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Der Hypnosearzt

Der Hypnosearzt

Titel: Der Hypnosearzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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etwas mit dem Meer zu tun hatten, schüttelten die Köpfe. Den meisten ging es dreckig. Aber diese Typen hätten sowieso ihre eigene Tochter oder Großmutter verkauft.
    Paul spuckte ihnen vor die Füße, doch zu Pascal sagte er: »Gut, vielleicht haben sie keinen Charakter. Aber wer hat den heute noch? Gegen das Kapital bist du machtlos.«
    Und genau diesen Satz wollte Pascal nicht akzeptieren. Darum beschloß er weiterzukämpfen. Für das Land, für den Col, für Fabien, seinen Jungen.
    Er spuckte den Zigarillo aus und ging über den Weg zurück zur Mobilette. Den linken Fuß zog er nach. Heute schmerzte ihn seine Hüfte besonders. Er würde sie operieren lassen müssen.
    Die Schatten waren tiefer geworden. So still war es, daß man das Rauschen der Brandung hörte, die gegen die Felsen des Point du Brouis schlug.
    Pascal hatte den Lenker der Mobilette bereits in der Hand, als er sich nochmals umdrehte.
    Was war denn dort mit dem Stein? Herrgott, was war denn das?
    Er ging näher und sah: Ein karminroter Kreis war auf den Felsen gemalt. Rechts und links von dem Kreis gingen zwei Linien ab. ›24‹ stand auf der linken, ›38‹ auf der rechten Seite.
    Pascal hatte keine Ahnung, was die Zahlen bedeuteten.
    Aber das Zeichen kannte er.
    Es war eine Katastermarkierung.
    Und das konnte nur bedeuten, daß das Land bis hier oben, bis fünfzig Meter vor seinem Haus, nun dem Deutschen gehörte.
    Pascal Lombard stand auf dem Kiesplatz vor der alten Volksschule und hatte den Kopf in den Nacken gelegt. Die Fenster im ersten Stock standen offen und waren erleuchtet. Die Dämmerung hatte eingesetzt. Pascal hörte viele Leute durcheinanderreden. Der Kirchenchor hatte eine Probe angesetzt.
    Sein Magen zog sich zusammen. Wie er den Bau haßte!
    Vor drei Wochen noch, am 26. Juni, hatte er selbst dort oben im Saal gestanden, vor sich das halbe Dorf. Pascal wetterte gegen den Deutschen und sein Teufelsprojekt, und sie pfiffen ihn aus. Dann kam Foulier, der Bürgermeister, sprach von Fortschritt, den auch einige Unbelehrbare nicht aufhalten könnten, verwies auf den Reichtum von Saint-Tropez, und als ob das nicht reichte, stand am Schluß sogar noch dieser Gangster von Immobilienhai aus Cavalaire am Pult und redete von den Hunderten von Arbeitsplätzen, die das Projekt garantiere. Wie dieser Jean Amoros, so stand auch der Bürgermeister auf der Gehaltsliste des Deutschen, das verstand sich von selbst.
    Pascal spuckte in den Kies. Jetzt begann auch noch seine Hüfte zu schmerzen. Dazu wurde es immer später, aber er mußte noch zu Picot, und Picots Laden befand sich direkt gegenüber der Volksschule. Was Pascal brauchte, war Draht, um das Loch in seinem Gartenzaun zu flicken. Er hatte nicht darauf geachtet, und so waren die verdammten Wildkaninchen in den Garten gekommen und hatten ihm das ganze Grünzeug abgefressen: Salat, Selleriestauden, die jungen Tomatenpflänzchen, selbst die Petersilie.
    Er stieß die Ladentür auf. Tabakqualm schlug ihm entgegen. Auf der rechten Seite des großen Raumes hatte Picot seine Eisenwaren, links war der Weinausschank. An dem Stehtisch lümmelten sich fünf Gestalten. Picot schenkte vom Faß aus; der Wein stammte von der Genossenschaft und war wirklich nicht übel.
    Das Gespräch verstummte schlagartig. Sie hielten die Gläser fest und starrten. Pascal ging an ihnen vorbei und sah sie noch nicht einmal.
    »Ja ja, die Kaninchen«, sagte Picot. »Kenn ich. Aber das muß ja nicht sein, oder? Was du brauchst, Pascal, das ist plastifizierter Draht, nicht das verzinkte Zeug. Das rostet bei der feuchten Salzluft vom Meer. Und Rost heißt Löcher.«
    Pascal nickte. Er war müde. »Eine Rolle«, sagte er, »nicht mehr, Picot. Eine Rolle von dem plastifizierten Zeug. Einen halben Meter hoch.«
    »Hast du die Mobilette da?«
    »Ja. Die Rolle krieg ich schon drauf.«
    Picot schaltete das Licht ein. Draußen begann es dunkel zu werden.
    »Trinkst du keinen Rouge, Lombard?«
    Pascal warf einen Blick zu dem Tisch dort drüben.
    Es waren drei Fischer und zwei Gemeindearbeiter. Der, der ihn zuvor gegrüßt hatte, gehörte ebenfalls zur Gemeinde. Sie flüsterten, manchmal warfen sie einen Blick zu ihm hinüber. Der Fischer neben dem Waldarbeiter grinste. Er hieß Landet, ein Doppelzentner Fleisch in einem zerlöcherten Pulli. Er hob sein Glas.
    »Glotz nur, Lombard! Ich weiß doch, was mit dir los ist. Willst du deine Hütte auf dem Col auch verkaufen? Oder hat dir der Deutsche schon die Millionen in die Matratze

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