Der im Dunkeln wacht - Roman
Hotelbettwäsche, aber sie konnten nicht einschlafen, nur Egon natürlich. Dieser schnaufte zufrieden am Fußende des Bettes. Mit leisen Stimmen besprachen sie, was am Abend vorgefallen war. Wer hatte etwas gegen sie? Warum? Und wie ernst war die Todesdrohung gemeint? Frustriert mussten sie sich eingestehen, dass sie keine dieser Fragen beantworten konnten. In den frühen Morgenstunden schlummerte Krister ein. Irene lauschte seinem leisen Schnarchen, das von Egons Schnaufen begleitet wurde. In dieser Nacht bekam sie kein Auge zu.
A m Morgen gelang es Irene immerhin, im Frühstücksraum des Hotels ein Käsebrötchen zu essen und ein paar Tassen Kaffee zu trinken. Krister hatte sich das Frühstück aufs Zimmer bringen lassen, um Egon nicht allein lassen zu müssen. Dann plante er, nach Hause nach Fiskebäck zu fahren und sich um die praktischen Dinge zu kümmern. Er wollte bei der Versicherung anrufen, um sie über die Schäden am Haus und über ihre Verletzungen zu informieren. Irene sollte einige Stunden später nachkommen. Sie gedachte an diesem Tag nicht sonderlich lange zu arbeiten.
Das kurze Stück zum Präsidium ging sie zu Fuß. Die Luft war kühl und feucht, aber im Westen schien es aufzuklaren. Die großen Fußballplätze in Heden lagen ausgestorben da. Auf dem Platz am Södra Vägen luden ein paar Männer einige bunt bemalte Sattelschlepper ab. Offenbar hatten sie vor, ein Zirkuszelt aufzustellen. Der Alltag geht für die meisten Leute weiter, aber nicht für Familie Huss, dachte Irene düster. Unser Gefühl der Sicherheit ist ins Wanken geraten.
Wer auch immer den Kübel durch ihr Küchenfenster geworfen hatte, Daniel Börjesson konnte es nicht gewesen sein. Er war den ganzen Abend von der Polizei verhört worden.
»Wirklich ein seltsamer Kauz«, konstatierte Jonny.
»Soll ich einen Versuch machen?«, fragte Irene.
»Viel Glück«, schnaubte Jonny und schlürfte seinen süßen Kaffee.
Kommissarin Efva Thylqvist betrat allein das Zimmer.
»Guten Morgen. Hat unser Mann, der der Paketmorde verdächtigt wird, etwas gestanden?«, lautete die erste Frage der Kommissarin.
Irene war aufgrund des Schlafmangels etwas gereizt und fühlte sich von der Frage der Thylqvist provoziert. Als könne man jemanden wie Daniel Börjesson so lange unter Druck setzen, bis er gestand. Dann besann sie sich jedoch und kam zu dem Schluss, dass es vermutlich keine gute Idee gewesen war, in diesem Zustand zur Arbeit zu gehen. Sie wusste jedoch, dass die Ermittlung im Fall der beiden Morde jetzt in ein wichtiges Stadium überging, und sie wollte dabei sein.
»Daniel Börjesson wurde gestern Abend drei Stunden lang vernommen. Er antwortet kaum auf unsere Fragen, und wenn er antwortet, dann ergeben seine Antworten keinen Sinn. Dieser Bursche ist nicht ganz richtig im Kopf. Aber aus dem Kreis der Verdächtigen ausschließen können wir ihn noch nicht«, sagte Jonny.
Er stierte in seine leere Kaffeetasse, als könne er im Kaffeesatz die Lösung der Mordfälle lesen. Aber dort lagen nur ein paar aufgeweichte Zwiebackkrümel, und an denen konnte er sich kaum orientieren.
»Warum nicht?«, fragte Thylqvist.
Jonny ließ sich mit der Antwort Zeit.
»Er sitzt da und schweigt und … starrt vor sich hin. Aber ich habe das Gefühl, dass ihm nichts entgeht. Er weiß, worauf wir aus sind. Er ist aalglatt.«
»Kommt er in irgendeiner Weise auf euch zu?«
»Das schon. Er gibt zu, gelegentlich im ICA Maxi am Frölunda Torg einzukaufen. Er glaubt, dass er auch schon mal in dem Blumenladen eingekauft hat. Es sei möglich, dass er Marie Carlsson bei ICA und Ingela Svensson im Blumenladen begegnet sei. Natürlich war er auch schon mal in der Notaufnahme des Sahlgrenska-Krankenhauses. Es ist nicht unmöglich, dass er Elisabeth
Lindberg dort begegnet ist. Er hatte seine Großmutter offenbar einige Male in die Notaufnahme eingeliefert, bevor die Alte starb. Aber er erinnert sich an keine der Schwestern und kann auch nicht sagen, ob er mit einer von ihnen gesprochen hat. Und natürlich war er auch auf beiden fraglichen Friedhöfen. Nicht nur einmal. Schließlich arbeitet er ja dort!«
Jonnys Stimme war die Frustration anzuhören. Die Kommissarin schien seine düstere Gemütsverfassung nicht zu bemerken, sondern fuhr ungerührt fort:
»Er gibt also nicht zu, Kontakt zu einer der Frauen aufgenommen zu haben?«
»Nein. Wenn davon die Rede ist, schweigt er oder bestreitet alles. Ich habe das Gefühl, dass wir ihm nichts nachweisen können.
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