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Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Titel: Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
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weitererzählen:
    »Zu Never Again muss also gesagt werden, dass Bolzen nach Afrika ging, um Legionär zu werden, Humpen nach Lettland, um sein Drogengeschäft aufzubauen, und Caracas fuhr nach Hause nach … ja, nach Hause eben. Da war bloß noch ich übrig, ganz allein. Obwohl ich natürlich noch Jesus an meiner Seite hatte.«
    »Aber hallo«, murmelte der Staatsanwalt. »Erzählen Sie weiter!«
    »Ich fuhr also nach Sjötorp zu Gunilla, Bennys Freundin. Humpen hatte noch angerufen und mir die Adresse mitgeteilt, bevor er das Land verließ. Ein bisschen Ehre hatte er denn ja doch noch im Leibe.«
    »Hm, dazu hätte ich noch ein paar Fragen«, unterbrach Staatsanwalt Ranelid. »Die erste Frage geht an Sie, Gunilla Björklund. Warum haben Sie sich in den Tagen vor der Abreise einen Bus gekauft – und warum sind Sie überhaupt abgereist?«
    Die Freunde hatten am Vorabend beschlossen, Sonja aus der Geschichte herauszuhalten. Sie war ja auf der Flucht, genauso wie Allan, doch ohne dessen bürgerliche Rechte. Wahrscheinlich galt sie nicht mal als Schwedin, und in Schweden war man ja – wie in den meisten Ländern – nicht besonders viel wert, wenn man Ausländer war. Man würde sie also entweder gleich ausweisen oder zu lebenslänglichem Zoo verurteilen. Vielleicht sogar beides.
    Doch sobald Sonja als Erklärung wegfiel, musste man wieder Zuflucht zu Lügen nehmen, um zu begründen, warum die Freunde beschlossen hatten, in einem riesigen Bus durch die Lande zu fahren.
    »Tja, der Bus ist zwar auf meinen Namen angemeldet«, sagte die Schöne Frau, »aber eigentlich haben Benny und ich den zusammen gekauft, und zwar für Bennys Bruder Bosse.«
    »Und der wollte ihn wahrscheinlich mit Bibeln füllen?«, erkundigte sich Staatsanwalt Ranelid, dem inzwischen nicht nur der Humor, sondern auch die Höflichkeit abhanden kam.
    »Nein, mit Wassermelonen«, erklärte Bosse. »Möchten Sie wohl mal die süßeste Wassermelone der Welt kosten, Herr Staatsanwalt?«
    »Nein, das will ich nicht«, erwiderte Staatsanwalt Ranelid. »Ich will Klarheit in diese Sache bringen, und dann will ich nach Hause fahren und eine Pressekonferenz runterreißen, und dann will ich in Urlaub fahren. Das will ich. Und jetzt will ich, dass wir weitermachen. Warum in Dreiteuf… um alles in der Welt haben Sie Sjötorp mit dem Bus verlassen, kurz bevor Per-Gunnar Gerdin dort ankam?«
    »Die wussten doch gar nicht, dass ich unterwegs war«, sagte Per-Gunnar. »Können Sie uns nicht mehr ganz folgen, Herr Staatsanwalt?«
    »Nein, es fällt mir schwer«, gab Staatsanwalt Ranelid zu. »Dieser Räuberpistole hätte selbst ein Einstein nur schwer folgen können.«
    »Wo Sie gerade Einstein erwähnen …«, begann Allan.
    »Nein, Herr Karlsson«, fiel Staatsanwalt Ranelid ihm mit bestimmtem Ton ins Wort. »Ich will jetzt nicht noch das Märchen von Karlsson und Einstein hören, ich will vielmehr, dass Herr Gerdin mir jetzt erklärt, wie ›die Russen‹ in diese Geschichte passen.«
    »Wie das?«, fragte Per-Gunnar Gerdin.
    »Die Russen. Ihr verstorbener Kollege Humpen hat in einem abgehörten Telefongespräch von den Russen gesprochen. Sie haben Humpen getadelt, weil er Sie nicht auf Ihrem Prepaid-Handy angerufen hat, und er hat nach eigenen Angaben geglaubt, nur Gespräche über die Russen müssten über dieses Handy laufen.«
    »Darüber will ich nicht sprechen«, wehrte Per-Gunnar ab, vor allem deswegen, weil er nicht wusste, was er antworten sollte.
    »Aber ich will, dass Sie darüber sprechen«, verlangte Staatsanwalt Ranelid.
    Am Tisch kam unbehagliches Schweigen auf. Dass in diesem Telefongespräch die Russen erwähnt worden waren, hatte nicht in den Zeitungen gestanden, und Gerdin selbst hatte es total vergessen. Doch da sagte Benny:
    » Jesli tschelowek kurit, on plocho igrajet v futbol .«
    Die Tischgesellschaft sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
    »Mit den Russen sind Bosse und ich gemeint«, erläuterte Benny. »Unser Vater – er ruhe in Frieden – und unser Onkel Frasse – er ruhe ebenfalls in Frieden – standen politisch eher links, wenn man mal so sagen will. Deswegen drillten sie meinen Bruder und mich während unserer Kindheit in Russisch, und so wurden wir unter Freunden und Bekannten manchmal auch ›die Russen‹ genannt. Das war das, was ich eben gerade auch auf Russisch gesagt habe.«
    Wie so vieles andere an diesem Vormittag hatte auch das, was Benny gerade gesagt hatte, nicht allzu viel mit der Wahrheit zu tun. Er hatte

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