Der Ikarus-Plan - Ludlum, R: Ikarus-Plan
weitergegeben werden können. Geständnisse natürlich.«
»Saja weiß, was sie zu tun hat; sie ist die Stärkste von uns allen und mit Leib und Seele unserer Sache verschrieben. Sie wird nicht ruhen, ehe sie nicht jedes Zimmer auf den Kopf gestellt, jeden Bruder, jede Schwester durchsucht hat. Methodisch.«
»Das sind Worte, Poet«, antwortete Kendrick schroff. »Vielleicht verstehst du nicht ganz. Was in Maskat passiert ist, was man dort fahrlässig zugelassen hat, könnte unsere Operationen in der ganzen Welt beeinträchtigen, wenn nicht gar vereiteln. Wenn es sich herumspricht und nicht geahndet wird, werden uns überall feindliche Agenten unterwandern und uns mit Kamera und Tonkassette enttarnen. Wirklich rosige Aussichten.«
»Schon gut, schon gut.« Asra nickte, nicht bereit, sich noch schlimmere Kritik anzuhören. »Meine Schwester kümmert sich darum. Ich glaube nicht, daß sie überzeugt war, bevor sie begriff, was du in der Wüste für uns getan hast oder mit einem kurzen Anruf bewirken kannst. Sie wird sehr schnell handeln, dessen kannst du sicher sein.«
»Gut. Jetzt ruh dich aus. Wir haben einen langen Nachmittag und eine lange Nacht vor uns.«
Kendrick lehnte sich weit zurück, als wolle er schlafen. Seine halb geschlossenen Augen ruhten auf Anthony MacDonalds wuchtigem, nur noch spärlich behaartem Hinterkopf. Er mußte an so vieles denken, so vieles bedenken, daß ihm keine Zeit blieb zu analysieren. Denn das Wichtigste war: Es gab einen Mahdi, den Mahdi. Nicht den, der im 19. Jahrhundert Khartum umzingelt und ausgehungert hatte, sondern einen sehr lebendigen, der hundert Jahre später von Bahrein aus Terror organisierte. Und es gab eine – ja, man konnte es Komplexverbindung nennen, die zu dem Ungeheuer führte; sie war verborgen, professionell angelegt, aber es gab sie. Er hatte eine Terroristen-Filiale
entdeckt, einen kleinen Greifarm des Polypen vielleicht nur, aber Teil des Wirtstieres. Der Killer neben ihm konnte ihn zur Hauptschaltstelle führen, genauso wie jede elektrische Leitung in einem Gebäude zur Hauptstromversorgung führt. »Man muß fünfzig Telefongespräche führen, fünfzig Geheimnummern wählen, aber nur über eine kann man den Mahdi erreichen.« Saja Jatim wußte, wovon sie redete. Fünfzig Anrufe, fünfzig Telefonnummern – doch von fünfzig Frauen oder Männern wußte nur eine oder einer, wo der Mahdi war – wer er war.
Kendrick hatte einen Notfall geschaffen, wie Manny Weingrass es ihm immer geraten hatte, wenn es mit potentiellen Kunden zu verhandeln galt, die nicht miteinander kommunizieren konnten oder wollten. »Sag dem ersten dieser Typen mit mehr Muskeln als Verstand, daß du bis Mittwoch seine Antwort haben mußt, weil wir sonst nach Riad gehen. Und dem zweiten Komiker erzählst du, wir können nicht länger als bis Donnerstag warten, weil wir in Abu Dhabi einen Wahnsinnsauftrag kriegen können. Wir brauchen nur zuzugreifen.«
Das hier war natürlich nicht das gleiche, aber eine Variante dieser Technik. Die Terroristenführer in Maskat waren überzeugt, ihr Wohltäter, der Mahdi, habe ein Problem, da er »Amal Bahrudi« aus Ost-Berlin den Auftrag gegeben hatte, einen von ihnen nach Bahrein zu bringen. Im Gegenzug hatten die Leute des Mahdi durch das internationale Fernsehen erfahren, daß eine »dringende Nachricht an Freunde« geschickt worden war, die eine »umgehende Antwort« erfordere – ein Notfall.
Manny, hab ich’s richtig gemacht? Ich muß ihn finden, gegen ihn kämpfen, ihn vernichten für das, was er uns allen angetan hat...
Emmanuel Weingrass, sinnierte Kendrick, während ihm die Augen langsam zufielen, weil der Schlaf schwer auf ihnen lastete. Doch so schläfrig er auch war, er konnte das leise Lachen nicht unterdrücken, das seine Kehle reizte, wenn er an ihre erste gemeinsame Fahrt nach Bahrein dachte.
»Vergiß nicht, um Himmels willen, daß wir’s mit einem Volk zu tun haben, das eine Inselgruppe bewohnt, keine Landmasse, die an eine andere Landmasse grenzt, von beiden Seiten Staat genannt. Bahrein ist ein Emirat, das aus dreiunddreißig Inseln im Persischen Golf besteht. Man kann dieses Land nicht
nach seinem Flächeninhalt messen, und ihnen ist es ganz recht so, das ist ihre Stärke.«
»Worauf willst du hinaus, Manny?«
»Versuch mich zu verstehen, du unbedarfter Mechaniker. Man appelliert an dieses Gefühl der Stärke. Das ist ein unabhängiger Staat, eine Ansammlung von Eruptionen aus dem Meer, die die Festlandhäfen vor den
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