Der Idiot
zeigte!
Solcher Hohn und Spott uns gegenüber, der Familie Jepantschin
gegenüber! Und alles um Iwan Fjodorowitschs willen, alles um
Ihretwillen, Iwan Fjodorowitsch! Ach, warum sind wir nicht nach Jelagin 1 gegangen;
ich sagte ja, wir sollten nach Jelagin ziehen! Den Brief hat vielleicht
Warja geschrieben, denke ich mir, oder vielleicht ... Aber an allem, an
allem ist Iwan Fjodorowitsch schuld! Diesen Streich neulich hat ihm
diese Kreatur in Erinnerung an ihre früheren Beziehungen gespielt, um
ihn zu blamieren, gerade wie sie sich früher über den Dummkopf lustig
machte und ihn an der Nase herumführte, als er ihr noch Perlen schenkte
... Und nun werden wir schließlich auch noch mit hineingezogen, Ihre
Töchter werden mit hineingezogen, Iwan Fjodorowitsch, junge Damen, die
zur besten Gesellschaft gehören und in heiratsfähigem Alter stehen; die
sind da mit dabei gewesen, haben dabeigestanden, haben alles
mitangehört; und auch bei der Geschichte mit den dummen Burschen sind
sie zugegen gewesen (freuen Sie sich doch!), auch da sind sie dabei
gewesen und haben zugehört! Ich werde das diesem Menschen, dem Fürsten,
nicht verzeihen; nein, niemals werde ich ihm das verzeihen! Und warum
ist Aglaja drei Tage lang so nervös gewesen, warum hat sie sich mit
ihren Schwestern gezankt, sogar mit Alexandra, der sie sonst immer wie
einer Mutter die Hände geküßt hat – so hat sie sie verehrt? Warum gibt
sie seit drei Tagen uns allen Rätsel auf? Was hat das mit Gawrila
Iwolgin zu bedeuten? Warum hat sie es sich gestern und heute angelegen
sein lassen, Gawrila Iwolgin zu loben, und dabei geweint? Warum wird in
diesem anonymen Brief dieser verdammte ›arme Ritter‹ erwähnt, während
sie den Brief, den sie vom Fürsten bekommen hatte, nicht einmal ihren
Schwestern gezeigt hat? Und warum ... weshalb, weshalb bin ich jetzt
wie eine Verrückte zu ihm hingerannt und habe ihn selbst hierher
geschleppt? O Gott, ich habe wohl den Verstand verloren, daß ich so
etwas anrichte! Mit einem jungen Mann von den Geheimnissen meiner
Tochter zu reden, und noch dazu ... noch dazu von solchen Geheimnissen,
die beinah ihn selbst betreffen! O Gott, es ist noch ein Glück, daß er
ein Idiot und ... und ... ein Freund unseres Hauses ist! Aber hat sich
Aglaja denn wirklich in einen solchen verdrehten Menschen verlieben
können! O Gott, was fasele ich da! Pfui! Wir sind die reinen Originale;
man müßte uns alle unter Glas ausstellen, mich zuerst, für zehn Kopeken
Entree. Das werde ich Ihnen nicht verzeihen, Iwan Fjodorowitsch;
niemals werde ich Ihnen das verzeihen! Und warum nimmt sie ihn sich
jetzt nicht gehörig vor? Sie hatte gesagt, daß sie das tun wolle, und
nun tut sie es nicht! Da, da, sie sieht ihn mit weitgeöffneten Augen
an, schweigt, geht nicht weg, bleibt da, und dabei hatte sie ihm doch
selbst verboten herzukommen ... Er sitzt ganz blaß da. Und dieser
verdammte, verdammte Schwätzer Jewgeni Pawlowitsch hat das ganze
Gespräch an sich gerissen! Sieh mal, wie ihm das Mundwerk geht; keinen
andern läßt er zu Wort kommen. Ich würde alles sofort erfahren, wenn
ich nur die Rede darauf bringen könnte ...«
Der Fürst saß tatsächlich ganz blaß an dem runden Tisch und schien
sich gleichzeitig in großer Angst und für Augenblicke in einem ihm
selbst unbegreiflichen Wonnerausch zu befinden, der seine Seele
ergriffen hatte. Oh, wie er sich fürchtete, nach jener Seite
hinzusehen, nach jenem Winkel, von wo zwei wohlbekannte schwarze Augen
beharrlich auf ihn gerichtet waren, und wie er gleichzeitig fast
verging vor Glückseligkeit darüber, daß er hier wieder unter ihnen saß
und die wohlbekannte Stimme hörte – trotz allem, was sie ihm
geschrieben hatte! »O Gott, was wird sie jetzt sagen!« Er selbst hatte
noch kein einziges Wort gesprochen und hörte mit Anstrengung dem
unaufhaltsam redenden Jewgeni Pawlowitsch zu, der sich selten in so
zufriedener, angeregter Stimmung befunden hatte wie jetzt an diesem
Abend. Der Fürst hörte ihn lange reden und verstand kaum ein Wort.
Außer Iwan Fjodorowitsch, der noch nicht aus Petersburg zurückgekehrt
war, waren alle vollzählig versammelt. Fürst Schtsch. war ebenfalls
anwesend. Wie es schien, hatten sie sich versammelt, um nach einem
Weilchen, vor dem Tee, zum Konzert zu gehen. Das jetzige Gespräch war
offenbar schon vor der Ankunft des Fürsten in Gang gekommen. Bald
darauf schlüpfte auch Kolja in die Veranda herein, ohne daß man gewußt
hätte, von wo er kam. »Also wird er hier
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