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Der Idiot

Der Idiot

Titel: Der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor Michailowitsch Dostojewski
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meines Freundes und, ich kann wohl sagen, meines Spielkameraden Nikolai Petrowitsch!«
    »Mein Vater hieß Nikolai Lwowitsch.«
    »Lwowitsch«, verbesserte sich der General, aber nicht etwa eilig,
sondern mit vollständigem Selbstbewußtsein, als ob er den richtigen
Namen keineswegs vergessen, sondern sich nur zufällig versprochen
hätte. Er setzte sich, ergriff auch den Fürsten bei der Hand und
nötigte ihn, sich neben ihn zu setzen. »Ich habe Sie auf meinen Armen
getragen.«
    »In der Tat?« fragte der Fürst. »Mein Vater ist schon seit zwanzig Jahren tot.«
    »Ja, seit zwanzig Jahren, seit zwanzig Jahren und drei Monaten. Wir
haben zusammen die Schule besucht; ich ging dann gleich von der Schule
zum Militär.«
    »Mein Vater war ebenfalls beim Militär; er war Leutnant im Wasilkowschen Regiment.«
    »Im Bjelomirschen. Seine Versetzung in das Bjelomirsche Regiment
erfolgte ganz kurz vor seinem Tod. Ich stand ebenfalls dort und erwies
ihm die letzte Ehre. Ihre Mutter ...«
    Der General hielt inne, wie von einer traurigen Erinnerung überwältigt.
    »Auch sie«, sagte der Fürst, »starb ein halbes Jahr darauf infolge einer Erkältung.«
    »Nicht infolge einer Erkältung. Nicht infolge einer Erkältung,
glauben Sie einem alten Mann! Ich war am Ort und bin bei ihrer
Beerdigung zugegen gewesen. Vor Gram um ihren Fürsten ist sie
gestorben, nicht infolge einer Erkältung. Ja, auch die Fürstin ist mir
unvergeßlich! Oh Jugend, Jugend! Um ihretwillen wären der Fürst und
ich, obgleich wir seit unserer Kindheit die besten Freunde gewesen
waren, beinahe aneinander zu Mördern geworden.«
    Der Fürst begann mit einigem Mißtrauen zuzuhören.
    »Ich war in Ihre Mutter leidenschaftlich verliebt, als sie schon
Braut war, die Braut meines Freundes. Der Fürst bemerkte das und war
darüber höchst betroffen. Eines Morgens (es war noch nicht sieben Uhr)
kommt er zu mir und weckt mich. Erstaunt ziehe ich mich an; Schweigen
von beiden Seiten; ich begreife alles. Er zieht zwei Pistolen aus der
Tasche. Übers Taschentuch. Ohne Zeugen. Wozu brauchten wir Zeugen, wenn
wir einander in fünf Minuten in die Ewigkeit befördern wollten? Wir
luden, zogen das Taschentuch auseinander, stellten uns ordnungsgemäß
hin, setzten uns gegenseitig die Pistolen aufs Herz und sahen einander
ins Gesicht. Plötzlich stürzen uns beiden die Tränen stromweise aus den
Augen, und die Hände fangen uns an zu zittern. Beiden, beiden
gleichzeitig! Na, da folgten nun natürlich Umarmungen und
beiderseitiger Wettstreit im Edelmut. Der Fürst rief: ›Sie sei dein!‹
Ich rief: ›Sie sei dein!‹ Mit einem Wort ... mit einem Wort ... Sie
wollen bei uns wohnen ... bei uns wohnen?«
    »Ja, vielleicht, für einige Zeit«, antwortete der Fürst, etwas stockend.
    »Fürst, Mama läßt Sie zu sich bitten«, rief Kolja, der durch die Tür hereinblickte.
    Der Fürst wollte aufstehen, um hinzugehen; aber der General legte
ihm die rechte Hand auf die Schulter und drückte ihn freundschaftlich
wieder auf das Sofa nieder.
    »Als aufrichtiger Freund Ihres Vaters möchte ich Sie im voraus auf
einiges aufmerksam machen«, sagte der General. »Ich für meine Person
habe, wie Sie selbst sehen, unter einer tragischen Katastrophe
gelitten; aber ohne Gericht und Urteil, ohne Gericht und Urteil! Nina
Alexandrowna ist eine vortreffliche Frau, und meine Tochter Warwara
Ardalionowna eine vortreffliche Tochter! Durch die Verhältnisse
gezwungen, vermieten wir Zimmer – ein unerhörter Niedergang der
Familie! So muß es mir gehen, der ich hätte Generalgouverneur werden
müssen ...! Aber das Zusammensein mit Ihnen wird uns immer eine Freude
sein. Inzwischen spielt sich hier in meinem Haus eine schlimme Tragödie
ab!«
    Der Fürst blickte ihn fragend und mit großer Neugier an.
    »Es ist eine Heirat im Werke, eine Heirat, wie sie selten vorkommt.
Die Heirat eines zweideutigen Frauenzimmers und eines jungen Mannes,
welcher Kammerjunker sein könnte. Dieses Weib soll in das Haus geführt
werden, in dem meine Tochter und meine Frau leben! Aber solange ich
atme, wird sie es nicht betreten! Ich werde mich auf die Schwelle
legen; mag sie über mich hinwegschreiten ...! Mit Ganja rede ich jetzt
fast gar nicht; ich vermeide es sogar, mit ihm zusammenzutreffen. Ich
teile Ihnen das absichtlich vorher mit; wenn Sie bei uns wohnen, werden
Sie ja doch ohnedies Zeuge dieser Vorgänge werden. Aber Sie sind der
Sohn meines Freundes, und ich bin zu der Hoffnung berechtigt ...«
    »Tun Sie mir doch

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