Der im Dunkeln wacht - Roman
mit dem Kopf auf dem Küchentisch einzuschlafen.
»Wie geht es deiner Hand?«, fragte sie.
»Besser. Aber ich habe eingesehen, dass es ratsam ist, sie ein paar Tage zu schonen.«
Er schien über die erzwungene Auszeit nicht unglücklich zu sein. Irene entschloss sich, sich jetzt nicht weiter darüber den Kopf zu zerbrechen. Jetzt galt es, ein Leben zu retten, und zwar ihr eigenes. Sie hatte das Gefühl, dem Hungertode nahe zu sein. Obwohl sie versuchte, sich Zeit zu lassen, schlang sie das Essen förmlich hinunter. Es schmeckte göttlich. Als sie fertig waren, schaltete Krister die Kaffeemaschine ein und nahm ein paar Pralinen aus Bitterschokolade aus dem Schrank. Dann räusperte er sich.
»Wir erwarten Familienzuwachs.«
Er sagte das so feierlich, als handele es sich um eine wichtige Bekanntmachung. Irene begriff überhaupt nichts. War eine der Töchter …
»Ich habe mit Anna Hallin gesprochen«, sagte er.
»Mit wem?«
Der Name kam ihr irgendwie bekannt vor, aber sie konnte ihn nicht unterbringen.
»Anna Hallin. Die Tochter der Dame, die das Frauchen von Egon war«, antwortete Krister geduldig.
Endlich fiel bei Irene der Groschen, und sie nickte.
»Sie hat heute Vormittag angerufen und gesagt, dass sie sich freuen würde, wenn wir uns um Egon kümmern. Ich habe vorläufig ja gesagt. Was meinst du?«
Irene wusste zuerst nicht, was sie antworten sollte. Als spüre er, dass von ihm die Rede war, stolzierte Egon in die Küche. Den blauen Ball in der Schnauze, baute er sich vor Irene auf. Dann ließ er den Ball fallen und sah mit seinen wachen Augen erwartungsvoll zu ihr hoch. Der Schwanz wedelte fröhlich, und seine Ohren zuckten. Irene musste lachen. Sie nahm den Ball und warf ihn so, dass er über den Küchenfußboden in die Diele hüpfte. Glücklich kläffend jagte Egon seinem Lieblingsspielzeug hinterher. Er gab so viel Gas, dass er samt dem Dielenläufer ins Wohnzimmer rutschte.
»Natürlich kümmern wir uns um ihn. Ich glaube, wir sind jetzt bereit für einen neuen Hund. Was will sie für ihn haben?«, fragte Irene.
»Sie sagte, sie überlässt ihn uns so, aber ich habe gesagt, dass wir ihr etwas dafür geben, falls wir ihn übernehmen. Und zwar mindestens tausend Kronen. Schließlich soll alles seine Richtigkeit haben.«
»Unbedingt. Da bin ich ganz deiner Meinung. Ich will das Gefühl haben, dass er unser Hund ist. Obwohl es ein Problem gibt.«
»Ach?«
»Meiner Chefin gefällt es nicht, wenn ich Egon zur Arbeit mitnehme. ›Das hier ist kein Hundeasyl‹, sagt sie.«
Irene befleißigte sich eines extra hochnäsigen Tonfalls, als sie Kommissarin Thylqvist nachahmte. Das war ungerecht, weil das Präsidium wirklich kein Hundeasyl war, tat Irene aber gut.
»Kein Problem. Ich kann ihn zur Arbeit mitnehmen«, sagte Krister.
War er jetzt total übergeschnappt? Ein Hund in einer Restaurantküche ! Das konnte er vergessen.
Das Gesundheitsamt würde anrücken, und dann konnten sie das Glady’s Corner zumachen. Irene wollte gerade den Mund öffnen, um ihm diese Selbstverständlichkeiten mitzuteilen, da kam er ihr zuvor.
»Ich habe eine neue Arbeit«, sagte er und lächelte breit.
Das war etwas viel auf einmal. Irene fühlte sich plötzlich genauso weich in den Knien wie vor dem Mittagessen.
»Und zwar …?«, brachte sie schließlich über die Lippen.
»Es ist nicht so dramatisch, wie es klingt. Ich soll mich um die Verwaltung des Glady’s kümmern. Wie du weißt, hat dieser Sternekoch, der uns vor ein paar Jahren aufgekauft hat, Probleme mit der Steuer bekommen. Gestern stand es dann fest. Er verkauft sein gesamtes Restaurantimperium, das Glady’s und Sjökrogen verkauft er an … Janne Månsson!«
Er strahlte förmlich. Irene hatte Mühe, sämtliche Informationen zu verarbeiten. Der Name kam ihr allerdings bekannt vor.
»Janne! Dein alter Kumpel aus dem Ritz. Er kauft das Glady’s?«, rief sie.
»Ja. Er verkauft sein Restaurant in Stockholm und kehrt nach Göteborg zurück, um das Glady’s zu übernehmen. Er will, dass ich mich um die Verwaltung kümmere. Personal, Einkauf, Menüplanung, Marketing … alles, bis auf die Buchhaltung. Die übernimmt jemand, der sich damit auskennt. Ein Wochenende
im Monat stehe ich aber auch in der Küche. Das kann ich aber so legen, dass es mit deinem Bereitschaftsdienst zusammenpasst. Insgesamt arbeite ich dann nur noch 75 Prozent. Wenn ich in der Küche stehe, kannst du mit Egon zu Hause sein. Wenn ich im Büro sitze, kann ich Egon mitnehmen. Das
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