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Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan

Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan

Titel: Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Sekunden. Er mußte die Wachen informieren. Großer Gott, sie brachten ihn um! Eine Faust schlug unbarmherzig auf seine Hoden ein... Wann, wann hörten sie endlich auf, gönnten ihm die kostbaren Augenblicke?
    Plötzlich erschien über ihm eine verschwommene Gestalt, bückte sich, betrachtete ihn eingehend. Wieder krachte eine Faust in seine linke Niere, doch kein Schmerzensschrei kam über seine Lippen. Er durfte nicht schreien.
    »Halt!« rief irgendwo hoch über ihm eine Stimme. »Reißt ihm das Hemd herunter. Laßt mich seinen Hals sehen! Dort hat er angeblich ein Mal, das er nicht abwaschen kann.«
    Kendrick fühlte, wie ihm der Stoff von der Brust gerissen wurde, sein Atem wurde flach, denn er wußte, daß es jetzt mit ihm zu Ende war. Er hatte keine Narbe am Hals.
    »Es ist Amal Bahrudi«, erklärte der Mann über ihm. Kendrick, fast schon ohne Bewußtsein, hörte die Worte und konnte sie nicht fassen.
    »Was suchst du?« fragte der Sergeant-Anführer wütend.
    »Etwas, das es nicht gibt«, erklärte der Mann über Kendrick. »In ganz Europa gilt die Narbe an Amal Bahrudis Hals als unveränderliches Kennzeichen. Den Behörden wurde ein Foto zugespielt, auf dem das Gesicht zwar nur verschwommen, die Narbe am Hals, die von einem Messer stammt, jedoch sehr deutlich zu sehen ist. Es ist Amal Bahrudi – ohne jeden Zweifel, erfuhr die Polizei. Es war seine beste Tarnung, eine unglaublich geschickte Irreführung.«
    »Du machst mich ganz irre!« rief der untersetzte Mann, der neben Kendrick kauerte. Seine Stimme ging in dem mißtönenden Singsang seiner Mithäftlinge fast unter. »Was für eine Tarnung? Was für eine Narbe?«
    »Eine Narbe, die es nie gab, ein Kennzeichen, das nie existierte. Und alle suchen danach. Das ist Bahrudi, der blauäugige, der stumm die schlimmsten Schmerzen ertragen kann, der ›Getreue‹, der sich in den Hauptstädten des Westens völlig unauffällig und unbemerkt bewegen kann, weil sein europäischer Großvater ihm die richtigen Gene vererbt hat. Man muß in Oman erfahren haben, daß er hierher unterwegs ist, und trotzdem
wird man sich morgen früh zweifellos tausendmal bei ihm entschuldigen und ihn wieder entlassen. Denn, wie du siehst, hat er keine Narbe am Hals.«
    Trotz des Nebels vor seinen Augen, trotz der furchtbaren Schmerzen, die ihn peinigten, wußte Kendrick, daß er jetzt reagieren mußte. Es war der richtige Moment. Er zwang sich, die brennenden Lippen zu einem Lächeln zu verziehen, und seine hellen Augen konzentrierten sich auf die verschwommene Gestalt über ihm. »Ein vernünftiger Mann.« Er hustete, das Sprechen war eine Qual. »Bitte hilf mir auf, und schaff die Kerle weg, bevor ich sie alle in die Hölle befördern lasse.«
    Der Unbekannte streckte die Hand aus. »Laßt ihn aufstehen«, sagte er.
    »Nein!« brüllte der Sergeant, fiel auf die Knie und packte Kendrick bei den Schultern. »Du redest sinnloses Zeug. Wegen einer Narbe, die es nicht gibt, ist er der, der zu sein er behauptet? Wo ist denn da der Sinn, frage ich dich?«
    »Mir kann er nichts vormachen, sollte er lügen, merke ich es«, antwortete die Gestalt über Kendrick, die allmählich festere und deutlichere Umrisse annahm. Das hagere Gesicht war das eines Mannes Anfang der Zwanzig; er hatte hohe Backenknochen, leidenschaftliche und intelligente dunkle Augen und eine schmale, gerade Nase. Er war schlank, fast mager, aber seine Körper- und seine Kopfhaltung verrieten Kraft. Seine Halsmuskeln traten hervor. »Laß ihn aufstehen«, wiederholte er gelassen, aber in einem Befehlston, dem sich keiner widersetzen konnte. »Und sag den anderen, sie sollen aufhören zu singen – nicht alle zugleich, sondern nach und nach, verstehst du? – und dann wieder miteinander reden. Alles muß ganz normal wirken, dazu gehören auch eure ewigen Streitereien, aber die kommen von selbst, eigens auffordern muß man euch da nicht.«
    Der wütende Sergeant versetzte Kendrick noch einen letzten Stoß, der so heftig war, daß seine Schulterwunde weiter aufplatzte und das Blut wieder zu strömen begann. Nachdem er seinem Unmut auf diese Weise Luft gemacht hatte, trottete der Terrorist mürrisch zu den anderen und gab die Befehle des schlanken jungen Mannes weiter.
    »Danke«, sagte Kendrick, nach Atem ringend. Zitternd richtete er sich auf die Knie auf und zuckte bei jeder Bewegung vor Schmerz zusammen. Gesicht und Körper waren voller blauer
Flecke und Blutergüsse, an einigen Stellen war die Haut aufgeplatzt – er hatte

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