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Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan

Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan

Titel: Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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forschend.
    Kendrick wandte den Kopf und sah seinen Ankläger an. »Die hättest du vielleicht auch, wenn dein Großvater Europäer gewesen wäre. Hätte mir daran gelegen, sie wegen solcher Dummköpfe, wie du einer bist, dunkel zu färben, hätte ich nur ein paar Tropfen einer bestimmten Flüssigkeit hineinträufeln müssen, und schon hätte ich wenigstens eine Woche lang dunkle Augen gehabt. Natürlich hast du von solchen Tricks keine Ahnung.«
    »Dir fehlen die Worte wohl nie, was?« sagte der Sergeant oder Anführer. »Lügner werfen mit Worten um sich, denn sie kosten nichts.«
    »Höchstens das Leben«, antwortete Kendrick und schaute einem nach dem anderen ins Gesicht. »Und ich habe nicht die Absicht, es zu verlieren.«
    »Dann hast du also Angst zu sterben?« fragte der gepflegt aussehende Halbwüchsige mit der beschmutzten Hose.
    »Du selbst hast diese Frage für mich beantwortet. Ich fürchte den Tod nicht – das sollte keiner von uns -, aber ich habe Angst, die Aufgabe nicht vollenden zu können, die man mir anvertraut hat. Das fürchte ich – um unserer heiligen Sache willen.«
    »Schon wieder Worte«, sagte gepreßt der Möchtegern, der den Anführer spielte; er war wütend, weil mehrere Gefangene dem seltsam aussehenden Euro-Araber mit der flinken Zunge aufmerksam zuhörten. »Was für eine Aufgabe sollst du hier in Maskat vollenden? Warum klärst du uns nicht auf, erleuchtet uns nicht, wenn wir so dumm sind?«
    »Mein Auftrag lautet, nur mit ganz bestimmten Leuten darüber zu sprechen.«
    »Ich denke, du solltest mit mir sprechen«, sagte der Sergeant – jetzt mehr Sergeant als Vorarbeiter – und machte einen drohenden Schritt auf Kendrick zu. »Wir kennen dich nicht, aber du kennst uns vielleicht. Dadurch bist du uns gegenüber im Vorteil, und das gefällt mir nicht.«
    »Und mir geht deine Dummheit auf die Nerven«, entgegnete Kendrick, gestikulierte mit beiden Händen, zeigte mit der einen auf sein rechtes Ohr, mit der anderen auf die Männer bei der
Tür, die ständig in Bewegung waren, ununterbrochen schwatzten. »Kapierst du denn nicht? Man könnte dich hören! Jetzt wirst du doch zugeben, daß du ein Dummkopf bist.«
    »O ja, wir alle sind es, Herr.« Der Sergeant – jetzt endgültig ein Sergeant – wandte den Kopf und sah zu einer Gestalt hinüber, die in der Menge verborgen blieb. Kendrick versuchte dem Blick des Mannes zu folgen und entdeckte, da er alle anderen überragte, am anderen Ende der Halle eine Reihe offener Toiletten. Einige waren besetzt, und die dort Beschäftigten verfolgten die Vorgänge in der Halle mit großem Interesse. Andere Häftlinge liefen neugierig und nervös zwischen der lauten Gruppe an der Tür und der anderen hin und her, die sich um den neuen Gefangenen drängte. »Aber, großer Vorsitzender«, fuhr der untersetzte Terrorist höhnisch fort, »wir haben Methoden, um unsere Dummheit zu überwinden. Das solltest du so minderwertigen Menschen wie uns schon zutrauen.«
    »Wem ich wann etwas zutraue, bleibt wohl mir überlassen...«
    »In unserem Fall nicht!« Plötzlich riß der Fanatiker den linken Arm in die Höhe. Es war ein Signal, und wie auf ein Stichwort schwollen die Stimmen der Männer um Kendrick an, vereinten sich zu einem islamischen Choral, weitere Stimmen fielen ein, und andere folgten, bis das ganze Gefängnis zu dröhnen schien. Mehr als fünfzig Eiferer kreischten wie von Sinnen die Lobgesänge der sonderbaren Stationen hinaus, die in Allahs väterliche Arme führten. Und dann geschah es. Sie lechzten nach einem Opfer.
    Sie fielen über Kendrick her, rammten ihm die Fäuste in den Magen und ins Gesicht. Er konnte nicht schreien – klauenartige Finger hielten ihm den Mund zu, zerrten an seinen Lippen, bis er glaubte, sie würden ihm abgerissen. Er litt qualvolle Schmerzen. Und dann waren seine Lippen plötzlich wieder frei, sein Mund noch halbwegs an Ort und Stelle. »Sag uns, wer du bist!« schrie der Sergeant Kendrick gellend ins Ohr. »Aus welchem Ort der Hölle bist du hervorgekrochen?«
    »Ich bin, wer ich bin!« schrie Kendrick mit verzerrtem Gesicht und versuchte so lange wie möglich durchzuhalten. Er war überzeugt, die Araber zu kennen, glaubte, daß der Augenblick kommen müsse, in dem aus Respekt vor dem Tod eines
Feindes ein paar Sekunden vollkommener Stille eintreten würden, ehe man ihn tötete. Sie würden ihm genügen. Der Islam hatte Ehrfurcht vor dem Tod – dem eines Freundes und dem eines Gegners. Er brauchte diese

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