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Der Implex

Der Implex

Titel: Der Implex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Barbara; Dath Kirchner
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gegenüber offenzuhalten: Wenn denn die bösen, falschen, kontingenzvergessenen Theorien endlich weg sind, die der Professor nicht mag, und sich also nicht mehr vermessen, die so schön und sauber getrennten Domänen zu vermitteln, was vermittelt sie dann schließlich doch immer wieder, im wirklichen Alltag?
    Werbung. Parastaatliche Propaganda. Kulturindustrie.
II.
Was das Gemeinwesen meint
    Wo sich Erleben und Bewerten der Welt, von denen man annehmen mag, sie seien im Privaten zu finden, mit dieser Welt berühren, die eine soziale ist und »öffentlich« heißen darf, findet man etwas, das für jeden seit der Aufklärung möglichen Begriff von Öffentlichkeit eine unerläßliche Konstituante gewesen ist: die Meinung.
    Davon gibt es viele; sie sollen sich, sagt das bürgerliche Ideal, so frei entfalten dürfen wie die sie tragenden, um sie ringenden Individuen.
     
    Daß die Meinungen, was immer auch ihr besonderer Inhalt sein mag, deshalb vor allem nicht geschurigelt und beschnitten, nicht verkürzt und nicht verboten werden dürfen, sondern geäußert werden müssen, damit man sie diskutieren kann, und daß zu diesem Zweck ein Zustand des Gemeinwesens und dessen Verwaltungsarchitektur, des Staates, herzustellen sei, in dem dies von Rechts wegen garantiert, also (um nur das geringste zu nennen, den riesigen Rest regelt das Privateigentum an Medien) jede Vorzensur aufzuheben ist – dies alles ist selbst vor allem: eine Meinung.
     
    Sie wurde während der Aufklärung bekanntlich auch dann geäußert und diskutiert, wenn der betreffende Zustand des betreffenden Staates, in dem sie geäußert und diskutiert wurde, weit davon entfernt war, der Norm zu entsprechen, auf welche die Meinungsfreiheitsforderung hinauswill. Was die Leute wollten, die sich darum geschlagen haben und dafür schlagen ließen, war, daß der Staat den Ideen einen Markt einrichte und den vor Vertragsbruch so gut beschütze wie jeden anderen von ihm eingerichteten und beschützten Markt. Daß man, wo ein solcher Marktplatz und Wettbewerb der Ideen institutionell gesichert sein würde, eine Lage zu erreichen nicht würde umhinkönnen, deren korrekter wissenschaftlicher Name »Republik« lauten mußte, war (nicht immer stillschweigend) mitgemeint – wo alle Bürger erkannten, daß sie prinzipiell alles miteinander diskutieren konnten (so wie sich für Geld prinzipiell alles kaufen und mit der kapitalistischen Produktionsweise des abstrakten Reichtums prinzipiell alles herstellen ließ), gab es ganz offensichtlich Sachen, die alle angingen. Das anzuerkennen, ist unter der Baconschen und Galileischen (aber eben auch: anti-rortyanischen) monistischen Voraussetzung, daß die Welt nicht in verschiedene Sphären, etwa öffentlich und privat, geteilt zu werden verträgt, sondern vielmehr ein Ganzes und unteilbar ist, weil in ihr alles, das Phänomenale und das Noumenale, das Intelligible und die Intelligenz, über Äquivalente (die in der freien Rede das Geld vertreten; sowohl dieses als auch sie selbst nennt die Systemtheorie daher zu Recht »Medien«) mit allem auf durchaus mobile, bewegliche Weise zusammenhängt, ja schon die halbe Grabrede auf den nicht mobilen, nicht beweglichen, von klaren Sphärentrennungen unabhängigen Ständestaat, auf Privilegien, Herrschaftswissen, also jede Form von nicht- oder gar antirepublikanischer Verfaßtheit des Gemeinwesens und übrigens auch von Offenbarungsreligion, da ja der Witz an der Offenbarung wie jeder gnostischen Wirklichkeitserschließung ihre Undiskutierbarkeit ist. Je nachdem, wie sicher vor feudaler Verfolgung und Vergeltung die Leute sich wähnten, die diesen holistischen Monismus, dieses neue Netz der Weltverbundenheit als Gesamtheit aller Observablen und Diskutablen ins öffentliche Bewußtsein zu heben bemüht waren, sprachen sie all das nicht als Hypothese, als Folgerung aus irgendwelchen Prämissen oder soziopolitischen Vorschlag aus, sondern nicht selten einfach als Fakt, dem man sich gefälligst anbequemen sollte. Fakten, Wahrheiten: Das sollte das Gold sein, das im Strom der vorüberziehenden Meinungen aus dem Geröll des immer schon irgendwie von allen Gedachten sich würde herauswaschen lassen. Daß Fakten und Wahrheiten, also Meinungen, von denen allen anderen Meinungen gegenüber die sie auszeichnende Besonderheit galt, daß sie stimmten, auf einem Marktplatz zu ermitteln seien, daran zu zweifeln wäre besagten Leuten nie eingefallen. Wie aber die rechtliche Gleichheit aller Menschen von

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