Der Idiot
sondern ich würde für ihn sozusagen sogar mein Leben hingeben
... übrigens nein, ich will nicht übertreiben, das Leben nicht; aber
wenn es sich darum handelte, etwa ein Fieber oder ein Geschwür oder
sogar einen Husten zu ertragen, so bin ich, weiß Gott, bereit, das zu
tun, vorausgesetzt, daß es sehr nötig ist; denn ich halte ihn für einen
bedeutenden, aber heruntergekommenen Menschen! So steht es; also es
handelt sich nicht nur um Geld!«
»Also Geld geben Sie ihm?«
»N-nein, Geld habe ich ihm nicht gegeben, und er weiß selbst, daß
ich ihm keines geben werde; aber das geschieht einzig und allein, um
ihn an Enthaltsamkeit zu gewöhnen und ihn zu bessern. Jetzt hat er sich
an mich gehängt, um mit mir nach Petersburg zu fahren; ich fahre
nämlich nach Petersburg, um Herrn Ferdyschtschenko abzufassen, solange
die Fährte noch warm ist; denn ich weiß sicher, daß er schon dort ist.
Mein General kocht nur so vor Entrüstung; aber ich vermute, daß er sich
in Petersburg von mir wegschleichen wird, um die Hauptmannsfrau zu
besuchen. Ich gestehe, ich will ihn sogar absichtlich von mir weggehen
lassen, und wir haben auch schon verabredet, bei der Ankunft in
Petersburg uns sogleich zu trennen und nach verschiedenen Seiten zu
gehen, um Herrn Ferdyschtschenko leichter zu fangen. In dieser Weise
werde ich ihn also von mir weggehen lassen und ihn dann plötzlich wie
ein Blitz aus heiterem Himmel bei der Hauptmannsfrau überraschen ...
eigentlich um ihn als Familienvater und, allgemein gesagt, als Menschen
zu beschämen.«
»Führen Sie nur keinen Skandal herbei, Lebedjew, um Gottes willen keinen Skandal!« sagte der Fürst halblaut in starker Unruhe.
»O nein, mein Zweck ist ja nur, ihn zu beschämen und zu sehen, was
er für ein Gesicht macht; denn aus dem Gesicht kann man auf vieles
schließen, hochgeehrter Fürst, und besonders bei einem solchen
Menschen! Ach, Fürst! Obgleich mein eigener Schade groß ist, kann ich
doch auch jetzt nicht umhin, an ihn und an die Besserung seiner Moral
zu denken. Ich habe eine außerordentliche Bitte an Sie, hochgeehrter
Fürst; ich bekenne sogar, daß ich eigentlich nur deswegen hergekommen
bin: Sie sind schon mit seiner Familie bekannt und haben dort sogar
schon gewohnt; wenn also Sie, hochgeehrter Fürst, sich entschließen
wollten, mir hierbei zu helfen, eigentlich nur um des Generals und
seines Glückes willen ...«
Lebedjew faltete sogar die Hände wie beim Gebet.
»Was meinen Sie denn? Wie soll ich denn helfen? Seien Sie überzeugt, daß ich lebhaft wünsche, Sie ganz zu verstehen, Lebedjew!«
»Einzig und allein in dieser Überzeugung bin ich ja auch zu Ihnen
gekommen! Man könnte durch Nina Alexandrowna auf ihn einwirken, indem
man Seine Exzellenz im Schoß seiner eigenen Familie beständig
beobachtet und ihm sozusagen auf den Fersen bleibt. Ich selbst bin
unglücklicherweise dort nicht bekannt ... Und außerdem könnte da auch
Nikolai Ardalionowitsch vielleicht mithelfen, der Sie sozusagen mit
allen Fibern seiner jungen Seele vergöttert ...«
»N-nein ... Nina Alexandrowna dürfen wir in diese Sache nicht
hineinziehen, um Gottes willen nicht! Und Kolja ebensowenig ... Ich
verstehe Sie übrigens vielleicht noch nicht ganz, Lebedjew.«
»Aber es ist ja dabei eigentlich gar nichts zu verstehen!« rief
Lebedjew und sprang sogar ein wenig auf seinem Stuhl in die Höhe.
»Gefühlvolle und zarte Behandlung, das ist die einzige Arznei für
unsern Kranken. Sie erlauben mir wohl, Fürst, ihn für einen Kranken
anzusehen?« »Das zeugt sogar von Ihrem Zartgefühl und von Ihrem
Verstand.«
»Ich möchte es Ihnen durch ein Beispiel klarmachen, das ich der
Deutlichkeit wegen aus der Praxis entnehme. Sehen Sie, was das für ein
Mensch ist: da hat er nun jetzt eine Schwäche für diese Hauptmannsfrau,
bei der er sich ohne Geld nicht blicken lassen darf, und bei der ich
ihn heute zu seinem eigenen Besten abzufassen beabsichtige; aber nehmen
wir an, er habe nicht nur dieses Verhältnis mit der Hauptmannsfrau,
sondern er begehe ein wirkliches Verbrechen, irgendeine unehrenhafte
Handlung (wiewohl er einer solchen durchaus nicht fähig ist), so
behaupte ich, man könnte auch dann einzig und allein durch edelmütige,
zarte Behandlung, um mich so auszudrücken, bei ihm alles erreichen;
denn er ist ein gefühlvoller Mensch! Glauben Sie mir, er würde es nicht
fünf Tage lang aushalten, sondern in Tränen ausbrechen und alles
bekennen, und besonders wenn die Familie und Sie sozusagen
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