Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
deine Konferenz, großer Macker.«
»Der Wagen wird langsamer!« rief Yosef, als der Fahrer leicht bremste, weil er in eine steil abfallende Kurve einfuhr.
»Wir müssen raus«, sagte Kendrick. »Sofort. Unten im Tal sind bestimmt Soldaten. Schnell! Wir müssen auf der Anhöhe bleiben. Unbedingt. Wieder heraufzusteigen, schaffen wir nie.«
»Die Tür!« rief Asra. »Sie ist draußen garantiert zusätzlich mit einem Vorhängeschloß gesichert.«
»Keine Ahnung«, log Kendrick, der sich genau an das Scenario hielt. Aus zwei Platten der Türfüllung waren mehrere Nieten entfernt und ein paar gelockert worden. »Ich bin hier noch nie verhaftet worden. Aber das macht nichts. Die Tür ist aus vernietetem Eisenblech. Wenn wir uns zu viert dagegenwerfen, könnten wir einen Teil heraussprengen. Und zwar die mittlere Platte. Sie ist die schwächste.« Kendrick packte den Jungen mit der Hasenscharte bei der Schulter und zog ihn auf seine linke Seite. »Also los, wilder Mann. Wirf dich dagegen, als wolltest du die Klagemauer zum Einsturz bringen. Alle vier zugleich. Jetzt!«
»Wartet!« Asra hechtete durch den Wagen nach hinten. »Die Waffe!« rief er, hob die MAC-10-Maschinenpistole auf und hängte sie sich mit dem Lauf nach unten über die Schulter. »Jetzt los«, sagte er, zu den anderen zurückkehrend.
»Miteinander!« schrie Kendrick.
Die vier Häftlinge prallten gegen die mittlere Türplatte, als der Wagen, über Felsbrocken holpernd, schwankend die abfallende Kurve nahm. Das Metall gab nach, wölbte sich nach außen, die Nietnähte platzten auf, Mondlicht fiel durch die klaffenden Spalten.
»Noch einmal!« schrie Yosef, fanatisches Feuer im Blick.
»Denkt dran!« befahl der Mann, der für sie jetzt endgültig Amal Bahrudi war. »Wenn wir durchbrechen, geht in die Hocke, sobald ihr den Boden berührt. Wir können keine Verletzten brauchen.«
Noch einmal rannten sie gegen die nur noch an wenigen Nieten hängende Platte an, die jetzt endgültig nachgab. Das Metallstück flog in hohem Bogen hinaus, die vier Männer sprangen hinterher und landeten auf der Straße, die sich in ein Wüstental hinunterschlängelte. Der Wagen lag jetzt so schräg,
daß der zwischen den Pritschenbänken auf dem Boden liegende Posten hilflos zu rollen begann und erst von der Rückwand des Fahrerhauses gebremst wurde. Sein Gesicht war schweißüberströmt, er hatte Todesängste ausgestanden. Als er endlich wieder Halt fand, rappelte er sich auf die Knie und hämmerte ein paarmal an die Rückwand des Fahrerhauses. Ein einziger dumpfer Schlag war die Antwort. Der Auftrag war zur Hälfte erfüllt.
Auch die flüchtigen Häftlinge rollten, aber gegen das Gefälle. Ihre Bewegung kam, von der Schwerkraft gebremst, sehr schnell zum Stillstand, und jeder bemühte sich, sein Gleichgewicht wiederzugewinnen. Asra und Yosef standen als erste auf, drehten den Hals, schüttelten den Kopf, kontrollierten instinktiv, ob sie sich, außer ein paar Prellungen, keine schlimmeren Verletzungen zugezogen hatten. Kendrick richtete sich als dritter auf: seine Schulter brannte wie Feuer, sich auf den Beinen zu halten, war im Augenblick eine Qual, seine Hände waren aufgeschürft, doch alles in allem war er jetzt froh über seine langen Bergwanderungen mit dem Rucksack und über sein Wildwassertraining; zwar tat ihm alles weh, aber verletzt war er nicht. Den Palästinenser mit der Hasenscharte hatte es am übelsten erwischt. Stöhnend lag er auf dem steinigen Boden und krümmte sich vor Zorn und Schmerz, als er aufstehen wollte und nicht konnte. Yosef lief zu ihm, und während Kendrick und Asra das zu ihren Füßen liegende Tal betrachteten, verkündete er: »Der Junge hat sich das Bein gebrochen.«
»Dann müßt ihr mich jetzt töten!« kreischte der Junge. »Ich gehe zu Allah, und ihr werdet kämpfen.«
»Ach, halt den Mund«, sagte Asra, nahm die MAC-10 in die Hand und ging mit Kendrick zu dem Jungen hinüber. »Dein unwiderstehlicher Drang zu sterben wird allmählich langweilig, aber deine heisere Stimme bringt uns langsam um. Reiß sein Hemd in Streifen, Yosef, feßle ihm Arme und Beine, und leg ihn auf die Straße. Der Kombi wird zurückkommen, sobald die Idioten dort unten im Camp merken, was passiert ist. Sie werden ihn finden.«
»Ihr wollt mich den Feinden ausliefern?« schrie der Junge.
»Sei still«, antwortete Asra ärgerlich und hängte sich die Maschinenpistole über die Schulter. »Die bringen dich in ein Krankenhaus, wo man dich behandeln wird.
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