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Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören

Titel: Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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ganz allein noch
einmal von vorn an.
     
    Evelyn lässt die Jalousien herunter und umarmt sich selbst. Erik legt den Brief auf den Tisch und steht auf. Josef ist in seinem Elternhaus, schießt es ihm durch den Kopf. So muss es sein. Wenn er das Fotoalbum mit dem Brief in den Karton legen konnte, muss er dort sein.
    »Josef ist in sein Elternhaus zurückgekehrt«, sagt Erik.
    »Wo soll er auch sonst wohnen?«, erwidert Evelyn leise.
    Joona steht schon mit dem Handy in der Küche und spricht mit dem diensthabenden Beamten in der Einsatzzentrale.
    »Evelyn, hast du eine Idee, wie Josef es schaffen konnte, sich vor der Polizei zu verstecken?«, fragt Erik. »In eurem Haus wird seit fast einer Woche der Tatort untersucht.«
    »Der Keller«, antwortet Evelyn und blickt auf.
    »Was ist mit dem Keller?«
    »Es gibt da so einen seltsamen Raum.«
    »Er ist im Keller«, ruft Erik in die Küche.
    Im Telefon hört Joona das langsame Klappern einer Tastatur.
    »Der Verdächtige hält sich vermutlich im Keller auf«, sagt Joona.
    »Warte mal kurz«, sagt der diensthabende Beamte am Telefon. »Ich muss …«
    »Es ist dringend«, unterbricht Joona ihn.
    Nach einer Pause spricht der Diensthabende ganz ruhig weiter:
    »Für dieselbe Adresse ist vor zwei Minuten Alarm ausgelöst worden.«
    »Was sagst du da? Für den Gärdesvägen 8 in Tumba?«, fragt Joona.
    »Ja«, antwortet sein Kollege. »Die Nachbarn haben angerufen und gesagt, es wäre jemand im Haus.«

27.
     
    Sonntagmorgen, der dreizehnte Dezember,
Luciafest
     
     
     
     
    Kennet Sträng bleibt stehen und lauscht, ehe er langsam zur Treppe weitergeht. Er hält die Pistole dicht am Körper mit dem Lauf nach unten. Aus der Küche fällt Tageslicht in den Flur. ­Simone folgt ihrem Vater und denkt, dass Familie Eks Haus sie an das Haus erinnert, in dem Erik und sie wohnten, als Benjamin klein war.
    Es knarrt irgendwo – im Fußboden oder in den Wänden.
    »Ist das Josef?«, flüstert Simone.
    Die Taschenlampe, die Pläne und das Brecheisen führen dazu, dass ihre Hände sich ganz taub anfühlen. Das Einbruchswerkzeug ist fast schon unerträglich schwer.
    Es ist vollkommen still im Haus. Das Geräusch von vorhin, das Knacken, hat aufgehört.
    Kennet deutet mit einer Kopfbewegung an, dass sie in den Keller gehen sollen. Simone nickt, obwohl jeder Muskel in ihrem Körper sie davor warnt.
    Den Plänen zufolge ist der beste Platz für ein Versteck zweifellos der Keller. Kennet hat auf dem Plan markiert, wie der Platz für die alte Ölheizung verlängert werden und einen kaum erkennbaren Raum schaffen könnte. Der andere Ort, den Kennet auf dem Grundriss markiert hat, ist der hinterste Teil des Dachbodens.
    Neben der Kiefernholztreppe in die obere Etage gibt es eine schmale türlose Öffnung. An der Wand sitzen noch die kleinen Scharnierhaken einer Treppensicherung. Die Eisentreppe in den Keller sieht nach Eigenbau aus, die Schweißnähte sind wulstig und groß und die Treppenstufen mit dickem, grauem Filz verkleidet.
    Als Kennet auf den Lichtschalter drückt, passiert nichts, er drückt noch einmal, aber die Lampe ist kaputt.
    »Bleib hier«, sagt er leise.
    Simone spürt einen kurzen Schub nackter Angst. Ein schwerer staubiger Geruch, der sie an große Fahrzeuge denken lässt, strömt herauf.
    »Gib mir die Taschenlampe«, sagt Kennet und streckt die Hand aus.
    Simone reicht sie ihm. Er lächelt kurz, nimmt ihr die Lampe ab, schaltet sie ein und steigt vorsichtig hinunter.
    »Hallo?«, ruft Kennet barsch. »Josef? Ich muss mit dir reden.«
    Im Keller bleibt es still. Kein Klappern, kein Atmen.
    Simone packt das Brecheisen fester und wartet.
    Der Lichtkegel der Taschenlampe beleuchtet fast ausschließlich die Wände und die Decke über der Treppe. Die Dunkelheit im Keller bleibt kompakt. Kennet geht weiter hinunter, und das Licht fängt einzelne Gegenstände ein: eine weiße Plastiktüte, ein Reflektorband an einem alten Kinderwagen, die Glasscheibe eines gerahmten Filmplakats.
    »Ich glaube, ich kann dir helfen«, sagt Kennet leiser.
    Er ist am Fuß der Treppe angekommen und leuchtet mit seiner Taschenlampe in alle Ecken, um sich zu vergewissern, dass Josef nicht in einem Versteck auf ihn lauert. Der enge Lichtkreis gleitet über Fußboden und Wände, hüpft über ganz nahe Dinge und wirft schiefe, schwingende Schatten. Anschließend beginnt Kennet noch einmal von vorn und durchsucht mit Hilfe der Taschenlampe ruhig und systematisch den Raum.
    Simone geht die Treppe hinunter.

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