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Der Hypnosearzt

Der Hypnosearzt

Titel: Der Hypnosearzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Zähne blitzten. »Was jetzt, Doktor?«
    Was jetzt? Den Tod würden sie sich in dieser Kälte holen und wenn nicht den Tod, dann mindestens einen höllischen Schnupfen. Einer der Forstarbeiter würde auf dem Weg auftauchen, Konietzka, der Mann, der damals in der Nacht geholfen hatte, Lindner aus dem Wagen zu ziehen, und was fand er jetzt? Lindners nackte Frau und den Doktor, beide vom Regen durchweicht …
    Stefan lachte mit, aber mit der Kälte kam auch so etwas wie die klare Überlegung zurück. Maria hatte sich aufgerichtet, die Schultern waren hochgezogen, die Arme preßte sie um den Leib, die Kleider, die sie sich zuvor heruntergerissen hatten – nun lagen sie verstreut um ihren Mantel. Ihre Wäsche, Stefans Jeans, die Windjacke, alles dunkel und naß.
    »Und das sollen wir anziehen?« Maria starrte Stefan an wie ein aus dem Bach gefischtes Kind.
    »Na, den Mantel, das geht doch. Und ich komm auch in meine Hosen. Und dann runter zum Wagen und die Heizung anstellen.«
    Auch Stefan schlotterte vor Kälte.
    Vielleicht lag's am Wein, den der Kastellan von Saint-Louis ihm zugeschoben hatte, als er die alten Kirchenschwarten aus den Regalen holte, dicke verstaubte, nach Schimmel riechende Folianten, jedes Buch mindestens ein Kilo schwer: Charlie nahm die erste Zwanzig-Kilo Ladung auf die Arme, stolperte durch den Seitenausgang aus der Kirche, und dann, gerade über dem Rand der gesammelten ›Gesänge Davids‹ – was sah er? Zwei schräge schwarze Lackaugen, ein roter Kirschenmund – eine Chinesin!
    »Hallo!« Das brachte er gerade noch heraus. »Wo kommst denn du her.«
    »I am Chinese …«
    Charlie schluckte.
    Da stand er mit seinen Schwarten, die er Chevalier bringen sollte, stand am Seitenausgang von Saint-Louis auf diesem buckligen Kopfsteinpflaster. Es war Oktober. Hotels und Pensionen hatten die Fenster verrammelt, die Touristen hatte der Teufel geholt, der Wind pfiff schon kühl durch die Gassen – und da stand eine Chinesin.
    »He«, sagte Charlie, »nun bleib mal … Komm, ich lad meinen Kram ab, dann trinken wir 'nen Kaffee. Gleich dort vorn, das ist meine Karre, siehst du sie?« Es war nicht ›seine Karre‹. Der Wagen gehörte Chevalier, und die Chinesin blieb nicht. Sie trippelte los, und er, Charlie, jagte hinterher, nicht mehr als drei, vier Schritte ging er, schon passierte es.
    Zuerst rutschten die Turnschuhe, dann die ›Gesänge Davids‹ – und schließlich der ganze Rest.
    Charlie fluchte.
    Die Chinesin war schon an der Ecke, ihr roter Schal leuchtete, weg war sie … Charlie aber hockte am Boden, rieb sich die schmerzenden Knöchel und betrachtete die Bescherung. Ein paar Foliantenseiten hatten sich gelöst, der Wind trieb sie fort, er grapschte danach. Und ganz plötzlich waren da noch zwei Hände, sie hielten fest, sammelten ein, stapelten Bücher aufeinander.
    Ziemlich kleine Hände waren das …
    Charlie drehte den Kopf und blickte in ein Gesicht, das er schon immer gern gesehen hatte.
    »Was machst denn du hier, Régine? Da war gerade 'ne Chinesin. Und jetzt …«
    »Mensch, paß lieber auf. Sonst trägt dir der Wind den ganzen Schrott davon.«
    »Schrott«, sagte Charlie. »Stimmt …«
    Zusammen trugen sie die Bücher zum Wagen. Die Heckklappe stand offen, na, wenigstens das. Sie räumten ihre Last in den Kofferraum, Charlie warf den Deckel zu und drehte sich um. »Der auch noch?« wunderte er sich, als er Fabien kommen sah. »Wie ist das, Fabien? Warum schickst du Régine nicht mal allein. Seid ihr Zwillinge?«
    »So was ähnliches«, lächelte sie.
    »Wenn das stimmt«, fragte Charlie sauer, »wieso läßt du ihn dann so rumlaufen? Er sieht doch verboten aus.«
    »Was soll ich machen? Ich habe ihm ein Zimmer im Haus in der Rue Bernanos hergerichtet. Das ist schließlich seine Bude, da könnte er wohnen … Und was macht er? Sechs Wochen schon hockt er wieder oben in der Höhle. – Am Col.«
    Charlie sah Fabien entgegen, der, die Hände in den Jeanstaschen, langsam auf ihn zukam, das Gesicht noch magerer als sonst, unrasiert, mit hellen Stoppeln auf brauner Haut, die alte Jeansjacke voller Schmutzstreifen, die Hosen am Knie zerrissen – doch die Augen weit geöffnet, das Grinsen erfreut.
    »Fabien, willst du weiter so rumlaufen? Was soll denn das? Wann wirst du endlich vernünftig …«
    Und Fabien grinste weiter. Charlie kaute an seinem Ärger. Na schön: Sie sitzen im gleichen Boot, und das in mehr als einer Beziehung … Charlie mußte das Semester schmeißen. Sein Vater

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