Der Hurenkiller - Teil II (Wegners schwerste Faelle)
schwer genug. Mach es mir doch
nicht noch schwerer!«
Seit dem Morgen bereits berichteten die Zeitung und
auch die regionalen TV-Sender vom schießwütigen Hamburger Hauptkommissar. Eine
der zwei unversehrten Geiseln war nicht nur im Steuerfach tätig, sondern auch
Hobbyredakteurin bei einem Norderstedter Käseblatt. Natürlich hatte sie nach
ihrer Befreiung nicht Besseres zu tun gehabt, als eiligst die Presse über die
Vorfälle zu informieren.
»Wer ist diese Frau? Vielleicht kann ich über den
Journalistenverband Druck machen.« Vera wirkte verzweifelt. »Manfred ...«
»Was?«
»Wir müssen doch etwas tun.«
»Und was?« Wegner war genervt. Wäre am liebsten nachhause
gefahren und hätte sich dort, mindestens für die nächsten drei Tage, im Bett
verkrümelt. »Es ist Samstagabend! Was soll ich deiner Meinung nach tun? Den
Polizeichef aus dem Schlaf klingeln? Ihm sagen, dass alles nur ein
Missverständnis ist?«
Vera verzog sich schmollend mit dem Abwasch in die
Küche.
***
Martin Schiller stand auf dem Bürgersteig und atmete
tief durch. Beschwingt brach er nun in Richtung Innenstadt auf. Dort angekommen
würde er in das erstbeste Taxi steigen, um in den Hafen zurückzukehren. Babsis
Todeskampf hatte noch eine ganze Weile gedauert. Nach ihrem finalen Atemzug
hatte er jedoch sehr schnell das Interesse an ihr verloren. Es war anders als
beim letzten Mal. Schon völlig regungslos wirkte sie bei weitem nicht mehr so
reizvoll wie die letzte Frau im vergangenen Monat. Martin versuchte sich an
ihren Namen zu erinnern: »Tina ... oder war es Anja? ... Egal.«
Als Babsi so leblos auf ihrem Bett lag, da hatte er
sich sogar vor ihr geekelt. Er würde an seinen Methoden arbeiten müssen. Der
Reiz bestand schließlich nicht darin zu töten. Es war der Weg dorthin. Ihr
Leiden. Ihr Flehen. Es war die unendliche Macht, die er genoss. Die ihn derart
erregte, dass er noch drei Tage später mit zitternden Beinen aufstand. Die
Frauen waren ihm völlig egal. Er hatte in seiner Jugend so viel Leid, so viel
Peinigungen durchlitten ... sie hatten es verdient, dafür zu büßen.
Sein Weg führte ihn direkt auf die Brücke, nachdem
er die Reling fast hinaufgeflogen war. Zu seiner Verwunderung fand er dort
sogar den Kapitän vor, der noch immer angeschlagen wirkte.
»In einer Stunde sind wir vollständig beladen. Die
Reederei meint, dass wir keine Minute zu lang gefiert bleiben sollen.«
»Bei den `Parkgebühren` wundert mich das wenig«,
erwiderte Martin Schiller lachend.
Ein Liegeplatz im Hamburger Hafen kostet für solch
ein gigantisches Containerschiff rund dreißigtausend Euro täglich.
Schon in der Nacht passierten sie erneut Brunsbüttel
und nahmen, kurze Zeit später, volle Fahrt auf. Das Wetter im Nordatlantik war
alles andere als sonnig vorhergesagt. Sie wollten dem Tiefdruckgebiet einfach
davonfahren und hofften auf eine möglichst ruhige Überfahrt.
Martin Schiller drehte sich ein letztes Mal um. Die
fast zwölf Kilometer breite Elbmündung sah im Mondlicht gespenstisch aus. Er
dachte über seinen nächsten Besuch in Hamburg nach. In vier Wochen würde er
sich mit einer gewissen Sandy treffen, so plante er es zumindest. Sie wusste
noch gar nichts von ihrem Glück. Ihr Lächeln im Hochglanzprospekt wirkte so
offen und freundlich. Vor seinem inneren Auge sah er ihren Kopf in einer
Plastiktüte stecken und stellte sich ihre weit aufgerissenen, panischen Augen
darin vor.
***
Wegner und Vera hatten sich, immer noch schweigend,
ins Bett gelegt. An Zärtlichkeiten, geschweige denn Sex, war an diesem Abend
nicht zu denken. Viel zu heftig waren sie aneinandergeraten; wollten einfach
nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Während Vera unaufhörlich zum
Gegenangriff blasen wollte, meinte Wegner, dass es besser sei abzuwarten.
Wieder und wieder hatten sie sich gegenseitig angekeift. Am Ende verzichtete
Vera sogar auf den obligatorischen Gutenachtkuss. Das hatte es, seitdem sie
sich kannten, noch nie gegeben.
Wegner war gerade in leichten Schlummer gefallen,
als sein Handy auf dem Nachttisch zu klingeln begann.
»Herr Hauptkommissar?«
»Ja.«
»Wir haben wieder ein totes Callgirl.«
Wegner setze sich auf und schluckte trocken. Er
hätte damit rechnen müssen, dass diese Nacht nicht ohne Störung verliefe. Es
war schließlich Samstag und der letzte Mord lag genau vier Wochen zurück.
Geräuschlos schlich er ins Badezimmer. In spätestens fünf Minuten würde er sich
auf dem Weg in
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