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Der Hypnosearzt

Der Hypnosearzt

Titel: Der Hypnosearzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verlaufen sei.
    »Wie schon?«
    Er führte sie zum Sessel.
    Sie setzte sich und wiederholte: »Wie schon, Herr Doktor? Sie war ja gar nicht mehr bei Bewußtsein. Und sie sah schrecklich aus! Ich konnte sie kaum erkennen. Durch ihren Darmkrebs hatte sie derartige Schmerzen, hat mir die Schwester erzählt, daß sie ihr fortwährend Morphium geben mußten.«
    Stefan nickte. Er sah wieder Rosis Gesicht vor sich, dort im Wohnzimmer in der Mühlbachstraße.
    »Ich kenne das. Glauben Sie mir, ich weiß, wie so was ist.«
    »Nun hat er es auch bei ihr geschafft«, hörte er Annemie sagen.
    »Wie bitte?«
    »Zuerst ich – jetzt sie.«
    »Oskar?«
    »Dieser Mann. Für mich hat er keinen Namen. Für mich ist er das Schwein. Aber Schweine wie ihn gibt's wohl überall. Die laufen zu Tausenden herum, finden Sie nicht?«
    Er legte seine Hand auf ihre Schulter. »Annemie, regen Sie sich nicht auf. Was Sie jetzt brauchen, ist ein bißchen Ruhe.«
    »Und wo soll ich die hernehmen?«
    Er zog seinen Stuhl heran und nahm vor ihr Platz. »Das werden wir sehen.«
    »Er hat nicht nur meine Mutter umgebracht, das wurde mir gestern im Krankenhaus klar. So richtig habe ich Ihnen ja noch gar nicht erzählt, was sie alles mitgemacht hat, nachdem mein Vater tot war und Oskar kam.«
    »Das brauchen Sie auch nicht. Viel wichtiger für uns ist, daß Sie sich entspannen, daß Sie ganz ruhig sind.«
    »Zuerst ich«, wiederholte sie. »Sie haben es doch selbst gesehen. Ich lauf nur noch herum, aber innerlich bin ich tot, schon lange.«
    Ihr Körper lag schlaff in dem schwarzen Ledersessel. Die Augenlider waren angeschwollen und zitterten leicht. Sie war noch keinen Meter von Stefan entfernt. Sie blickte zu dem Bild mit der Brücke hoch, aber er wußte, sie tat es, um seinen Augen auszuweichen.
    »Annemie«, sagte er weich, »Sie sind ganz schön lebendig.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das sieht nur so aus, Herr Doktor. Ich bin tot. Sie wissen das so gut wie ich … Sie wissen, was aus mir geworden ist …«
    Die Situation war nicht unkritisch. Annemie war im Begriff, in einen neuen zerstörerischen Gefühlsschub hineinzugeraten. Der Besuch bei ihrer Mutter hatte die Depressionen noch verstärkt, dazu kam die Identitätskrise, in der sie sich zweifellos befand. Ihre Orientierung, ihr ganzes Selbstwertgefühl waren mit ihrem beruflichen Erfolg verbunden. Den hatte man ihr genommen.
    »Hören Sie zu, Annemie, bitte. Ich sehe etwas ganz anderes. Soll ich Ihnen sagen, was ich sehe? Eine junge tüchtige Frau, die nicht nur uns, sondern auch vielen anderen geholfen hat. Jetzt hat sie ein paar seelische Schwierigkeiten. Na und?«
    »Schwierigkeiten? Ich bin arbeitsunfähig. Ich schlottere und schwitze wie eine Alkoholikerin; ich habe Alpträume, Depressionen.«
    »Sie haben Depressionen, ja. Die haben andere auch, und sie gehen vorbei. Sie haben keine endogene Depression, nichts, das ihr Körper ausgelöst hat, Annemie. Darauf kommt es an. Deshalb werden wir damit fertig werden. Sie werden sehen.«
    Das Gesicht vor ihm blieb leblos, schlaff, so unbewegt wie zuvor. Was Stefan sagte, waren die in solchen Situationen notwendigen Worte. Sie kamen ihm inhaltslos vor, und während er sich sprechen hörte, sortierte sein Gehirn Alternativen in der Therapie. Vorsichtig vorgehen? Er konnte in der Hypnose behutsam, Schritt für Schritt, die traumatischen Erfahrungen auflösen und statt dessen neue, positive Erfahrungen setzen, doch ob das anhalten würde? Nun, die Behandlung würde sich ohnehin über einen längeren Zeitraum erstrecken. Es kam lediglich darauf an, immer wieder die neuen positiven Stimulationen zu verstärken – aber in Annemie Markwarts Fall?
    Sie stand vor dem Ausbruch einer Krise, dessen war Stefan sicher. Er konnte dem zuvorkommen. Er konnte eine Art Crash-Programm wagen. Konnte? Er mußte es!
    »Ich bin am Ende, Herr Doktor. Wirklich, ich bin am Ende. Glauben Sie mir …«
    Was du mußt, entschied Bergmann, ist, ihr die Angst nehmen – und das gründlich.
    »Ich kann so nicht weiterleben. Ich will es auch nicht.«
    Es klang nicht weinerlich, sondern klar und bestimmt, als würde Annemie ein Bilanzergebnis bekanntgeben.
    »O doch, Sie können. Und Sie können es heute noch. Wir werden das schaffen.«
    Sie sah ihn ungläubig an. »Mit der Hypnose?«
    Stefan Bergmann nickte.
    Im Grunde blieb es immer dasselbe: Er hatte ein Theater aufzubauen. Die Stücke, die in diesem Theater gespielt wurden, waren oft nicht nur ungeheuerlich, sondern auch absurd

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