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Der Implex

Der Implex

Titel: Der Implex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Barbara; Dath Kirchner
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Süßkartoffel schenkt oder Bayer irgendwo genmodifizierten Reis gebührenfrei nachzüchten läßt, dann können diese Konzerne sich das vor allem leisten, weil die Märkte dort ohnehin klein sind; abgerechnet wird in Rußland, den USA, Europa, wo die landwirtschaftlichen Betriebe konkurrenzprofitabel wirtschaften müssen und für Lizenzen Geld ausgeben können.
     
    Eine Strategie der Emanzipation von den neuen Gegensätzen, die auf diese Weise von den agrarischen wie allen anderen Technowissenschaften verfestigt werden, während sich andere (Stadt und Land und dergleichen) verflüssigen, wird daher eine Doppelstrategie sein müssen: 1. In den kapitalistischen Zentren eine ernsthafte Verteidigung sowohl der logischen wie der diese sozial aufbewahrenden ökonomischen Wissenschaftsautonomie, zumindest ihrer Reste (»gesunde Zahnsubstanz erhalten«, sagt die Dentaltechnik) durch Drittmittelaufsicht wie strenge Zurückweisung aller Versuche, den Universitätsbetrieb an Fabrik- (oder modisch getünchten Manufaktur-)Modellen auszurichten. Soweit diese Autonomien schon verschwunden sind, gilt es, sie zurückzuerobern, unter besonderem Augenmerk auf die wissenschaftsfellachischen Ausbeutungshierarchien, die sich da inzwischen gebildet haben, nicht nur in Europa, wo Forscherinnen aus dem kollabierten Sozialismus in den Westen geholt wurden und werden, um dort mit ihrer Hilfe Arbeitsbedingungsdumping zu betreiben.
    2. Maschinenstürmerei höherer Ordnung, das heißt eine, die den klassendifferentiellen Effekten der technowissenschaftlichen Produktion auf der Spur bleibt und also den Unterschied zwischen Fortschritt und Geschichte im Blick behält – mit George Liodakis:
    »Contrary to the traditional, mechanistic proclamation of the historical necessity for the development of the productive forces, and the dilemma of whether to develop capitalism in agriculture or not, I would also argue that today’s resistance to the capitalisation of agriculture may not be an anachronism insofar as it is associated with the need for ecological sustainability and the need to search for ›exit routes‹ from commodification and the capitalist valorisation process, towards expanding autonomous production and socialism«. 86
    Das »Dilemma«, von dem er spricht, wird man allerdings, wenn man die These »Zuerst müssen die Produktivkräfte entwickelt werden« mit Recht wie Liodakis für fetischistisch und falsch hält, nicht durch deren Umkehrung »Zuerst müssen die sozialen Beziehungen geregelt werden« los. Es stellt sich, da es die wechselseitige Durchdringung des Deskriptiven und des Normativen jeder Emanzipationsüberlegung berührt, dann einfach nur auf höherer Ebene, als erweitertes Auseinanderklaffen der Schere »Fressen–Moral«, neu, etwa in der Form: Sollen wir die armen Länder von den Früchten der Produktivkraftentwicklung abschneiden, bis wir bei uns die Revolution gemacht haben, oder zulassen, daß Genfood ihre Produktivität, die ansonsten keinen Konzern interessiert, lokal steigert um den Preis der kapitalistischen Inwertsetzung von dadurch in ihrem Bestand bedrohten natürlichen und sozialen Ressourcen? Darf man von Werten wie der Nachhaltigkeit ausgehen, wenn Leute nicht bloß essen, sondern auch soziale Mobilität wollen (das Bemühen, die Dorfgemeinschaft zu erhalten, über die der Bulldozer des transnationalen Unternehmertums wegwalzt, ist aller Ehren wert, aber es soll auch Leute geben, die da rausmöchten), darf man Hegels Entwicklung des Bewußtseins der Freiheit dirigistisch abkürzen?
    Marx und Engels haben zu allen derartigen Fragen – Maschinenstürmerei oder nicht, Schutzzoll und Patente ja oder nein – empfohlen, die Perspektive abhängiger und besitzloser Produzenten einzunehmen; es geht nicht einfach abstrakt um so etwas wie »Ist es gut, wenn die Biodiversität und das Keimplasma unter Gebrauchswertbestimmungen gesetzt werden?«, sondern konkret darum, wer das wo gegen wen tut und über Tauschwerte vermittelt, nicht also »access to food (a mere distributional, and highly unfeasible reform!), or to seed, germplasm, and scientific knowledge« 87 , sondern Eingriffe in die Produktionsweise, alle an ihrem Ort – wenn immer nur die Armen verzichten sollen, wird das Regime nicht gebrochen, sondern (unter sozialistischen oder sonstwie normativen Vorzeichen) immer nur (und, wenn wir Pech haben, weit übers soziologisch »Moderne« hinaus) modernisiert. Gegen vulgärtechnizistische Utopien der Sorte, »Wenn

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