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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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und die ganze Gestalt wurde
auf der Schwelle sichtbar; aber der Besucher trat noch nicht herein,
sondern fuhr von der Schwelle aus fort, den Fürsten mit
zusammengekniffenen Augen zu mustern. Endlich machte er die Tür hinter
sich zu, trat näher, setzte sich auf einen Stuhl, ergriff den Fürsten
kräftig bei der Hand und zog ihn, sich schräg gegenüber, auf das Sofa
nieder. »Mein Name ist Ferdyschtschenko«, sagte er, indem er dem
Fürsten unverwandt und forschend ins Gesicht blickte.
    »Nun, und?« antwortete der Fürst beinahe lachend.
    »Ich bin hier Untermieter«, fuhr Ferdyschtschenko fort, ihn wie vorher anstarrend.
    »Wünschen Sie mit mir bekannt zu werden?«
    »Ach was!« brummte der Gast, wühlte sich in den Haaren, seufzte und blickte in die entgegengesetzte Ecke.
    »Haben Sie Geld?« fragte er plötzlich, sich zum Fürsten hinwendend.
    »Nur wenig.«
    »Also wieviel?«
    »Fünfundzwanzig Rubel.«
    »Zeigen Sie mal her!«
    Der Fürst zog den Fünfundzwanzigrubelschein aus der Westentasche und
reichte ihn Ferdyschtschenko hin. Dieser faltete ihn auseinander, besah
ihn, drehte ihn dann auf die andere Seite und hielt ihn gegen das Licht.
    »Es ist doch recht merkwürdig«, sagte er wie in Nachdenken
versunken; »woher werden sie nur so braun? Diese
Fünfundzwanzigrubelscheine werden manchmal schrecklich braun, während
andere im Gegenteil ganz ausbleichen. Da, nehmen Sie!«
    Der Fürst nahm seine Banknote zurück. Ferdyschtschenko stand von seinem Stuhl auf.
    »Ich bin gekommen, um Sie zu warnen: Erstens, leihen Sie mir niemals Geld; denn ich werde Sie unfehlbar darum bitten.«
    »Gut.«
    »Beabsichtigen Sie, hier zu bezahlen?«
    »Allerdings.«
    »Ich beabsichtige es nicht; fällt mir nicht ein. Ich wohne hier
rechts von Ihnen, die erste Tür; haben Sie gesehen? Geben Sie sich
nicht zu oft die Mühe, mich zu besuchen; ich werde schon zu Ihnen
kommen; da können Sie unbesorgt sein. Haben Sie den General schon
gesehen?«
    »Nein.«
    »Auch noch nicht gehört?«
    »Natürlich nicht.«
    »Na, Sie werden ihn ja noch zu sehen und zu hören bekommen; der
versucht sogar, mich anzupumpen! Avis au lecteur! Leben Sie wohl! Kann
man etwa leben, wenn man Ferdyschtschenko heißt? Wie?«
    »Warum denn nicht?«
    »Adieu!«
    Er ging zur Tür. Der Fürst erfuhr später, daß dieser Herr es sich
gewissermaßen zur pflichtmäßigen Aufgabe gemacht habe, alle Leute durch
seine Originalität und Spaßhaftigkeit in Erstaunen zu versetzen, daß
ihm das aber so gut wie nie gelang. Auf manche machte er sogar einen
recht unangenehmen Eindruck, was ihm ein wirklicher Schmerz war; indes
wurde er seiner Aufgabe darum doch nicht untreu. In der Tür gelang es
ihm noch, eine besondere Leistung hinzuzufügen: er stieß nämlich dort
auf einen eintretenden Herrn, ließ diesen neuen, dem Fürsten noch
unbekannten Gast an sich vorbei ins Zimmer gehen und zwinkerte hinter
dessen Rücken ein paarmal warnend nach ihm hin. So erreichte er doch
noch einen effektvollen Abgang.
    Der neue Herr war von hohem Wuchs, etwa fünfundfünfzig Jahre alt
oder noch etwas darüber, ziemlich wohlbeleibt, mit einem purpurroten,
fleischigen, aufgedunsenen Gesicht, das von einem dichten grauen
Backenbart umrahmt war, mit einem Schnurrbart und großen, stark
hervorstehenden Augen. Seine Erscheinung wäre recht stattlich gewesen,
wenn sie nicht etwas Nachlässiges, Verlebtes und sogar Unsauberes
gehabt hätte. Er trug einen alten, an den Ellbogen beinah schon
durchgestoßenen Oberrock; auch seine Wäsche war schmutzig; außerhalb
des Hauses konnte er sich so nicht sehen lassen. Um ihn herum roch es
ein wenig nach Schnaps; aber sein Benehmen war eindrucksvoll, wiewohl
etwas studiert und offenbar veranlaßt von dem leidenschaftlichen
Wunsch, durch Würde zu imponieren. Der Herr näherte sich dem Fürsten
langsam mit einem freundlichen Lächeln, ergriff schweigend seine Hand,
die er dann in der seinigen behielt, und blickte ihm eine Weile ins
Gesicht, wie wenn er wohlbekannte Züge darin wiederfände.
    »Er ist es! Er ist es!« sprach er leise, aber in feierlichem Ton.
»Als stände er leibhaftig vor mir! Ich hörte, wie da mehrmals ein mir
bekannter, teurer Name genannt wurde, und erinnerte mich an die
unwiederbringlich dahingeschwundene Vergangenheit ... Sie sind Fürst
Myschkin?«
    »Ganz richtig.«
    »General a.D. Iwolgin, ein unglücklicher Mensch. Darf ich um Ihren Vornamen und Vatersnamen bitten?«
    »Ljow Nikolajewitsch.«
    »Es stimmt, es stimmt! Der Sohn

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