Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
leg los, als ob dich eben die Patriots aufgestellt hätten!«
»Nein, ya schaikh«, schrie Achmad, »als ob ich eben vom Oman aufgestellt worden wäre! Das sind die Feinde meines Volkes!«
»Jetzt!« brüllte Kendrick, als er und der muskulöse junge Herrscher gegen die Gestalten vor ihnen prallten, mit den Schultern und den ausgebreiteten Armen die kreischenden Terroristen in den Kreis der Soldaten hineintrieben. Der Kordon brach auseinander! Der Angriff auf die beiden Kistenstapel war geglückt, und Evan und Achmad tauchten unter Beinen in Pumphosen und um sich schlagenden Armen hindurch, zu den Metallbändern hinunter, und arbeiteten wie besessen mit den Zangen. Die Bänder platzten, und die Kisten krachten herunter, als wären sie von innen explodiert. Das Gewicht und die Kraft von hundert Angreifern trugen noch dazu bei. Überall lösten sich Holzleisten, und wo nicht, rissen wahnsinnige Hände sie auseinander. Dann fielen die Terroristen über die Kisten her wie ein hungriger Heuschreckenschwarm über junges Laub, rissen Waffen aus den Styroporverpackungen heraus und warfen sie ihren Brüdern zu, unter wildem Geschrei, und türmten die großen Schachteln aufeinander, die Särgen immer ähnlicher wurden.
Gleichzeitig hievten die Palästinenser von der West Bank Munitionskisten um den eingestürzten Todesberg herum, den der Verkäufer des Todes, Abdel Hamendi, geliefert hatte. Die Gewehre waren verschieden, alle Typen und Größen waren
vertreten, und wurden mit wilder Begeisterung allesamt aus den Transporthüllen gezerrt. Viele wußten nicht, welche Munition zu welchem Gewehr gehörte, aber andere, vor allem die Gäste aus dem Baaka-Tal, wußten Bescheid und zeigten es ihren weniger gebildeten Brüdern aus dem Südjemen.
Das erste Maschinengewehr, das im Triumph von der Spitze der Schachtelpyramide aus abgefeuert wurde, pustete dem Schützen das Gesicht weg. Mitten in einem Stakkato von Geräuschen gingen andere Gewehre los; hundertfach war nur ein nutzloses Klicken zu hören, aber zugleich auch dutzendweise Explosionen, bei denen Köpfe, Arme und Hände weggerissen wurden.
Die Hysterie steigerte sich. Die Terroristen warfen voller Entsetzen die Waffen weg, andere rissen mit bloßen Händen und mit jedem Werkzeug, das sich auftreiben ließ, die nicht markierten Kisten auf. Es war so, wie es der junge Sultan des Oman vorhergesagt hatte. Waffen und Zubehör wurden über die ganze Pier geschleppt, aus den Kisten und Styroporverpakkungen gerissen – und vorgeführt, damit alle sie sehen konnten. Während jedes einzelne Stück untersucht wurde, tobte die Menge immer wilder, aber nicht mehr im Triumph, sondern in tierischer Wut. Zu den Stücken gehörten Nachtsichtferngläser mit eingeschlagenen Linsen, Strickleitern mit beschädigten Seilen, Enterhaken ohne Spitzen, durchlöcherte Sauerstofftanks für Taucher; Flammenwerfer mit zerquetschten Düsen, die dafür sorgen würden, daß jeder, der sie bediente, sofort verbrannte, und jeder im Umkreis von dreißig Metern dazu; Raketen ohne Sprengköpfe und außerdem Landungsboote, die hochgehalten wurden, um der Menge zu zeigen, wo sie aufgeschlitzt worden waren. Bei jedem Beispiel geriet die Menge in einen neuen Wutanfall über den Verrat.
In dem ganzen Chaos wand sich Evan durch die von Hysterie gebeutelten Leiber bis zu dem Lagerhaus hindurch. Er preßte den Rücken gegen die Mauer und schlich sich bis auf drei Schritte Entfernung an die offenstehenden Türen heran. Der weißgekleidete Hamendi schrie auf arabisch, er werde für den Schaden aufkommen; seine Feinde und die Feinde Südjemens in Bahrein, die dafür verantwortlich seien, müßten mit dem Leben dafür bezahlen, und zwar alle! Bei seinen Protesten bekamen die Männer, an die er sich wandte, vor Mißtrauen schmale Augen.
Und dann tauchte ein Mann in einem dunklen, konservativen Nadelstreifenanzug auf, kam um die Ecke des Lagerhauses herum, und Kendrick erstarrte. Es war Crayton Grinell, Anwalt und Leiter der Regierung innerhalb der Regierung. Nachdem der erste Schock sich gelegt hatte, fragte sich Kendrick, warum ihn das überhaupt überraschte. Wohin sollte sich Grinell denn flüchten, wenn nicht in den Mittelpunkt des internationalen Netzes der Waffenhändler? Das war seine letzte, einzige Zuflucht. Der Anwalt sprach kurz mit Hamendi, der Grinells Worte sofort übersetzte und erklärte, sein Partner habe schon mit Bahrein gesprochen und erfahren, was geschehen sei. Es waren die Juden! rief er aus.
Weitere Kostenlose Bücher