Der illustrierte Mann
Gesicht, seine Brust, seine Arme und seine Beine zu trocknen begannen.
Er blickte zur Sonne empor.
Sie hing in der Mitte des Raumes, groß und gelb und warm.
Er schritt vorwärts, und im Gehen riß er sich die Kleider vom Leibe.
Die Feuerballons
Feuerwerk explodierte über sommernächtlichen Wiesen. Strahlende Gesichter von Onkeln und Tanten. Raketen stiegen und sanken, sich spiegelnd in den braunen, glänzenden Augen der Vettern auf der Veranda, und die kalten, verkohlten Holzstäbchen fielen irgendwo in der Ferne in trockenes Gras.
Der ehrwürdige Pater Joseph Daniel Peregrine öffnete die Augen.
Er lag still und lauschte in das tiefe Schweigen des Klosters, zu den anderen Zellen hinüber, wo die restlichen Patres lagen. Hatten auch sie in der letzten Nacht vor dem Start des Raumschiffes Kruzifix im Traum Kindheitserinnerungen an den Vierten Juli gehabt?
Hier lagen sie nun, die Patres der Episkopalkirche, im grauenden Morgen des Tages, an dem sie auf einer feurigen Bahn zum Mars fliegen sollten, gleichsam einen Weihrauchschweif durch die samtschwarze Kathedrale des Weltraums ziehend.
»Sollen wir überhaupt dorthin gehen?« flüsterte Pater Peregrine. »Sollten wir nicht zuerst unsere Erde von ihren Sünden befreien? Fliehen wir nicht vor unserer Aufgabe hier?«
Mit einiger Anstrengung erhob er sich; sein fleischiger Körper zeigte deutlich die Spuren reichlichen, guten Essens.
»Ist es vielleicht nur Faulheit?« fragte er sich. »Oder habe ich Angst vor der Reise?«
Er trat unter die nadelscharfen Strahlen der Dusche.
»Aber ich werde dich dennoch zum Mars befördern, Körper«, redete er sich selbst an. »Die alten Sünden lassen wir hinter uns. Um auf dem Mars vielleicht neuen Sünden zu begegnen?« Ein beinahe köstlicher Gedanke. Sünden, an die noch nie jemand gedacht hatte. Oh, er hatte selbst einmal ein kleines Buch darüber geschrieben: Das Problem der Sünde in anderen Welten , von seinen Brüdern in der Episkopalkirche als nicht ernsthaft genug abgetan.
Erst gestern abend hatten er und Pater Stone darüber gesprochen.
»Auf dem Mars könnte die Sünde als Tugend erscheinen. Wir müssen wachsam sein gegenüber tugendhaften Handlungen, die vielleicht später als Sünden erkannt werden!« sagte Pater Peregrine, strahlend vor Eifer. »Wie aufregend! Seit Jahrhunderten ist die Aussicht, als Missionar wirken zu können, nicht mehr so abenteuerlich gewesen!«
» Ich werde die Sünde entlarven«, sagte Pater Stone barsch, »selbst wenn ich ihr auf dem Mars begegne.«
»Oh, wir Priester bilden uns ein, wir seien so etwas wie Lackmuspapier, das sich in Gegenwart der Sünde verfärbt«, erwiderte Pater Peregrine. »Was über, wenn diese Chemie auf dem Mars so beschaffen ist, daß wir uns überhaupt nicht verfärben! Wenn es auf dem Mars unbekannte Sinne gibt, muß man auch die Möglichkeit unerkennbarer Sünden in Betracht ziehen.«
»Wo keine böse Absicht ist, da ist auch keine Sünde und keine Strafe dafür – das hat uns Gott versichert«, antwortete Pater Stone.
»Auf der Erde, ja, aber vielleicht teilt eine Marssünde nur dem Unterbewußten ihre Bosheit mit und läßt das Bewußtsein, den Verstand des Menschen, scheinbar ohne böse Absicht handeln! Was dann?«
»Was könnte es denn überhaupt an neuen Sünden geben?«
Mit eindringlicher Geste beugte Pater Peregrine sich vor. »Adam allein hat nicht gesündigt. Nimm Eva dazu, und du hast die Versuchung. Nimm einen zweiten Mann dazu, und es besteht die Möglichkeit des Ehebruchs. Sobald man Sex oder mehrere Leute dazutut, fügt man auch Sünde hinzu. Wenn die Menschen keine Arme hätten, könnten sie einander nicht mit ihren Händen erwürgen. Die Sünde des Mordes würde es dann nicht geben. Die Arme sind also eine mögliche Quelle neuer Gewalttat. Amöben können nicht sündigen, weil sie sich durch Teilung vermehren. Sie befruchten keine Weibchen und morden einander nicht. Gäbe man den Amöben jedoch Sex, Arme und Beine, so würden auch sie morden und ehebrechen. Sowie man Arme, Beine oder eine Person hinzufügt oder wegnimmt, fügt man auch die Möglichkeit zum Sündigen hinzu oder nimmt sie weg. Wie, wenn es auf dem Mars fünf neue Sinne gäbe, andere Organe, unsichtbare Gliedmaßen, die unsere Vorstellungskraft übersteigen – könnten dann nicht dort zumindest fünf neue Sünden existieren?«
Pater Stone rang nach Luft. »Ich glaube fast, Sie finden Gefallen an solchen Gedankenspielereien!«
»Ich halte nur meinen
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