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Der Hypnosearzt

Der Hypnosearzt

Titel: Der Hypnosearzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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beiden Händen fest, wie er das immer tat, dann folgte der unvermeidliche Kuß auf die Wangen. »Sag ihm meine Grüße.«
    »Aber klar, Walter, falls er zurück ist. Und danke.«
    Sie schob das Fahrrad zur Garage und ging den Plattenweg hinauf.
    Vom Praxisanbau fiel schräges, durch den Nebel diffuses Licht auf die Rosenbüsche. Christa schloß die Haustür auf, legte ihre Einkäufe auf die kleine Kommode in der Eingangshalle, knipste das Licht an und blickte, ohne zu wissen, warum, in den Spiegel. Dann griff sie mit beiden Händen zum Kopf. Ihr dunkles Haar war feucht – und das Gesicht? Bei Gott, ziemlich mitgenommen siehst du aus.
    Und Stefan?
    In der Praxis brannte Licht. Christa hatte Stefans Wagen nicht gesehen, doch was bedeutete das schon? Sicher hatte er ihn in die Garage gestellt.
    Sie nahm ihre Einkäufe und trug sie in die Küche. Sie sah auf die Uhr. Es war genau neunzehn Uhr fünfundfünfzig, als draußen in der Diele das Telefon läutete. Christa rannte zurück und nahm den Hörer ab. »Praxis Dr. Bergmann.«
    Sie hörte einen keuchenden Atem, dann eine Männerstimme: »Frau Doktor, sind Sie das?«
    »Ja.«
    »Hier spricht Konietzka. Erich Konietzka … Sie kennen mich doch, nicht wahr? Ich bin von der Gemeinde. Wir gehören zum Forstamt … Ich hatte doch diesen Meniskus im letzten Jahr …«
    »Aber sicher kenne ich Sie, Herr Konietzka. Was ist denn?«
    »Schlimm, Frau Doktor … ganz schlimm.«
    »Was ist schlimm?«
    »Da ist ein Unfall passiert. Oben an der Aussichtsplattform, gleich neben dem Rotkranz. Sie kennen doch die Gegend, es ist ja nicht weit von Ihnen. Dort, wo am Feuerwehrfest immer das Radrennen startet.«
    »Aber ja, Herr Konietzka.«
    »Und dann kommt doch diese Kurve am Hang. Da ist einer durch die Leitplanke geschossen, Frau Doktor, 'ne ganz schwere Kiste, ein Jaguar oder so. Der Fahrer ist tot, aber der andere lebt, der noch da drin saß. Er ist bewußtlos. Ich sitze jetzt neben ihm und telefoniere.«
    »Haben Sie irgend etwas festgestellt, Herr Konietzka, Blutungen oder so?«
    »Ne, aber es ist doch schon ziemlich dunkel in dem Mistnebel. Ich hab dem Mann das Hemd aufgemacht und ihn abgeleuchtet. Konnte nichts sehen, gar nichts. Und seine Pumpe klopft auch. Wir haben seinen Oberkörper ein bißchen hochgerichtet und den Gürtel locker gemacht, wie man uns das im Kurs beigebracht hat.«
    »Wir?« fragte Christa.
    »Mein Kollege und ich.«
    »Das haben Sie prima gemacht, Herr Konietzka. Und die Polizei? Weiß die schon Bescheid?«
    »Na klar, Frau Doktor, das war doch das erste. Aber die haben überall Unfälle bei diesem elenden Nebel, 'ne Massenkarambolage auf der Autobahn und alles mögliche. Mit Tempo kommen die sowieso nicht her. Die sagten, sobald sie könnten, wären sie da. Aber das dauert. Das kennt man ja.«
    »Ich schicke meinen Mann«, sagte Christa. »Er fährt gleich los. Den Unfalldienst benachrichtige ich auch. Und noch etwas, Herr Konietzka: Wenn sich bei dem Überlebenden etwas verschlimmern sollte, rufen Sie die Nummer an, die ich Ihnen durchgebe. Haben Sie etwas zum Schreiben?«
    »Ja.«
    Sie gab ihm Stefans Handy-Nummer durch und ging durch den kleinen Korridor, der das Wohnhaus mit der Praxis verband und in dem die Aquarelle hingen, die Stefan bei ihrer letzten Griechenlandfahrt gemalt hatte.
    Die Tür war angelehnt.
    »Stefan!«
    »Ja?«
    Die Antwort kam aus seinem Arbeitszimmer, und dort stand er am Schreibtisch, leicht nach vorn geneigt, beide Hände auf der Tischplatte. Er drehte langsam den Kopf, sah seine Frau an, und sie wußte nicht so recht, ob das, was da um seine Mundwinkel spielte, ein Lächeln werden sollte. Stefan war blaß, die Augenlider waren geschwollen und gerötet. Das Gesicht wirkte noch schmaler als sonst, und die Schlagschatten, die die Schreibtischlampe unter seine Wangenknochen warf, ließen es alt erscheinen.
    Christa hielt den Atem an … Wie soll ein Mann schon aussehen, der gerade die Frau begraben hat, die in seinen Augen seine Mutter war!
    Sie nahm ihn in die Arme.
    »Stefan«, flüsterte sie. »O Stefan.« Und dann: »Mein Armer.«
    Über seine Schultern hinweg sah sie, daß er Rosis Bild in einen Rahmen getan und es neben dem ihren auf dem Schreibtisch aufgestellt hatte. Sie kannte das Foto. Es war an allen Kanten abgenutzt. Jahrelang hatte Stefan es in seiner Brieftasche getragen. Über dem schmalen Holzrahmen hing ein Amulett an einer Kette.
    Stefan ließ seine Frau los und sah sie an. Er wirkte so müde. Und er mußte wohl

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