel. Ein Gin Tonic leistete ihm dabei Gesellschaft, anschließend noch ein Glas Gin Tonic, und zum Schluss noch ein Gin Tonic.
    Das genannte Kapitel handelte von der Ehebrecherin, die die Pharisäer vor Jesus geschleppt hatten, um ihn vor ein Dilemma zu stellen. Wenn er sagte, dass die Frau nicht für ihr Verbrechen gesteinigt werden solle, verstieß Jesus gegen das Gebot Mose (3. Buch Mose). Stellte er sich hingegen auf Moses’ Seite, geriet er in Konflikt mit den Römern, denen Blutgerichtsbarkeit allein oblag. Sollte er sich also mit Moses anlegen oder mit den Römern? Die Pharisäer rieben sich schon die Hände, weil sie glaubten, den Rabbi in die Enge getrieben zu haben. Doch Jesus war eben Jesus, und nach einer gewissen Bedenkzeit sagte er:
    »Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie.«
    Damit hatte er nicht nur den Konflikt mit Moses und den Römern vermieden, sondern auch den mit den Pharisäern. Und trotzdem war die Sache erledigt. Die Pharisäer konnten sich schleichen, einer nach dem anderen (denn die Menschen sind ja im Allgemeinen nicht ohne Sünde). Zum Schluss war Jesus mit der Frau allein.
    »Weib, wo sind sie, deine Verkläger? Hat dich niemand verdammt?«
    Sie

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