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Der Hypnosearzt

Der Hypnosearzt

Titel: Der Hypnosearzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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immer halb bewußtlos vom Unfallschock, keine andere Sorge hat, als den Arzt, der ihm helfen will, anzuflehen, er möge doch die Papiere, die im Wagen herumliegen, aufsammeln und in Sicherheit bringen.«
    Lindner lehnte den Kopf gegen die Nackenstütze.
    »Ich wollte Sie und Ihre Gattin zum Essen einladen, Herr Bergmann. Ich kenne da ein hübsches Restaurant, in dem man wunderbar essen und sich dabei wunderschön unterhalten kann. Dazu völlig ungestört.«
    »Meine Frau ist bei Freunden, und ich habe noch eine Arbeit zu schreiben.«
    »Aha!«
    »Ja, aha. – Ich warte noch immer auf eine Antwort.«
    »Sie haben den Koffer?«
    »Natürlich habe ich ihn. Sie holen ihn ja gerade ab, oder nicht?«
    »Vielleicht laden Sie mich zu einem Glas ein. Aber um das gleich vorauszuschicken, die Antwort, die Sie erwarten, ist etwas kompliziert.«
    »Ich habe noch ein paar Flaschen Bier im Kühlschrank«, sagte Bergmann. »Wenn es schon so kompliziert ist …«
    Lindner stand am Fenster, das Bierglas in der Hand, stand genau an der Stelle, an der vor zwei Tagen Kommissar Warnke Dr. Bergmann gedrängt hatte, sich doch an die Unglücksnacht zu erinnern, an irgendwelche aufschlußreichen Aussagen von Lindner. Von einem Dokumentenkoffer war nicht die Rede gewesen. Wie auch? Davon hatte Warnke nicht die geringste Ahnung.
    Lindner runzelte die hohe Stirn mit den ungemein edel geschwungenen Brauen über den rauchgrünen Augen. Er starrte Bergmann an.
    »Haben Sie eigentlich je darüber nachgedacht, Herr Bergmann, was Sie so antreibt.«
    »Antreibt?«
    »Ja. Motiviert?«
    »Zu was?«
    »Nun, zu Ihrer Arbeit. Was Sie zum Beispiel dazu bringt, so sonderbare Heilmethoden auszuwählen wie Hypnose?«
    Bergmann war zunächst einmal verblüfft, dann suchte er nach einer Antwort, doch Lindner gab ihm keine Chance. »Wissen Sie, als ich jetzt in diesem Klinikbett lag, hatte ich sehr viel Zeit, über solche Dinge nachzudenken. Ich fand auch eine Antwort: Es ist der Spaß am Leben, sagte ich mir. Es macht einfach unheimlich Freude, Dinge nicht nur zu bewegen, sondern sie auch zu gestalten. Natürlich kommt das eigene Ego noch dazu ins Spiel. Erfolg – das bedeutet in dieser Gesellschaft so etwas wie Identität und Bestätigung.«
    »So?«
    Bergmann betrachtete seine Fingernägel. Da wären wir also wieder bei seinem Lieblingsthema, dachte er, dem einzigartigen und unverwechselbaren Thomas Lindner.
    »Was mich antreibt, Doktor, wirkt manchmal wie eine Art Fieber. Dann nehme ich meine Umgebung kaum mehr wahr, dann gibt es nichts anderes, das mich beschäftigt oder beeindruckt, dann kenne ich nur das eine, das Ziel.«
    »Ein richtiger Banker!«
    Über derartige Ironie ging Lindner hinweg.
    »In der Klinik jedoch wurde mir klar: Du hast dich getäuscht. Es ist etwas anderes, im Grunde ist es genau das Entgegengesetzte.«
    »Und was?«
    »Der Tod, Doktor.«
    Lindner hatte die Stimme wieder zu einem dramatischen Flüstern gesenkt. »Ja, der Tod. Das Wissen, es existiert für dich nur ein winziges Jetzt, und die Zeitspanne, die man uns gibt, diese paar lächerlichen Jahre sind nichts als ein einziger großer Betrug. Es ist der Betrug, den das Leben an uns verübt, Herr Bergmann, und er besteht darin, daß in einer lächerlichen Handvoll Zeit die einzige Chance liegen soll, die uns gegeben ist. Das ist es! Das sitzt uns allen im Nacken. Und das treibt uns auch über alle Hürden. Ich brauch' doch nur an diesen armen Rudi zu denken.«
    »Rudi?«
    »Rudi Steinmann, mein Fahrer. Netter Kerl. Kam von der Bundeswehr, wollte studieren – und dann …«
    Bergmann hob die Flasche, und Lindner kam an den Tisch, ließ sich das Glas nachfüllen. Auch Bergmann trank einen Schluck. Er wischte sich über den Mund und sah Lindner an.
    »Es ist das erste Mal, daß wir über ihn sprechen. Ist Ihnen das eigentlich klar?«
    »Wirklich?« Lindner zuckte lahm mit den Schultern: »Rudi Steinmann …« sagte er. »Na ja …«
    Na ja, dachte Bergmann. Und: Mehr ist wohl für Rudi nicht drin.
    Er stand auf, verließ den Raum, ging in die Praxis hinüber und ins Kabuff, schloß den Schrank auf und holte den Koffer heraus.
    Die Tür des Wohnzimmers stand noch immer offen. Stefan trug den Koffer in den Raum. Lindner sah ihm entgegen. Eine seiner Brauen bewegte sich – nur wenig, beinahe unmerklich.
    Als Stefan den Koffer auf den Tisch stellte, klopfte Lindner leicht mit den Knöcheln der rechten Hand gegen das Leder und warf einen Blick auf die arretierten goldenen Schlösser.
    Dann

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