Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
nicht für mich. Ich werde sie nie vergessen. Sie war wirklich erstaunlich.«
»Ebenso wie Ihr Ersuchen, sich heute abend mit Mr. Bollinger zu treffen«, sagte einer der beiden offiziellen Assistenten, die nebeneinander auf einem Sofa saßen. »Wir wissen natürlich alle, daß es in Chicago eine Bewegung gibt, die den Vizepräsidenten herausfordern will, haben jedoch erfahren, daß das möglicherweise gar nicht mit Ihrer Billigung geschieht. Ist das richtig, Herr Abgeordneter?«
»Wie ich dem Vizepräsidenten schon heute nachmittag am Telefon erklärte, habe ich erst vor einer Woche von der Sache erfahren. Nein, ich billige diesen – Feldzug nicht. Ich habe andere Pläne ins Auge gefaßt, die mir kein weiteres politisches Engagement erlauben.«
»Warum erklären Sie dann nicht ganz einfach, daß Sie für
eine Kandidatur nicht zur Verfügung stehen?« fragte der zweite Beamte, der auf demselben Sofa saß.
»Tja, ich schätze, die Dinge sind nie so einfach, wie wir sie gern hätten, nicht wahr? Es wäre glatte Heuchelei, wenn ich behaupten wollte, daß ich mich nicht geschmeichelt fühle, und in den letzten fünf Tagen haben meine Leute reichlich Wahlpropaganda betrieben, regional und bei den Parteispitzen. Sie meinten, daß ich durchaus Chancen hätte.«
»Aber Sie haben doch eben noch gesagt, Sie hätten andere Pläne«, mischte sich ein schwergewichtiger Mann in grauer Flanellhose mit goldgeknöpftem marineblauem Blazer ein – kein Beamter der Regierung.
»Ich glaube, ich habe gesagt, daß ich andere Pläne, andere Interessen ins Auge gefaßt habe. Noch ist nichts definitiv.«
»Um was geht es Ihnen eigentlich, Herr Abgeordneter?« fragte der Beamte, der Kendrick vorgeschlagen hatte, er solle erklären, daß er für eine Kandidatur nicht zur Verfügung stehe.
»Es könnte doch etwas sein, das der Vizepräsident und ich untereinander ausmachen müssen, wäre das nicht möglich?«
»Das sind meine Leute«, sagte Bollinger salbungsvoll und gütig lächelnd.
»Ich verstehe, Sir, aber meine Leute sind nicht hier, um mich – vielleicht zu leiten.«
»Sie sehen mir ganz und gar nicht so aus wie jemand, der sich viel sagen – oder sich leiten läßt«, meinte ein kleiner, stämmiger ›Berater‹ aus einem riesigen Ledersessel, in dem er buchstäblich fast verschwand. »Und wenn man Sie hört, hat man eigentlich denselben Eindruck. Ich habe Sie im Fernsehen gesehen. Sie haben da ein paar sehr ausgeprägte Ansichten geäußert.«
»Die könnte ich genausowenig ändern wie ein Zebra seine Streifen.«
»Sind Sie Pferdehändler?« fragte ein dritter ›Berater‹, ein großer, schlaksiger Mann mit am Hals offenem Hemd und dunkel gebräuntem Gesicht.
»Ich handle mit gar nichts«, widersprach Kendrick energisch. »Ich versuche eine Situation zu erklären, die unklar ist und meiner Meinung nach unbedingt geklärt werden sollte.«
»Nur immer mit der Ruhe, junger Mann, kein Grund zur Aufregung«, sagte Bollinger ernst und sah seinen sonnenverbrannten
>Berater< stirnrunzelnd an. »Niemand will Sie beleidigen. Nun, welche Situation wollen Sie geklärt sehen?«
»Die Oman-Krise. Maskat und Bahrein. Der eigentliche Grund, warum man mich für ein höheres politisches Amt vorgeschlagen hat.« Plötzlich merkte man allen an, daß sie dachten, sie würden jetzt etwas zu hören bekommen, das dem Oman-Mythos den Gnadenstoß versetzte, dem potentiellen Kandidaten den Boden unter den Füßen wegzog. Alle Blicke waren auf ihn gerichtet. »Ich bin nach Maskat gegangen«, fuhr Kendrick fort, »weil ich wußte, wer der Drahtzieher hinter den palästinensischen Terroristen war. Er hat die gleiche Taktik bei mir angewendet, meine Firma ruiniert und mich um Millionen gebracht.«
»Dann waren Sie also auf Rache aus?« fragte der dicke Berater in dem marineblauen Blazer mit Goldknöpfen.
»Rache, zum Teufel damit, ich wollte meine Firma wiederhaben, will sie heute noch. Es ist nur eine Frage der Zeit – keiner sehr langen Zeit -, dann gehe ich so schnell wie möglich wieder hinüber, um zu retten, was noch zu retten ist, und mich dafür schadlos zu halten, daß mir damals so viele schöne Millionen entgangen sind.«
Der vierte Berater, ein Mann mit blühendem Gesicht und unverkennbar Bostoner Akzent, beugte sich vor. »Sie wollen in’n Nahen Osten zurück?«
»Nein, in die Staaten am Persischen Golf, das ist ein großer Unterschied. Die Emirate, Bahrein, Katar, Dubai sind weder Libanon noch Syrien und schon gar nicht
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