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Der Hypnosearzt

Der Hypnosearzt

Titel: Der Hypnosearzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hat.
    Er hob ab.
    Zunächst war da nichts als das Knistern der Leitung zu hören, dann Worte, französische Worte. Es war, als presse eine Faust Stefans Herz zusammen, um es dann in wilden Galopp zu versetzen.
    Er hatte die Stimme sofort erkannt.
    »Maria?« sagte er ungläubig.
    »Ja, ich. – Störe ich?«
    »Stören? Wenn Sie wüßten, wie oft ich in letzter Zeit an Sie gedacht habe! Es ist nur, daß ich …«
    »Ich weiß, was ist, Stefan … Oder denk es mir.«
    Er schwieg. Was hätte er sagen können?
    Er hörte ihren Atem.
    »Wo sind Sie, Maria. In Le Castelet ?«
    »Nein, hier.«
    »Wirklich?« Sein Herz machte einen erneuten Sprung. »Wo? In Frankfurt?«
    »Hier … Thomas nahm mich nach Deutschland, nach Frankfurt mit. Er hat in Frankfurt zu tun. Und dann kam irgend etwas noch viel Wichtigeres in die Quere, das läuft ja immer so bei ihm. Jedenfalls, gestern mußte er nach London. Anschließend fliegt er nach Vancouver.«
    Thomas, seine Geschäfte, Marias Stimme … Stefan spürte seine Hände feucht werden. Es war zuviel, es war ein Wirbel, der in seinem Schädel tobte, ihm die Gedanken blockierte, so daß er nichts zustande brachte als die alberne Floskel: »Wie schön, daß Sie anrufen.«
    »Können wir uns sehen, Stefan?« Es kam knapp und präzise – und war genau das, was er sich wünschte.
    »Wo sind Sie?«
    »Ich sagte doch – hier.«
    »Und was heißt das?«
    Wieder ihr Atem, dann: »Stefan, ich wußte nicht, wie ich mich verhalten soll. Ich meine, ich habe keine Ahnung, wie es Ihre Frau aufnehmen würde, wenn ich plötzlich bei Ihnen auftauche.«
    »Warum? Außerdem ist das kein Problem. Christa ist in Hannover. Aber was heißt ›hier‹?« beharrte er.
    »Ich bin an dem Ort, den ich am besten kenne. Eigentlich ist es der einzige in Burgach.«
    »Wo?«
    »Oben an der Kurve.«
    »An der Kurve? Sie meinen die Stelle, wo damals …«
    »Richtig, wo damals auf Thomas geschossen wurde.«
    »Ich komme«, sagte Stefan Bergmann.
    Unterwegs im Wagen, als er über den Zubringer in die Bundesstraße einbog, bedrängte ihn die Frage, die er so lange kannte wie Maria Lindner selbst: Was ist mit dieser Frau? Was will sie? Und warum zum Teufel wirfst du dich wie ein Irrer ins Auto und rast hier hoch? Du hättest sie doch genausogut nach Hause einladen können.
    Und: wieso vermied sie das Haus?
    Vielleicht weil sie ihren Luxuswagen nicht vor der Tür parken wollte? War es das?
    Stefan hatte das Altersheim passiert, die letzte Strecke begann, die Gerade durch den Wald. Dort vorn wurde es wieder hell: die Kurve.
    Es war das Déjà-vu-Erlebnis, das er schon einmal hatte, damals, als Maria zusammen mit Thomas Lindner nach Burgach gekommen war: der große Wagen einsam am Straßenrand, und wieder funkelte er in seiner ganzen burgunderfarbenen Pracht. Die Sonne hatte die Wolken niedergekämpft, warf ihre Strahlen auf den Hang, ließ das Herbstlaub in allen denkbaren Schattierungen von grellem Gelb, Rot und tiefstem Ocker aufleuchten.
    Dieses Mal war Maria ausgestiegen.
    Sie stand, den Rücken gegen den Wagen gelehnt, und blickte hinab ins Tal. Stefan parkte auf der gegenüberliegenden Seite und stieg aus. Sie kam quer über die Straße auf ihn zu, ihr Haar fing die Sonne ein, ihr Gesicht leuchtete. Selbst der mattgelbe leichte Wollmantel, den sie trug, schien für diesen Tag, für diese Sekunde ausgesucht zu sein … Die letzten Schritte – sie ging sie nicht mehr, es schien, als laufe sie auf Stefan zu. Sie streckte ihm die Hände entgegen, und auch er breitete wie in einem Reflex die Arme aus, und da war sie. Er atmete den Duft ihrer Haare und ihrer Haut, spürte den sanften leichten Druck ihrer Lippen auf seinen Wangen, hatte ihre Augen ganz nahe vor sich, diese dunklen unergründlichen Augen mit den winzigen Goldpünktchen darin, an die er so oft gedacht hatte.
    Küsse auf die Wangen – in Frankreich nichts als eine Form der Begrüßung. Aber dies war mehr.
    Marias Gesicht lachte.
    »Stefan, Stefan – das hätten Sie nicht gedacht, nicht wahr?«
    »Doch«, hörte er sich sagen. Sie hielt ihn noch immer fest.
    »Was heißt doch?«
    »Ich habe davon geträumt. Und jetzt finde ich es so natürlich wie … wie die Sonne.«
    Sie ließ ihn los.
    Es war eine Lüge. Oder vielleicht doch nicht? Wie konnte sich sonst so viel freudige Vertrautheit einstellen, so, als treffe man einen Menschen, dem man sich seit langer Zeit verbunden fühlte.
    »Was ist natürlich?« beharrte sie. Ihre Hand berührte erneut seine

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