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Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören

Titel: Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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Hypnosesitzung mit Charlotte durchzulesen. Es war leicht zu erkennen, warum es so gekommen war: Ich hatte Druck gemacht und nur das Ziel im Auge gehabt. Es war ein klassischer Fehler, und ich hätte es besser wissen müssen. Eigentlich war ich viel zu erfahren, um einen solchen Fehler zu machen. Es hatte keinen Sinn, eine Patientin zu zwingen, etwas zu sehen, was sie absolut nicht sehen wollte. Charlotte war in den Raum gegangen, hatte aber nicht den Blick heben wollen. Das hätte mir reichen müssen, es war schon mutig genug gewesen.
    Ich zog den Arztkittel an, desinfizierte meine Hände und dachte über die Gruppe nach. Ich war ein wenig unzufrieden mit Pierres Rolle in ihr, sie war etwas undeutlich. Er lief oft Sibel oder Lydia hinterher, konnte sich gut ausdrücken und scherzte gern, verhielt sich in den Hypnosesituationen jedoch ausgesprochen passiv. Er war Friseur, offen homosexuell und wollte Schauspieler werden. Nach außen lebte er ein völlig funktionierendes Leben – außer einem sich regelmäßig wiederholenden Detail. Über Ostern machte er jedes Jahr eine Pauschalreise mit seiner Mutter. Am Reiseziel schlossen die beiden sich in sein Hotelzimmer ein, betranken sich und schliefen miteinander. Was seine Mutter nicht wusste: Nach jeder dieser Reisen bekam Pierre schwere Depressionen mit wiederkehrenden Selbstmordversuchen.
    Ich wollte meine Patienten nicht unter Druck setzen, sie sollten selbst entscheiden, ob sie etwas erzählen wollten.
    Es klopfte an die Tür. Noch ehe ich reagieren konnte, wurde sie geöffnet, und Eva Blau trat ein. Sie warf mir einen seltsamen Blick zu, als versuchte sie zu lächeln, ohne einen Gesichtsmuskel zu bewegen.
    »Nein, danke«, sagte sie plötzlich. »Du brauchst mich nicht zum Souper auszuführen, ich habe schon gegessen. Charlotte ist ein wunderbarer Mensch, sie kocht für mich, Portionen für die ganze Woche, die ich mir einfriere.«
    »Das ist wirklich nett von ihr«, sagte ich.
    »Sie erkauft sich mein Schweigen«, erklärte Eva kryptisch und stellte sich hinter den Stuhl, auf dem am Vortag Maja gesessen hatte.
    »Möchtest du mir vielleicht erzählen, warum du gekommen bist, Eva?«
    »Jedenfalls nicht um an deinem Schwanz zu lutschen, nur dass du es weißt.«
    »Du musst nicht weiter in die Hypnosegruppe gehen«, sagte ich ruhig.
    Sie schlug die Augen nieder.
    »Ich wusste, dass du mich hasst«, murmelte sie.
    »Nein, Eva, ich sage nur, dass niemand dich zwingt, ein Teil dieser Gruppe zu sein. Manche Menschen wollen nicht hypnotisiert werden, andere sind nicht wirklich empfänglich dafür, obwohl sie es wirklich wollen, und wieder andere …«
    »Du hasst mich«, unterbrach sie mich.
    »Ich sage nur, dass du nicht in dieser Gruppe bleiben kannst, wenn du nicht hypnotisiert werden willst.«
    »Das habe ich nicht gewollt«, sagte sie. »Aber du darfst mir nicht deinen Schwanz in den Mund stecken.«
    »Hör auf damit«, sagte ich.
    »Entschuldige«, flüsterte sie und zog etwas aus der Tasche. »Sieh mal, das schenke ich dir.«
    Ich nahm den Gegenstand entgegen. Es war eine Fotografie. Das Bild zeigte Benjamin bei seiner Taufe.
    »Süß, nicht wahr«, sagte sie stolz.
    Mein Herz pochte schnell und hart.
    »Wo hast du das her?«, fragte ich.
    »Das ist mein kleines Geheimnis.«
    »Antworte mir, Eva, woher hast du dieses …«
    Sie fiel mir in einem neckischen Ton ins Wort:
    »Steck deine Nase nicht in Dinge, die dich nichts angehen.«
    Ich betrachtete erneut die Aufnahme. Sie stammte aus Benjamins Fotoalbum. Ich erkannte sie sofort. Auf der Rückseite sah man sogar noch die Rückstände des Leims, mit dem wir das Foto eingeklebt hatten. Ich zwang mich, ruhig zu sprechen, obwohl der Puls in den Schläfen hämmerte.
    »Ich möchte, dass du mir erzählst, wie du zu dem Bild gekommen bist.«
    Sie setzte sich auf die Couch, knöpfte sachlich ihre Bluse auf und zeigte mir ihre Brüste.
    »Steck deinen Schwanz rein«, sagte sie, »dann bist du hoffentlich endlich zufrieden.«
    »Du bist bei mir zu Hause gewesen«, sagte ich.
    »Du bist bei mir zu Hause gewesen«, antwortete sie trotzig. »Du hast mich gezwungen, die Tür zu öffnen …«
    »Eva, ich habe versucht, dich zu hypnotisieren, das ist etwas anderes als ein Einbruch.«
    »Ich bin nicht eingebrochen«, entgegnete sie schnell.
    »Du hast unser Fenster eingeschlagen …«
    »Der Stein hat das Fenster eingeschlagen.«
    Ich fühlte mich ganz matt und spürte, dass ich kurz davor stand, die Fassung zu verlieren und

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