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Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Titel: Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
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Natürlich war auch überhaupt nicht sicher, dass Julij Borissowitsch und seine mutmaßliche Begleitung schon im Theater waren, aber wenn doch , dann war er nur wenige Meter vor seinem alten Freund vorbeigegangen, ohne etwas dabei zu denken. Was sollte Allan also tun? Er überlegte laut:
    »Wenn du gerade in dieses Theater gegangen bist, lieber Julij Borissowitsch, dann wirst du ganz sicher in ein paar Stunden auch durch dieselbe Tür wieder hinausgehen. Aber da wirst du ja wieder aussehen wie alle anderen, genauso wie vorhin. Ich kann dich also gar nicht finden. Bleibt nur noch die Lösung, dass du mich findest.«
    So musste es gehen. Allan lief in sein kleines Büro in der Botschaft, traf seine Vorkehrungen und kam rechtzeitig zurück, bevor Prinz Kalaf das Herz der Prinzessin Turandot zum Schmelzen brachte.
    Was Allan während seiner Ausbildung durch den geheimen Hutton öfter als alles andere hatte wiederholen müssen, war das Wörtchen »Diskretion«. Ein erfolgreicher Agent durfte niemals Aufsehen erregen, er durfte nicht auffallen, er musste derart mit seiner Umgebung verschmelzen, dass er fast unsichtbar war.
    »Haben Sie das begriffen, Herr Karlsson?«, hatte der geheime Hutton gefragt.
    »Absolut, Herr Hutton«, hatte Allan geantwortet.
    Die Vorstellung war ein umwerfender Erfolg: Birgit Nilsson und Franco Corelli hatten zwanzig Vorhänge. Daher dauerte es auch besonders lange, bis das Publikum den Saal verließ und die Menschen, die alle gleich aussahen, wieder über die Treppe hinausströmten. Was allen dabei auffiel, war der Mann auf der untersten Stufe, der mit beiden Händen ein selbst gebasteltes Plakat in die Luft hielt, auf dem stand:
    ICH BIN
ALLAN
EMMANUEL
    Allan Karlsson hatte die Ermahnungen des geheimen Hutton zwar durchaus verstanden, konnte jetzt aber keine Rücksicht darauf nehmen. In Huttons Paris mochte ja schon der Frühling eingezogen sein, aber in Moskau war es um diese Zeit noch kalt und dunkel. Allan fror, und er wollte Ergebnisse sehen. Erst hatte er ja Julijs Namen auf das Plakat schreiben wollen, aber dann entschied er, dass seine Indiskretion keine anderen Leute treffen sollte, sondern nur ihn selbst.
    Larissa Alexandrowna Popowa, Julij Borissowitsch Popows Ehefrau, hakte sich liebevoll bei ihrem Mann unter und dankte ihm zum fünften Mal für das wundervolle Erlebnis. Diese Birgit Nilsson war ja die reinste Maria Callas! Und die Plätze ! Vierte Reihe, ganz in der Mitte. So glücklich war Larissa schon lange nicht mehr gewesen. Heute Abend sollten ihr Mann und sie obendrein im Hotel schlafen, sie hatten also fast noch vierundzwanzig Stunden, bis sie wieder in die grässliche Stadt hinter Stacheldraht zurückmussten. Noch ein romantisches Abendessen zu zweien … nur Julij und sie … und danach vielleicht sogar …
    »Entschuldige, Liebling«, sagte Julij und blieb auf der obersten Treppenstufe vor dem Eingang stehen.
    »Was ist denn, mein Lieber?«, fragte Larissa besorgt.
    »Nein … es ist nichts … aber … Siehst du den Mann da unten mit dem Plakat? Das muss ich mir mal kurz näher ansehen … Das kann nicht sein … ich muss … Aber der ist doch tot! «
    »Wer ist tot, Liebling?«
    »Komm!«, sagte Julij und lotste seine Frau durch die Menschenmenge die Treppe hinunter.
    Drei Meter vor Allan blieb er stehen und versuchte, mit dem Hirn zu erfassen, was seine Augen schon registriert hatten. Allan entdeckte den alten Freund, der ihn nur dumm anglotzen konnte, ließ sein Plakat sinken und fragte:
    »Und, hat Birgit gut gesungen?«
    Julij sagte immer noch keinen Ton, aber seine Frau flüsterte ihm die Frage zu, ob das der Mann sei, der angeblich tot sein sollte. Allan antwortete an Julijs Stelle und erklärte, nein, tot sei er nicht, aber ganz schön durchgefroren, und wenn das Ehepaar Popow sichergehen wollte, dass er nicht doch noch erfror, wäre es sicher das Beste, wenn sie ihn umgehend in ein Restaurant brachten, wo er einen Schluck Wodka und vielleicht auch einen Happen zu essen zu sich nehmen könnte.
    » Du bist es wirklich …«, brachte Julij schließlich heraus. »Aber … du sprichst ja Russisch …?«
    »Ja, direkt nach unserer letzten Begegnung hatte ich einen fünfjährigen Kurs in deiner Muttersprache«, sagte Allan. »Gulag hieß die Schule. Also, wie steht es jetzt mit dem Wodka?«
    Julij Borissowitsch war ein äußerst moralischer Mann, den es einundzwanzig Jahre lang gequält hatte, dass er den schwedischen Atombombenexperten unfreiwillig nach Moskau

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