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Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Titel: Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonas Jonasson
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schnell wie möglich in Hals und in Magen wandern und nicht ewig am Gaumen kleben bleiben.
    Doch Song Meiling ließ sich den Likör schmecken, und je mehr Gläser sie im Laufe des Abends konsumierte, umso subjektiver färbten sich ihre endlosen politischen Auslassungen.
    So lernte Allan bei den Abendessen auf dem Stillen Ozean unfreiwillig unter anderem, dass die Witzfigur Mao Tse-tung und seine Kommunisten den Bürgerkrieg sehr wohl gewinnen konnten, und zwar vor allem deswegen, weil Chiang Kai-shek so ein unfassbar unfähiger oberster Befehlshaber war. In diesem Moment saß er auch noch mit Mao Tse-tung in der südchinesischen Stadt Chongqing und führte Friedensverhandlungen. Ob Herr Karlsson und der Herr Kapitän schon einmal so etwas Dummes gehört hätten? Mit einem Kommunisten verhandeln! Dabei konnte doch nichts herauskommen!
    Song Meiling war sicher, dass die Verhandlungen zum Scheitern verurteilt waren. In den Berichten ihrer Agenten hieß es außerdem, dass ein großer Teil der kommunistischen Armee ganz in der Nähe, in den unwegsamen Bergregionen der Sichuan-Provinz, auf ihren Anführer Mao wartete. Song Meilings handverlesene Agenten vermuteten ebenso wie Song Meiling selbst, dass sich die Witzfigur mit ihrer Truppe Richtung Nordosten aufmachen würde, Richtung Shaanxi und Henan, um ihren abscheulichen Propagandafeldzug durch die Nation fortzusetzen.
    Allan schwieg die ganze Zeit, damit sich die politische Ausführung des Abends nicht noch länger als unbedingt nötig hinzog, aber der hoffnungslos höfliche Kapitän stellte eine Frage nach der anderen, während er ihnen unablässig die grüne Bananenplörre nachschenkte.
    Zum Beispiel wollte der Kapitän wissen, inwiefern Mao Tse-tung eine so große Bedrohung darstellte. Die Kuomintang genoss schließlich die Unterstützung der USA und war, wenn er das richtig verstanden hatte, militärisch weit überlegen.
    Die Frage verlängerte die Qualen des Abends um fast eine ganze Stunde. Song Meiling erklärte, dass ihr Versager von Ehemann die Intelligenz, das Charisma und die Führungsqualitäten einer Milchkuh besaß. Chiang Kai-shek bildete sich fälschlicherweise immer noch ein, dass es nur darauf ankam, die Städte zu halten.
    Mit ihrem kleinen Nebenprojekt wollte Song Meiling mit Allan und Mitgliedern ihrer eigenen Leibwache nicht gegen Mao kämpfen, wie sollte das auch gehen? Zwanzig mangelhaft bewaffnete Männer – einundzwanzig, wenn man Herrn Karlsson einrechnete – gegen eine ganze Armee von gut ausgebildeten Gegnern in den Bergen von Sichuan … nein, da gab es sicher Schöneres.
    Stattdessen sah der Plan vor, zunächst die Beweglichkeit der Witzfigur einzuschränken: Mao Tse-tung sollte seine Kommunistenarmee nur noch unter großen Schwierigkeiten von einem Ort zum anderen verlegen können. Anschließend würde man ihrem Trottel von Ehemann endlich begreiflich machen, dass er die Gelegenheit nutzen musste, seine Truppen auch in die Provinzen zu führen und das chinesische Volk davon zu überzeugen, dass es die Kuomintang brauchte, um sich vor den Kommunisten zu schützen, nicht umgekehrt. Song Meiling hatte ebenso gut wie die Witzfigur begriffen, was Chiang Kai-shek noch immer nicht kapieren wollte: Es ist viel leichter, der Anführer eines Volkes zu werden, wenn man das Volk auf seiner Seite hat.
    Aber ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn, und es war ganz gut, dass Chiang Kai-shek zu den Friedensverhandlungen in Chongqing im südwestlichen Teil des Landes eingeladen hatte. Mit ein klein wenig Glück müsste sich die Witzfigur mit ihren Soldaten nach den gescheiterten Verhandlungen immer noch südlich des Jangtsekiang befinden, wenn die Leibwachen und Karlsson eintrafen. Und dann sollte Karlsson Brücken sprengen! Und die Witzfigur würde eine ganze Weile in der Nähe von Tibet in den Bergen feststecken.
    »Sollte er sich hingegen auf der falschen Seite des Flusses befinden, gruppieren wir einfach nur um. In China gibt es fünfzigtausend Flüsse. Wo auch immer dieser Parasit sich hinwendet, er wird immer irgendwelche Flussläufe im Weg haben.«
    Eine Witzfigur und ein Parasit, dachte Allan, im Kampf gegen einen Trottel und Versager mit der Intelligenz einer Kuh. Und zwischen ihnen eine Schlange, die sich mit grünem Bananenlikör betrank.
    »Das wird bestimmt interessant, wo sich das alles noch hinentwickelt«, meinte Allan aufrichtig. »Übrigens, der Herr Kapitän hat wohl nicht zufällig irgendwo ein bisschen Schnaps, mit dem man den

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