Der illustrierte Mann
Sterne drehten sich, ein Brausen, und sie standen auf einem sechzig Meter entfernten Felsvorsprung und blickten zu der Stelle hinüber, wo sie jetzt eigentlich unter vielen Tonnen Gesteins begraben liegen sollten.
Das blaue Licht schwand.
Die beiden Patres klammerten sich aneinander. »Was ist geschehen?«
»Die blauen Feuerballons haben uns emporgetragen!«
»Wir sind gerannt, das war es!«
»Nein, die Kugeln haben uns gerettet.«
»Das hätten sie nicht gekonnt!«
»Sie haben es aber.«
Der Himmel war leer. In ihnen war ein Gefühl, als hätte eine große Glocke zu schlagen aufgehört. Der Nachhall ließ sie zittern und mit den Zähnen klappern.
»Wir wollen machen, daß wir hier fortkommen. Sie werden uns noch umbringen.«
»Schon seit vielen Jahren habe ich verlernt, den Tod zu fürchten, Pater Stone.«
»Es ist nichts erwiesen. Diese blauen Lichter machten sich bei dem ersten Schrei davon. Es ist zwecklos.«
»Nein.« Pater Peregrine war von einem hartnäckigen Wunderglauben ergriffen. »Irgendwie haben sie uns gerettet. Das beweist, daß sie Seelen besitzen.«
»Nichts ist bewiesen, sie könnten uns vielleicht gerettet haben. Es war ein völliges Durcheinander. Genauso können wir auch aus eigener Kraft entkommen sein.«
»Sie sind auf keinen Fall Tiere, Pater Stone. Tiere retten niemandem das Leben, vor allem keinem Fremden. Hier ist Gnade und Erbarmen. Vielleicht werden wir morgen mehr beweisen können.«
»Was beweisen? Und wie?« Pater Stone war restlos erschöpft; die übermäßige Anspannung von Geist und Körper zeigte sich auf seinem starren Gesicht. »Sollen wir ihnen in Hubschraubern folgen und aus der Bibel und dem Gesangbuch vorlesen? Sie sind nicht menschlich. Sie haben weder Augen noch Ohren noch Körper wie wir.«
»Aber irgend etwas ist an ihnen, das fühle ich«, erwiderte Pater Peregrine. »Ich weiß, daß uns eine große Offenbarung bevorsteht.
Sie haben uns gerettet. Sie können denken . Sie hatten die Wahl uns leben oder sterben zu lassen. Das beweist das Vorhandensein freien Willens!«
Pater Stone machte sich an die Arbeit, ein Feuer anzufachen zornig starrte er die Holzstücke in seinen Händen an, während der dicke graue Qualm ihn zum Husten zwang. »Ich will eigenhändig einen Konvent für Gänseküken eröffnen, ein Kloster für fromme Schweine und außerdem noch eine Miniaturkirche in einem Mikroskop bauen, damit die Amöben Gottesdienste besuchen und Rosenkränze beten können.«
»Oh, Pater Stone.«
»Es tut mir leid.« Wütend blinzelte Pater Stone über das Feuer hinweg. »Aber genauso können Sie ein Krokodil segnen, bevor es Sie verschluckt. Sie riskieren die gesamte Mission.«
»Aber wenn ich Ihnen beweise, daß diese Wesen sündigen, die Sünde erkennen, Moral von Unmoral unterscheiden, einen freien Willen und Urteilskraft besitzen, Pater Stone?«
»Es wird Ihnen schwerfallen, mich davon zu überzeugen.«
Die Nacht wurde sehr schnell kalt, und sie starrten ins Feuer um dort ihre wildesten Gedanken bestätigt zu finden, während sie Kekse und Beeren aßen, bald hatten sie sich zum Schlaf unter den singenden Sternen in Decken gehüllt. Pater Stone starrte noch lange in die mattrote, verlöschende Glut und dachte darüber nach womit er Pater Peregrine Verdruß bereiten könnte; und bevor er sich zum letzten Male umdrehte, sagte er: »Kein Adam und keine Eva auf dem Mars. Keine Erbsünde. Vielleicht führen die Marsbewohner ein Leben in göttlicher Gnade. In diesem Falle könnten wir in die Stadt zurückkehren und unsere Arbeit für die Menschen von der Erde aufnehmen.«
Pater Peregrine ermahnte sich, ein kurzes Gebet für Pater Stone zu sprechen, der so zornig geworden war und nun auch noch Gott helfe ihm, rachsüchtig und nachtragend. »Ja, Pater Stone aber die Marsbewohner haben ein paar von unseren Siedlern hier getötet. Das ist sündhaft. Es muß also eine Erbsünde und einen Adam und eine Eva auf dem Mars gegeben haben. Wir werden sie finden.«
Pater Stone stellte sich schlafend.
Die runden blauen Traumgebilde hingen noch am Himmel, als Pater Peregrine am frühen Morgen erwachte.
Pater Stone schlief still und ruhig weiter. Pater Peregrine blickte zu den schwebenden Marsbewohnern auf, die ihn zu beobachten schienen. Sie waren menschlich, er wußte es. Doch er mußte es beweisen, oder sein ungläubiger Bischof würde ihn mit spöttischem Blick freundlich auffordern, beiseite zu treten und einem anderen Platz zu machen.
Aber wie konnte er ihre
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