Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hypnosearzt

Der Hypnosearzt

Titel: Der Hypnosearzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Schulter.
    »Ach, Maria, ein bißchen arbeite ich wie die Maler. In meiner Arbeit benutze ich Bilder.«
    »Ich denke, es sind Gefühle?«
    »Nein, Inhalte, Vorstellungen, von denen ich gerne hätte, daß andere sie übernehmen. Jetzt bin ich meine eigene Projektionsleinwand. Und es gab in letzter Zeit nur ein einziges Bild.«
    »Welches?«
    »Das«, sagte er. »Genau das. Ich sah es immer wieder vor mir …«
    Sie hatten den schmalen Weg zum Hang genommen. Maria hatte es gewünscht. Nun standen sie ganz oben und blickten auf das Feuermeer des herbstlichen Waldes. Die Wärme der Sonne kam schräg und streichelte ihre Gesichter. Rechts von ihrer gleißenden Scheibe türmte sich eine dunkelviolette Wolkenwand.
    Die Lindners waren für eine Woche nach Frankfurt gekommen. Dringende Geschäfte, was sonst?
    »Hat Thomas Sie wegen der dringenden Geschäfte mitgenommen?«
    Das Gold in ihren Augen tanzte. »Ich weiß es nicht. Vielleicht.«
    »Und?«
    Sie nahm den Blick nicht von ihm.
    »Warum flogen Sie mit?«
    »Frag es dich doch selbst, Stefan.«
    ›Stefan‹ und ›du‹ – und mit einer Gelassenheit, die ihm den Atem nahm. Und dieser Blick … Sein Mund wurde trocken. Sein rechter Arm hob sich, und er konnte nicht anders, als Marias Haare zu berühren.
    »Es ging mir wie dir, Stefan. Seit diesem Nachmittag, an dem du nach Le Castelet gekommen bist: Ich wollte dich wiedersehen, mußte …«
    Er sah sie an. »Und Bella?«
    »Bella? Bella gibt es nicht mehr. Zumindest gibt es sie nicht in Le Castelet und auch nicht für mich … zur Zeit nicht für mich. Wer weiß, was später wird. Aber sie wird in New York bleiben. Ausgerechnet New York!« Sie schüttelte den Kopf. »Die Stadt hat sie kuriert, Stefan. Stell dir das vor. Aber siehst du, so ist es.«
    Er nickte.
    Sie sah ihn noch immer an. »Weißt du, was Bella von dir sagt? Sie sagt, du wärst eine Art Schamane. Einer, der die Gefühle anderer manipulieren könne, müsse ein Schamane sein. Bist du ein Schamane, Stefan?«
    »Vielleicht wäre ich dann schon ein bißchen weiter«, grinste er. »Vielleicht muß ich manchmal Gefühle manipulieren. Aber nicht für mich. Das würde ich nicht tun. Nie.«
    »Natürlich, du als Arzt bist eine Art Heiliger, was? Trotzdem, du hast es getan. Du hast mich hypnotisiert – damals. Was hast du mit mir gemacht, Stefan?«
    Er ertrug diesen Blick nicht länger, er schlug die Augen nieder, doch da waren ihre Hände, die sich an seinen Rücken klammerten, da war ihr Körper mit seiner Wärme, da war alles, was er sich in den Minuten, die er immer und immer wieder verdrängte, ersehnt hatte …
    Was geschehen muß, geschieht; kein Gedanke, keine Überlegung kann es ändern. Was hatte es mit Vernunft zu tun, wenn sie sich liebten – und wie sie sich liebten! Vernunft und Leidenschaft, Wasser und Feuer – sie gehörten nicht zusammen.
    Einmal in den wenigen klaren Sekunden, als in diesen Rausch das Bewußtsein zurückkehrte, dann, wenn sie voneinander ließen, um Atem zu holen, erblickte Stefan dort unten am Hang den verdorrten, von Moos überwachsenen Stamm einer alten Fichte. Es war der Platz, hinter dem vor wenigen Monaten und so vielen Ewigkeiten der Todesschütze auf Thomas gelauert hatte. Le Coq ! – Der Name tauchte kurz und flammend wie ein kleiner Sprengsatz in Stefan auf und verschwand wieder. Der Mann, den Le Coq geschickt hatte?
    Doch was spielte das für eine Rolle?
    Es war so fern von Stefans Realität, und so nah waren dieses Gesicht, dieser Körper. Wann hatte er je etwas Ähnliches erfahren, wann je etwas Ähnliches erlebt? Nie hatte er gewußt oder auch nur geahnt, was ein Körper zu fühlen vermag, zu welchen Steigerungen der Empfindung er fähig ist, und dies scheinbar endlos, ein Schwingen von Höhepunkt zu Höhepunkt, aufblitzend wie die Explosionen eines Feuerwerks – bis es dunkel und kalt um sie wurde, eine Art Abstieg in die Finsternis. Wind griff nach ihrer nackten, erhitzten Haut, warf Staub über sie, bis sie auseinanderfuhren und hochblickten.
    »Mon Dieu «, schrie Maria.
    Die ersten Tropfen lösten sich aus der tintigen Schwärze, in die der Himmel sich verwandelt hatte, der Regen prasselte auf sie nieder. Maria saß da ohne die geringste Reaktion, ließ es einfach geschehen, ließ zu, daß der jähe Wolkenbruch Wasser über sie ausschüttete, streckte die Arme aus, wandte den sonnenbraunen Körper dem Wasser entgegen, während ihre Haare wie schwarze Schlangen auf ihrem Gesicht klebten.
    »Und jetzt?« Ihre

Weitere Kostenlose Bücher