Der Idiot
und darauf änderte sie
sofort ihr ganzes Benehmen. Sie üben auf sie einen gewaltigen Einfluß
aus, Fürst«, fügte Warja mit einem leisen Lächeln hinzu.
Die Tür öffnete sich, und ganz unerwartet trat Ganja ein.
Er wurde in seinem Entschluß nicht einmal wankend, als er Warja
erblickte; nachdem er eine kleine Weile auf der Schwelle gestanden
hatte, ging er entschlossen auf den Fürsten los.
»Fürst, ich habe mich unwürdig benommen; verzeihen Sie mir, liebster Freund!« sagte er mit wahrer Empfindung.
Seine Gesichtszüge drückten einen starken Schmerz aus. Der Fürst sah ihn erstaunt an und antwortete nicht sogleich.
»Nun, verzeihen Sie mir doch, verzeihen Sie mir doch!« drängte Ganja
ungeduldig. »Wenn Sie es verlangen, küsse ich Ihnen sofort die Hand!«
Der Fürst war außerordentlich überrascht und umarmte Ganja schweigend. Beide küßten einander herzlich.
»Ich hätte nie, nie gedacht, daß Sie ein solcher Mensch sind«, sagte
der Fürst endlich, nur mühsam Atem holend. »Ich meinte, Sie seien ...
dessen nicht fähig.«
»Einer Bitte um Verzeihung ...? Wie bin ich nur heute dazu gekommen,
Sie für einen Idioten zu halten! Sie bemerken vieles, was andere
Menschen niemals beachten. Ich könnte mit Ihnen etwas besprechen; aber
... es ist doch wohl besser, wenn ich es nicht tue!«
»Da ist noch jemand, bei dem Sie sich entschuldigen sollten«, sagte der Fürst, auf Warja weisend.
»Nein, die sind nun einmal meine Feinde. Glauben Sie mir, Fürst, ich
habe oft versucht, unser Verhältnis zu bessern; aber aufrichtige
Verzeihung sucht man da vergebens!« rief Ganja heftig.
Er wandte sich von Warja ab, so daß er ihr die Seite zukehrte.
»Nicht doch, ich verzeihe dir«, sagte Warja plötzlich.
»Und wirst du heute abend zu Nastasja Filippowna kommen?«
»Wenn du es verlangst, werde ich hinkommen; aber überlege selbst, ob
ich nach dem Vorgefallenen überhaupt eine Möglichkeit habe, dort zu
erscheinen.«
»Sie ist ja doch nicht so, wie sie sich gab. Du siehst ja, sie will einem immer Rätsel aufgeben! Spiegelfechterei!«
Ganja lächelte boshaft.
»Ich weiß selbst, daß sie nicht so ist und daß sie Spiegelfechterei
treibt; aber was für welche! Und dann bedenke noch eines, Ganja: wofür
hält sie dich selbst? Mag auch vieles an ihrem Benehmen nur
Spiegelfechterei sein, und mag sie auch Mama die Hand geküßt haben:
aber sie hat sich doch über dich lustig gemacht! Das wird durch die
fünfundsiebzigtausend Rubel nicht aufgewogen, Bruder, wahrhaftig nicht!
Du bist noch anständiger Empfindungen fähig; darum sage ich dir das.
Fahre du doch auch selbst nicht hin! Hüte dich vor ihr! Das kann nicht
gut ausgehen!«
Nach diesen Worten verließ Warja schnell in großer Aufregung das Zimmer.
»So sind meine Mutter und meine Schwester immer!« sagte Ganja
lächelnd. »Ob sie wirklich denken, daß ich das nicht auch selbst weiß?
Ich weiß es sogar weit besser als sie.«
Als Ganja das gesagt hatte, setzte er sich auf das Sofa mit dem offensichtlichen Wunsch, seinen Besuch noch länger auszudehnen.
»Wenn Sie das selbst wissen«, fragte der Fürst recht schüchtern,
»warum haben Sie sich dann zu einer solchen Marter entschlossen, von
der Sie selbst glauben, daß sie durch fünfundsiebzigtausend Rubel
tatsächlich nicht aufgewogen wird?«
»Davon möchte ich nicht reden«, murmelte Ganja. »Aber apropos, sagen
Sie mir doch, wie Sie selbst darüber denken; ich möchte gern Ihre
Meinung darüber kennenlernen: wird diese ›Marter‹ durch
fünfundsiebzigtausend Rubel aufgewogen oder nicht?«
»Meiner Ansicht nach nicht.«
»Nun, das ließ sich denken. Und unter solchen Umständen zu heiraten, muß man sich schämen?«
»Allerdings, sehr.«
»Nun, dann mögen Sie wissen, daß ich sie heiraten werde, jetzt ganz
sicher. Vorhin war ich noch schwankend, aber jetzt nicht mehr. Sagen
Sie kein Wort! Ich weiß, was Sie sagen wollen ...«
»Ich will nicht über denjenigen Punkt reden, von dem Sie annehmen,
daß ich mich über ihn äußern wolle; ich wundere mich nur über Ihre
außerordentliche Zuversicht ...«
»Zuversicht worauf? Was für eine Zuversicht?«
»Daß Nastasja Filippowna Sie bestimmt heiraten wird und die ganze
Sache bereits feststeht, und zweitens, auch wenn sie Ihre Frau werden
sollte, daß die fünfundsiebzigtausend Rubel dann so ohne weiteres
geradeswegs in Ihre Tasche gelangen werden. Übrigens ist mir natürlich
vieles von den Verhältnissen nicht bekannt.«
Ganja machte eine
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