Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
haben, aber ein paar Typen haben Ihnen applaudiert, und ein paar andere wollten Sie fertigmachen. Aber Sie waren es ganz bestimmt.«
»Sie müssen sich irren«, antwortete Kendrick im Weitergehen. Gütiger Himmel, dachte er, die Leute vom Kabelfernsehen haben sich aber beeilt, diese Stegreif-Pressekonferenz zu senden... Seit er das Büro verlassen hatte, waren kaum anderthalb Stunden vergangen; die hatten es wirklich eilig gehabt. Er wußte, daß die Kabelleute ständig Material brauchten, um ihre Sendezeit zu füllen, aber warum gerade mit ihm, obwohl in Washington unzählige Neuigkeiten herumschwirrten? Was ihn eigentlich beunruhigte und störte, war eine Feststellung, die der junge Tobias gemacht hatte, als Kendrick erst ein paar Tage auf dem Kapitol gewesen war. »Das Kabelfernsehen macht einen Reifeprozeß durch, Herr Abgeordneter, und wir können daraus Kapital schlagen. Für die großen Sender sind Sie vielleicht nicht interessant genug, aber sie durchforschen die Kabelprogramme nach allem, was irgendwie aus dem Rahmen fällt. Wir können Situationen schaffen, nach denen die K-Jungs wie nach einem Köder schnappen, und meiner Meinung nach,
Mr. Kendrick, werden Ihr Aussehen und Ihre manchmal ein bißchen schrägen Bemerkungen...«
»Dann wollen wir doch nie den Fehler machen, die K-Jungs zu rufen, Mr. Tobias, nicht wahr?« Der Einwurf hatte auf den Assistenten eine niederschmetternde Wirkung, und es versöhnte ihn nur unvollkommen, als Kendrick ihm versicherte, sein Nachfolger werde bestimmt viel kooperativer sein. Es war ihm damals ernst gewesen; und es war ihm jetzt ernst, er fürchtete jedoch, daß es möglicherweise zu spät war.
Er ging ins Madison-Hotel zurück, das nur eine Kreuzung entfernt war und in dem er die Sonntagnacht verbracht hatte – deshalb verbracht hatte, weil er geistesgegenwärtig genug war, in seinem Haus in Virginia anzurufen und zu fragen, ob sich sein Auftritt in der Foxley-Show daheim irgendwie unangenehm auswirke.
»Nur wenn wir telefonieren wollen, Evan«, hatte Dr. Sabri Hassan auf arabisch gesagt, dessen sie sich aus verschiedenen Gründen bedienten. »Das Telefon klingelt ununterbrochen.«
»Dann bleibe ich in der Stadt. Ich weiß noch nicht, wo, aber ich gebe dir Bescheid.«
»Warum willst du dir die Mühe machen?« hatte Sabri gefragt. »Du wirst nämlich kaum durchkommen. Ich bin überrascht, daß es dir jetzt gelungen ist.«
»Nun ja, falls Manny anruft...«
»Warum rufst du ihn nicht selber an und sagst ihm, wo du bist, damit ich nicht lügen muß. Die Journalisten in dieser Stadt lauern ja nur darauf, einen Araber bei einer Lüge zu ertappen. Dann fallen sie über uns her. Die Israelis können behaupten, daß weiß schwarz oder süß sauer ist, und ihre Lobby überzeugt den Kongreß, daß es nur zu ihrem Besten sei. Bei uns ist das anders.«
»Komm, laß das, Sabri...«
»Wir müssen dich verlassen, Evan. Wir schaden dir nur, wir werden dir schaden.«
»Was, zum Teufel, meinst du?«
»Kashi und ich haben uns heute vormittag das Programm angesehen. Du warst sehr eindrucksvoll, mein Freund.«
»Wir reden später darüber.« Kendrick hatte den Nachmittag vor dem Fernseher verbracht, sich ein Baseballspiel angesehen und Whisky getrunken. Um halb sieben hatte er die Nachrichten eingeschaltet, einen Sender nach dem anderen, aber immer
wieder nur sich selbst in kurzen Ausschnitten aus der Foxley-Show zu sehen bekommen. Angewidert hatte er auf ein Kulturprogramm umgeschaltet, in dem ein Film über die Paarungsgewohnheiten der Wale in der Nähe der Küste von Tierra Fuego lief. Er war erstaunt, dann schlief er ein.
Heute hatte ihm sein Instinkt gesagt, er solle den Zimmerschlüssel nicht an der Rezeption abgeben, so daß er jetzt zu den Aufzügen laufen konnte, ohne durch die Halle gehen zu müssen. In seinem Zimmer zog er sich bis auf den Slip aus und legte sich aufs Bett. Und ob es nun Symptom eines unterdrückten Ego oder reine Neugier war, er griff nach der Fernbedienung und holte sich den Kanal mit den Kabel-Nachrichten herein. Sieben Minuten später sah er sich selbst beim Verlassen seines Büros.
»Meine Damen und Herren«, lautete der Kommentar, »Sie waren eben Zeugen der ungewöhnlichsten Pressekonferenz, die Ihr Reporter je erlebte. Sie war nicht nur ungewöhnlich, sondern auch ungewöhnlich einseitig. Dieser in seiner ersten Legislaturperiode amtierende Kongreßabgeordnete aus Colorado hat Themen von offensichtlich nationaler Bedeutung aufgeworfen,
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